Von der Immobilienspekulation zum Zusammenbruch der globalen Defizitkonjunktur

Seite 3: Die Immobilienblase

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Die Entwicklung und der genaue Verlauf der Spekulationshausse auf dem US-Immobilienmarkt - wie auch in etlichen anderen Ländern und Regionen - sind bereits vielfach ausführlich und kompetent dargelegt worden, weswegen im Folgenden nur die wichtigsten Phasen dieser Spekulationsblase - und hier insbesondere deren Verzahnung mit den Finanzmärkten - kurz skizziert werden sollen.

Zwischen dem Beginn der Spekulation im Jahr 2000 und ihrem Höhepunkt 2006 stieg der formelle Nennwert aller US-Immobilien von 110 Prozent des BNE auf über 150 Prozent. Zwischen 2000 und 2005 wuchsen die Immobilienpreise im Landesdurchschnitt um 50 Prozent, wobei zu berücksichtigen ist, dass der US-Markt zweigeteilt war: In der Provinz steht billiges Bauland praktisch unbegrenzt zur Verfügung, die Preise wurden dort von den Baukosten diktiert. Der Boom konzentrierte sich hingegen auf die US-Metropolen und die Küstenregionen des Landes, wo die Preise in den fünf Jahren um durchschnittlich 100 Prozent stiegen.

Ermuntert durch die niedrigen Zinsen und die expansive Geldpolitik der Fed nahmen immer mehr US-Bürger Hypotheken zu variablen Zinssätzen auf, die von den Hypothekenbanken dann zu frei handelbaren Wertpapieren (Mortgage Backed Securities) "verbrieft" wurden. Die zumeist in CDOs (Collateralized debt obligations) gebündelten Hypotheken wurden von den Banken auf den Finanzmärkten weiterverkauft, um wiederum frisches Kapital für neue Hypothekenvergaben zu erhalten. Die Hypothekenbanken interessierten sich nicht allzu sehr für die Finanzkraft des Hypothekennehmers, da mit den CDOs auch das Ausfallrisiko weiterverkauft wurde. Deswegen waren auch die Subprime-Mortgages, die Hypotheken für Kunden mit schlechter Bonität, so beliebt bei den Hypothekenbanken, da diese mit höheren Zinsen (wegen des größeren Ausfallrisikos) einhergingen und somit höhere Provisionen versprachen.

Eine regelrechte Massenproduktion von Subprime-Mortgages setzte innerhalb der Finanzindustrie ein, die durch den Einsatz - von an Betrug grenzenden - Verkaufstechniken des Predatory Lending immer mehr Hypotheken absetzen konnte. Um den Wert dieser "Wertpapiere" zu steigern, wurden diese zudem noch gegen das Ausfallrisiko versichert; dies geschah zumeist über die Credit Default Swaps (CDS). Diese von der einstmals größten Versicherung der Welt, der AIG-Gruppe, "erfundenen" Kreditversicherungen wurden wiederum als Wertpapiere auf den Finanzmärkten gehandelt - während die Ratingagenturen von den Emittenten der Wertpapiere dafür bezahlt wurden, all diesen komplexen "Finanzinstrumenten" die beste Bewertung ("Tripple A") zu verpassen. Es waren diese "Finanzinstrumente", die - wie von Paul Craig Roberts erläutert - in die ganze Welt "exportiert" wurden, um die Link auf /tp/r4/artikel/29/29235/6.html aufrecht zu erhalten.

Auch dieses Schneeballsystem funktionierte anscheinend blendend, solange die Immobilienpreise immer weiter stiegen. Doch die "Subprime-Hypotheken" waren mit niedrigen Einstiegsraten versehen, um die finanziell schlecht gestellten Hypothektennehmer überhaupt zur Hypothekenaufnahme ködern zu können. Nach einiger Zeit stiegen die Zinsen dramatisch an, so dass immer mehr Zwangsvollstreckungen durchgeführt werden mussten, die einen immer stärkeren Druck auf die Immobilienpreise ausübten. Die Immobilienpreise brachen dann regenrecht ein und es kam schließlich ein wahrer Tsunami an Zwangsvollstreckungen, der wohl Millionen von US-Familien ihre Eigenheime entreißen wird. Dieser Prozess dauert immer noch an. Der US-Immobiliendienstleister Housing Predictor geht davon aus, dass bis 2009 an die drei Millionen Familien aufgrund der Krise ihre eigenen vier Wände verlieren werden, weil sie die Raten für die Hypotheken nicht mehr aufbringen könnten.

Der massive Ausfall von Hypotheken ließ die einstmals umjubelten Finanzinstrumente - wie die CDOs oder die CDS - binnen kürzester Zeit zu Finanzschrott wandeln, der nahezu unverkäuflich blieb, etlichen Finanzinstituten die Existenz kostete und zu dem berüchtigten Credit Crunch führte. Kein Marktteilnehmer konnte mit Sicherheit wissen, welche Mengen dieser Schrottpapiere bei den anderen Finanzinstituten schlummerten, so dass die Kreditvergabe unter den Banken zum Erliegen kam. Jedes Geldhaus hortete sein Bares, da es befürchtete, die vergebenen Kredite im Fall einer Pleite des Kreditnehmers nicht mehr zurückzubekommen. Auch die Kreditvergabe an Privatkunden und vor allem an die reale Ökonomie wurde stark beschnitten.

Dem Platzen der Immobilienblase mitsamt fortdauernder Finanzkrise folgt der Zusammenbruch der realen Ökonomie. Es ist nicht nur der "Credit Crunch", der die reale Ökonomie in den Abgrund zieht, sondern vor allem das plötzliche Ausbleiben der stimulierenden Auswirkungen der Finanzexplosion auf die Industrie. Diese Zusammenhänge sollen im kommenden Kapitel näher beleuchtet werden.