Von der wundersamen Verwandlung von Autobahnen in Finanzprodukte

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Die Bundesregierung will Autobahnen und andere Infrastruktur endgültig an private Investoren verschachern

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Im November 2016 zelebrierte die "Süddeutsche Zeitung" einen historischen Wendepunkt: Nach fast zwei Jahrzehnten hartnäckiger Bemühungen gab die Bundesregierung ein- für allemal ihre Pläne auf, die 13.000 Kilometer deutscher Autobahnen zu privatisieren. Alle Beobachter der gespenstischen Szene atmeten erleichtert auf: endlich. Es war geschafft. Bis dahin hatten alle Bundesregierungen von Gerhard Schröder bis Angela Merkel unbeirrbar an ihrem Ziel festgehalten, große Teile der deutschen Infrastruktur, vor allem aber die Autobahnen, zu privatisieren. Das war nun auf ewig vom Tisch.

So kann man sich irren.

Noch während die Privatisierungsgegner ihren "Sieg" feierten, arbeitete das Bundesverkehrsministerium längst an neuen Plänen, die deutschen Autobahnen doch noch privaten Investoren in die Hände zu spielen. Es tat das völlig unbeeindruckt davon, dass um die 80 Prozent der deutschen Bevölkerung, der Bundesrechnungshof und alle 16 Landesrechnungshöfe und so gut wie alle Verkehrsexperten entschieden dagegen sind. Das geht der Bundesregierung völlig am Rücken vorbei.

Für diese Verstocktheit gibt es eine einfache Erklärung. Es sind die Lockungen des auf dem Markt vagabundierenden Kapitals, dem die Politik sich widerstandslos unterwirft. In Banken und Versicherungen hat sich in Zeiten der Nullzinspolitik ungemein viel Kapital angesammelt. Das giert geradezu nach Anlagemöglichkeiten. Rentablen Anlagemöglichkeiten.

Daher ist dies zugleich ein auch für Skeptiker leicht begreifbares Lehrstück in Sachen "Vereinbarkeit von Kapitalismus und Demokratie". Es zeigt nämlich: Wenn Demokratie und Kapitalismus im Widerstreit zusammenprallen, geht die Demokratie baden und das Kapital trägt den Siegt davon; denn die Banken und Versicherungen üben seit Jahren auf die Bundesregierung einen machtvollen Druck aus, die Autobahnen in ihre private Hände zu geben. Und wenn Banken und Versicherungen, also mächtige Geldhäuser, etwas wollen, das die breite Bevölkerung nun einmal partout nicht will, dann zieht die wacker arbeitende Bevölkerung immer den Kürzeren.

Das Volk hat in Fragen des Volkseigentums nichts zu sagen

Das erklärt auch, warum die neuerlichen Pläne, die Autobahnen, die das Volk schon mehrfach bezahlt hat und die ihm längst gehören, so ganz unter völliger Missachtung demokratischer Gepflogenheiten, namentlich unter Missachtung des Parlaments als Vertretung des Volks, verschachert werden sollen. Die Organe des breiten Volkes interessieren in Fragen der Kapitalverwertung keinen Entscheider. Das Volk und seine Vertretung haben in Demokratien beim Thema Volkseigentum nichts zu sagen. Es soll gefälligst die Klappe halten.

Das neue Gesetzeswerk ist nichts als ein ebenso großangelegter wie skrupelloser Taschenspielertrick. Pro forma ist die ursprünglich von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble einst favorisierte "materielle Privatisierung" tatsächlich vom Tisch. Private Investoren dürfen laut Grundgesetz also keine Anteile an der zu gründenden "Infrastrukturgesellschaft Verkehr" erwerben. Doch das ist kein Grund zum Jubeln. Wenn es nicht durch die Vordertür geht, dann eben durch die Hintertüre. Die Konstruktionspläne der Infrastrukturgesellschaft basieren auf nichtöffentlichen Gutachten der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen.

Nun sollen sich Private grundgesetzlich am Eigenkapital von Tochtergesellschaften beteiligen dürfen. Statt von vorn nun also von hinten. Diese Verwaltungsgesellschaft soll privatrechtlich als GmbH organisiert werden und wird also "formell" privatisiert. Nach vier Jahren soll dann die Bundesregierung diese Rechtsform "evaluieren". Danach kann die Verwaltungsgesellschaft auch in eine Aktiengesellschaft umwandelt werden.

Völlig frei steht es der Bundesregierung, die dritte Form der Privatisierung umzusetzen, also die "funktionale Privatisierung" als Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) oder "Public-Private Partnerships (PPP). Private Unternehmen sollen sich so am Bau und Betrieb von Autobahnen beteiligen können. Zudem soll Fremdkapital zum Einsatz kommen, für das der Bundeshaushalt haftet, etwa wenn eine beteiligte Gesellschaft Konkurs anmeldet.

Voraussetzung für die Privatisierung der Autobahnen ist die Maut

Ende März stimmte der Bundestag der Autobahnmaut zu, mit den Stimmen der SPD. Dann kam im Finanzausschuss des Bundestags die Privatisierung der Autobahnen auf die Tagesordnung. Die SPD blieb in Treue fest dabei. Schließlich veröffentlichte die "Berliner Zeitung" Geheimdokumente aus dem Verkehrsministerium. Danach ist die Maut Voraussetzung für die Privatisierung der Autobahnen. CSU, CDU und SPD einigten sich also auf einen ziemlich miesen Bauerntrick, um die Autobahnen durch die Hintertür zu privatisieren. Nur Linkspartei und Grüne stimmten gegen die Maut.

Die Autobahnmaut ist Voraussetzung für die Infrastrukturgesellschaft Verkehr und damit auch die Teilprivatisierung der Autobahnen. Die Maut ist die zwingende Voraussetzung dafür, dass die Autobahnen in Privateigentum überführt werden können. Weil die damit verbundenen Grundgesetzänderungen eine der "einschneidendsten Veränderungen im föderalen Gefüge Deutschlands für die nächsten Jahrzehnte" bedeuten, muss die große Koalition das Vorhaben noch bis zur Bundestagswahl durchziehen.

Die Sozialdemokraten wollten "die Sache vor der Wahl unbedingt eintüten, weil ein neoliberales Projekt dieser Tragweite, mit all den dafür nötigen Grundgesetzänderungen, nur eine Große Koalition mit ihrer parlamentarischen Übermacht im Bundestag ins Werk setzen kann", konstatierte die Berliner SPD-Politikerin Gerlinde Schermer. Und so muss die von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit Pomp und Tschingderassassa verkündete goldene Morgenröte des kommenden Zeitalters der sozialen Gerechtigkeit noch etwas warten, bis gemeinsam mit der CDU/CSU die Privatisierung der Autobahnen über die Bühne gebracht worden ist.

Seltsame Verrenkungen der SPD: Eigentlich dagegen, stimmt aber dafür

Zwar beteuerte der ehemalige SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel stets, dass es keine Privatisierung der Autobahnen geben werde. Doch warum eigentlich hat dann Gabriel selbst die Idee der Ausgliederung der Autobahnen in eine GmbH oder AG aufgebracht und populär gemacht? Im Sommer 2014 gab er als Wirtschaftsminister den Startschuss für die Privatisierung der Autobahnen, um damit "Lebensversicherungskonzernen attraktive Angebote machen, sich an der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur zu beteiligen".

In Gabriels Auftrag wurde eine "Expertenkommission" mit Jürgen Fitschen, dem Co-Vorsitzenden des Vorstands der Deutschen Bank ,und anderen Vertretern von Versicherungskonzernen und Banken unter Vorsitz des Chefs des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, gebildet. Und wer hätte das gedacht, dass diese - hochkarätigen "Experten" - tatsächlich im Frühjahr 2015 die Erkenntnis hervorbrachten, für die "Finanzierung öffentlicher Infrastrukturprojekte [sei] auch privates Anlagekapital stärker einzubinden" sei?

In diesem Zusammenhang erachteten sie auch die "Schaffung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft für Bundesfernstraßen für notwendig". Es zeichnete sich da heute eine ganz schäbige Allianz der Polit-Diadochen ab: Sigmar Gabriel ist der Fachmann für politische Schmuddelgeschäfte, dafür sorgt der Strahlemann Martin Schulz für soziale Gerechtigkeit und ewigen Sonnenschein.

Privatisierung durch die Hintertür des Finanzausgleichs

Beraterfirmen wie PricewaterhouseCoopers (PWC) erarbeiteten in enger Absprache mit dem Bundeskanzleramt ein Konzept und brachten es in eine Gesetzesform, mit der sie die Autobahnprivatisierung klammheimlich durch die Hintertür durchsetzen wollen - und zwar als einen Unterpunkt des "Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems", also des "Länderfinanzausgleichs".

Der Länderfinanzausgleich läuft 2019 aus und soll ab 2020 durch ein neues Regelwerk ersetzt werden, das mit zahlreichen Grundgesetzänderungen verbunden ist. Darin versteckt, die Gründung der "Infrastrukturgesellschaft Verkehr". Das mafiöse Arrangement, das die Bundesregierung den Ländern vorschlägt: Die Länder schlucken die "Infrastrukturgesellschaft" und bekommen dafür über 9,75 Milliarden Euro jährlich zusätzlich vom Bund.

Am Tag vor der Abstimmung über die Pkw-Maut berichtete die "Berliner Zeitung" über neue, interne Dokumente des Verkehrsministeriums, nämlich mehrere Gutachten, die eine Art Betriebssystem einer harmlos klingenden Infrastrukturgesellschaft beschreiben. "Es geht aber um eine privatrechtliche Firma, die künftig den Erhalt, den Betrieb, den Bau und die Finanzierung von rund 13.000 Kilometern Autobahnen steuern wird."

Und weiter: "Die Dokumente sind aus diesem März, den Gesetzentwurf zu der Gesellschaft hat die Regierung bereits im vergangenen Dezember vorgelegt. Möglichst lange sollte wohl nicht bekannt werden, wie diese Gesellschaft funktioniert. Am Reißbrett von privaten Beratern konzipiert, um die Autobahnen in Deutschland zu privatisieren und komplexe Finanzprodukte für Banken und Versicherungskonzerne zu schaffen. Und um einen Schattenhaushalt zu entwickeln, der jenseits aller parlamentarischen Kontrolle mit privatem Geld gefüttert wird. Diese Infrastrukturgesellschaft ist das wichtigste verkehrspolitische Vorhaben der Regierung. Die Details werden gehütet wie eine Geheimsache."

Zu diesen Details zählen Details darüber wie die Schuldenbremse umgangen werden kann. Georg Hermes, Professor für öffentliches Recht der Universität Frankfurt am Main, erklärte gegenüber der "Berliner Zeitung": "Der Regierungsvorschlag zur Ausgestaltung der Bundesautobahngesellschaft ist darauf ausgerichtet, dass die Gesellschaft Kredite aufnehmen kann, die im Lichte der europäischen Schuldenbremse nicht dem Staat zugerechnet werden." Die Infrastrukturgesellschaft ist so konstruiert, dass ihr der Bundesfinanzminister bei ihrer Gründung Schulden im Milliardenbereich übertragen und damit die Staatsverschuldung deutlich absenken könnte, ohne dass das Parlament dieser Finanzoperation zustimmen müsste. Noch so ein Taschenspielertrick.

Autobahnen als Finanzprodukte in der Hand von Politkrämern

Die "Berliner Zeitung" beschreibt die wundersame Verwandlung von Autobahnen in Finanzprodukte so: "Die Gesellschaft bekommt das Recht am wirtschaftlichen Eigentum der Autobahnen und daran, die Maut einzuziehen, muss dafür aber einen Gegenwert leisten. Sie zahlt dem Bund den Gegenwert der Autobahnen. Der Wert der Straßen wird auf rund 100 Milliarden Euro geschätzt. Schäuble kann durch diesen Trick seinen Haushalt um 100 Milliarden entlasten, die dem Bund von der Infrastrukturgesellschaft überwiesen werden."

Um dem Finanzministerium die 100 Milliarden zu überweisen, leiht sich die Infrastrukturgesellschaft das Geld bei Banken oder Versicherungen. Für diese Rechte an den Autobahnen verpflichtet sich die Gesellschaft zu einer Gegenleistung. "Die Gegenleistung kann durch eine Kaufpreiszahlung erfolgen. Die erforderlichen Mittel könnte sich die Gesellschaft ggf. auf dem Kapitalmarkt beschaffen."

Die Infrastrukturgesellschaft muss auf jeden Fall deutlich höhere Zinsen zahlen als der Staat, wenn der Kredite aufnimmt. Da aber der Staat hinter der Gesellschaft steht, fließen also schon zur Gründung der Gesellschaft staatlich garantierte Renditen in Form der Zinsen auf Kosten der Steuerzahler an Konzerne. Der Staat sorgt dafür, dass die privaten Investoren auch ordentliche Gewinne erzielen. Dafür aber ist er gar nicht da. Ein neuer milliardenschwerer Markt mit garantierten Renditen ist eröffnet. Ein steter Strom von Steuergeldern fließt an Versicherungen, Banken und andere Finanzinvestoren.

Aber PricewaterhouseCoopers (PWC) und die anderen Erfinder dieses Geschäftsmodells haben noch weiter gedacht: "Sofern der Bundesgesetzgeber die Weichen entsprechend stellt, wären in der vorgeschlagenen Zielstruktur Beteiligungen Privater am Stammkapital der Gesellschaft und ggf. auch deren Umwandlung in eine Aktiengesellschaft denkbar", heißt es in den Geheimunterlagen des Verkehrsministeriums.

Am Ende steht eine Aktiengesellschaft, dann gilt das Aktienrecht, und es gibt für das Parlament keine Chance mehr, diese Monstergesellschaft zu überwachen. So verprassen die Politiker das Volksvermögen. "Nach vier Jahren ist nur noch Wandlung in eine Aktiengesellschaft möglich. Das Parlament müsste dieser nicht zustimmen. Das staatliche Monopol würde auf Private übergehen", kommentiert lakonisch der Bundesrechnungshof.

Fernstraßen als Goldgrube für die Konzerne

Finanzinvestoren können sich auch in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften beim Bau und Betrieb von Autobahnen engagieren und im Gegenzug die dort anfallende Maut einstreichen. Nach allen Erfahrungen sind mit dieser Art von Partnerschaft immensen Kostensteigerungen verbunden. Der Bundesrechnungshof hat wiederholt nachgewiesen, dass sich der privat finanzierte Autobahnbau wegen der höheren Finanzierungskosten von Unternehmen nicht rechnet - schon gar nicht in Zeiten, in denen die Bundesregierung zinslose Kredite aufnehmen kann.

Damit wird auch plausibel, weshalb das Gesetz überhaupt keine Prüfungsrechte für den Bundesrechnungshof vorsieht. Der Rechnungshof, dessen einziger Daseinszweck es ist, Rechnungen zu überprüfen, darf die Wirtschaftlichkeit von Vorgängen in diesem Fall erst gar nicht erst prüfen.

Warum wohl nicht?

Der Bundesregierung geht es nicht darum, Straßenbau günstig zu finanzieren. Es geht ausschließlich und allein darum, den Konzernen neue Profitmöglichkeiten zu erschließen. Da würden Rechnungsprüfer nur stören. Die Koalition in Berlin will von vornherein die Autobahnen aus Stein und Beton auf wundersame Weise in eine unerschöpfliche Goldgrube für Konzerne verwandeln.

Bei der Anhörung Ende März im Finanzausschuss des Bundestags warnten die Experten einhellig vor dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Vertreter des Bundesrechnungshofs, des DGB, des Vereins Gemeingut in BürgerInnenhand, renommierte Juristen und Verwaltungswissenschaftler kritisierten detailliert den Gesetzentwurf und widerlegten überzeugend die von Sigmar Gabriel immer wieder verbreitete Mär, es werde zu keiner Privatisierung kommen. Professor Hermes hingegen unterstrich, das Hauptziel des Gesetzes sei es, privaten Anlegern bessere Renditen als auf dem Kapitalmarkt zu verschaffen.

Bis Ende Mai 2017 soll das Gesetzespaket, das 13 Grundgesetzänderungen vorsieht, beschlossen werden. Eindeutig ist, dass das Modell der Infrastrukturgesellschaft nicht der Allgemeinheit dient, sondern den Kapitalinteressen von Banken und Versicherungen. Resigniert erkannte Hermes eine weitere Form der Privatisierung, die dadurch erreicht wird, "wenn man die Politik heraushält; denn der Bundestag hat in Zukunft hier nichts mehr zu sagen". Der Bundestag müsse daher "diesen Unsinn" verhindern.

Einer der geistigen Väter "dieses Unsinns" ist der Gutachter Dietrich Drömann (CDU). Er arbeitet für die Kanzlei Graf von Westphalen und war maßgeblich an der Konzeption der Infrastrukturgesellschaft beteiligt. Den Auftrag hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erteilt. Drömann hat gute Kontakte ins Verkehrsministerium. Er schrieb bereits für Gerhard Schröder (SPD) das "ÖPP-Beschleunigungsgesetz", mit dem in Deutschland die Privatisierungswelle angeschoben wurde. Verschiedene Kanzleien und Beraterfirmen hatten das Gesetz im Auftrag der SPD geschrieben, die sich im anhebenden Bundestagswahlkampf 2017 ausgerechnet als die grandiose Gerechtigkeitspartei anpreist.

Was erstaunt, ist die von parteipolitischen Orientierungen völlig unabhängige Beharrlichkeit aller Bundesregierungen. Ob die nun eher links-grün (na ja, was die so links nennen) oder eher konservativ-liberal oder konservativ-sozialdemokratisch sind: Sie alle betreiben seit den 1970er Jahren und verstärkt wieder seit den 1990er Jahren den Ausverkauf des Staatseigentums.

Dahinter könnte man mit Mühe noch Spuren ökonomischer Vernunft entdecken, wenn die Investoren die gesamte Summe bezahlen würden, die auch die Steuerzahler im Verlauf vieler Jahre für die Objekte aufgebracht haben. Das ist aber nicht der Fall. Sie zahlen nur einen minimalen Bruchteil. Schon allein deshalb ist die Rede vom Ausverkauf der deutschen Infrastruktur gerechtfertigt.

Von drei Modellen das allerteuerste gewählt

Nach der bisherigen Rechtslage bestimmen Bund und Länder noch allein, wer das 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz in Stand hält und ausbaut. Mit der Überführung in die Autobahngesellschaft, geht die Entscheidung weitgehend an die privaten Investoren. Für die Finanzierung der Erhaltung und des Ausbaus der Autobahnen bieten sich drei Modelle an:

  1. Der Staat gibt Staatsanleihen aus, wie das Staaten nun einmal machen, wenn sie Kredite aufnehmen. Das kostet gar nichts. Im Gegenteil in der gegenwärtigen Phase der Nullzinspolitik bekäme die Bundesregierung sogar noch 0,23 Prozent draufgezahlt. Nicht gerade viel, aber immerhin draufgezahlt.
  2. Der Staat vergibt den Auftrag an ein privates Konsortium. Das finanziert sich über eine Unternehmensanleihe. Die kostet, und zwar relativ viel. Es wäre also keine gute Lösung, zumal der Staat per Gesetz gehalten ist, eine wirtschaftlich vernünftige Lösung zu suchen, und das ist bei Geldgeschäften nun einmal die billigste Lösung.
  3. Die Bundesregierung gründet eine "Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP)" oder "Public-Private Partnership (PPP)", in der Staat und private Partnerfirmen zusammenarbeiten. Da liegen die Kosten für den Steuerzahler auf jeden Fall am allerhöchsten. Sie bewegen sich sogar in Schwindel erregenden Höhen. Sie liegen in einer Höhe, in der der Schwindel die Steuerzahler in Erregung versetzen sollte …

Bei ÖPP-Projekten, die es ja schon seit vielen Jahren gibt, können die privaten Investoren mit einer Rendite von mindestens 7 Prozent rechnen. Über eine Laufzeit von 30 Jahren sind das Beträge in Milliardenhöhe. Es fragt sich, was der Grund dafür sein könnte, dass die Politik sich ausgerechnet für die Variante stark macht, die für die Bürger bei weitem am allerteuersten sein wird.

Dass sie sich nicht für die extrem günstige Variante entscheiden mag, zu der sie nach Recht und Gesetz verpflichtet ist, hat seinen wahren Grund in der Misswirtschaft vergangener Jahre. Die Politiker haben in der Vergangenheit die Staatsschulden in eine so atemberaubende Höhe getrieben, dass sogar ihnen selbst das am Ende zu viel wurde und sie sich daher die Schuldenbremse auferlegten.

Sie dürfen keine neuen Kredite aufnehmen und haben sich zu allem Überfluss auch noch die "schwarze Null" verordnet. Das ist in einer Zeit der Null-Zins-Politik ausgesprochen unvernünftig. Hier zeigt sich wieder einmal, wie unklug es ist, Politiker mit der Macht auszustatten, das Geld fremder Leute - der Steuerzahler - in der Gegend zu verschleudern. Das tun die nämlich, mit Hochgenuss und ohne alle Bedenken.

Und in einer Zeit des billigen Geldes übt die Finanzwirtschaft, die personell und institutionell ja längst integraler Teil des Staats ist, immensen Druck Staat aus. Sie drängt den Staat, ihr Investitionsmöglichkeiten zu verschaffen, bei denen sie ordentliche Renditen erzielt. Und die repräsentative Demokratie, diese alte Hure, legt sich sofort hin und macht die Beine breit. Finanzkonzerne wie Allianz oder Deutsche Bank und Bauriesen wie Hochtief und Strabag üben immensen Druck auf den Staat aus, um das gesamte Autobahnnetz unter ihre Kontrolle zu bekommen. Politiker, Lobbyisten, Wirtschaftsunternehmen und Vertreter des Finanzkapitals sind Komplicen bei diesem organisierten Verbrechen.

Auch der Bundestag lässt sich wieder mal austricksen

Die Verträge, die die Autobahngesellschaft mit den privaten Unternehmen schließt, sind nach dem Muster der bei vielen Investitionen längst praktizierten Vereinbarungen der Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) gestaltet. Deshalb lohnt es sich, diese Verträge einmal näher zu betrachten; denn nirgendwo tritt der blanke Irrsinn politischer Entscheidungen in den entwickelten repräsentativen Demokratien unverhüllter zutage als beim angeblich so genialen Finanzierungsmodell der Public-Private Partnerships (PPP).

Bei fünf von sechs in ÖPP gebauten Autobahnen sei es zu Mehrkosten von fast zwei Milliarden Euro gekommen, monierte der Bundesrechnungshof (BRH) 2013. 2016 legten die Rechnungsprüfer nach - und zwar ausgerechnet in einem Gutachten zur Planung von ÖPP-Projekten, das sie gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium verfassten. Das allerdings ließ sich dadurch nicht schrecken und verlegte sich darauf, alles abzustreiten: "Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVI) bestreitet auch weiterhin die seitens des BRH benannten Mehrkosten."

So seien bei ÖPP-Projekten im Fernstraßenbau bis 2014 nur "rund 4,4 Prozent unvorhersehbare Mehrkosten" aufgetreten. Gegenüber den erteilten "Verpflichtungsermächtigungen" hätten die Ausgaben sogar nur 1,1 Prozent höher gelegen. Und alle bis Oktober 2015 abgeschlossenen ÖPP-Projekte seien schneller fertig geworden als geplant, "im Einzelfall sogar um bis zu 2,5 Monate".

Auf den ersten Blick wirkt das Prinzip der ÖPP geradezu bestechend: Ein privater Investor baut auf eigene Kosten Autobahnen, Bundesstraßen, Ministerien, Gefängnisse, Schulen oder große Pracht- und Protzbauten wie die Elbphilharmonie in Hamburg und sorgt bis zu 30 Jahre lang für den reibungslosen Betrieb.

Die politischen Institutionen brauchen zunächst kein oder wenig Geld dafür bereitzustellen und sind scheinbar fein ‘raus. Bund, Länder oder Kommunen stottern lediglich die laufenden Kosten ab, die sie sonst selbst hätten investieren müssen.

Derzeit gibt es in Deutschland um die 250 solcher Großprojekte. Da die öffentlichen Verwaltungen kein Geld mehr haben oder meinen, nicht effizient genug zu wirtschaften, bieten sich ihnen private Investoren als Partner an. Die öffentlichen Hände versprechen sich von PPPs eine schnellere und kostengünstigere Realisierung wichtiger Projekte.

Die öffentlichen Verwaltungen kommen ja wegen der Schuldenbremse an keine neuen Gelder heran, möchten sich in ihrer grenzenlosen Ausgabefreudigkeit aber trotzdem nicht einschränken lassen. Schließlich wollen die nächsten Wahlen gewonnen werden. Die demokratische Politik braucht die permanente öffentliche Selbstdarstellung in spektakulären Projekten und Aktionen. Die lässt sich durch Stagnation und jahrelangen Baustopp kaum schaffen.

Ein reines Betrugsmanöver

Welchen höheren Sinn die Schuldenbremse dann allerdings haben soll, entzieht sich dem nachdenklichen Beobachter. Nur wer mit den Gebräuchen in etablierten Demokratien vertraut ist, erkennt: Die Schuldenbremse ist nichts als Haushaltskosmetik. Eine Form der politischen Augenwischerei. Die Haushaltswursteler der demokratischen Repräsentation inszenieren sich unter dem ignoranten Applaus der Massenmedien als großartige Sparkünstler. Sie schaffen doch tatsächlich die "Schwarze Null", diese Teufelskerle und lassen sich öffentlich grandios dafür feiern.

Obwohl sich der Staat nahezu kostenfrei Geld leihen könnte, hindert er sich durch Schuldenbremse und den Verzicht auf Steuererhöhungen für Betuchte selbst daran, die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur eigenständig zu stemmen. Die Anbetung der "schwarzen Null" bewirkt zudem, dass selbst bei Einhaltung der Schuldenbremse vorhandene Spielräume für eine Nettokreditaufnahme des Staates ungenutzt bleiben.

Es gibt massenhaft schlechte Erfahrungen mit ÖPP (Öffentlich-private Partnerschaften). Bundesrechnungshof und Landesrechnungshöfe dokumentieren: Finanzierungs- und Verwaltungskosten sind höher, die Flexibilität geringer, die Risiken ungleich verteilt. Die Ausweitung von ÖPP ist eine Gegenstrategie zur Stärkung der öffentlichen Investitionspolitik. Die Planung der Infrastruktur erfolgt nach Renditelogik, nicht nach gesellschaftlichem Bedarf. Transparenz und Kontrolle müssen häufig erst eingeklagt werden.

Der Staat entledigt sich personell und strukturell der Aufgabe, zukünftig öffentliche Dienstleistungen überhaupt anbieten zu können. Personelle Ressourcen und Know-how werden für immer abgebaut; der Staat wird handlungsunfähig.

Vorbild für die "Infrastrukturgesellschaft" ist die 2008 gegründete "ÖPP Deutschland AG". Um öffentlich-private Vorhaben anzuschieben, gründeten interessierte Kreise 2008 unter der Federführung des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die "ÖPP Deutschland AG", eine Beratungsfirma, an der sich der Staat und Großbanken, Baukonzerne und Berater beteiligen.

Ziel der Bundesregierung war und ist es, ÖPP-Projekte zu fördern. Dazu berät die ÖPP Deutschland AG ausschließlich öffentliche Auftraggeber und gibt Empfehlungen ab, wie Kommunen, Länder oder Bundesbehörden ihre Infrastrukturprojekte finanzieren können.

Die Finanzlobbyorganisation Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) hatte 2007 das Konzept dafür entwickelt (Das plötzliche Verschwinden der Initiative Finanzstandort Deutschland). Die IFD beauftragte die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer mit der juristischen Konstruktion der AG, die Gutachten vorlegte, wie die Beratung für die Kommunen de facto obligatorisch wird. Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände unterzeichnen dafür eine "Rahmenvereinbarung" mit der ÖPP Deutschland. Die Kommunen können dann schnell und ohne Ausschreibung auf die Beratung der AG zugreifen.

Das Freshfields-Gutachten beschrieb auch, wie sich die gesetzlich vorgeschriebene Aufsicht über PPP-Projekte aushebeln lässt, nämlich indem man festlegt, dass im Fall einer Beratung "keine weiteren Prüf- und Kontrollerfordernisse mehr erforderlich werden". Und die Rechnungshöfe sollten sich sowieso am besten ganz ‘raushalten: So soll "der Bundesrechnungshof nach seinem Ermessen die Prüfung beschränken und Rechnungen ungeprüft lassen. Entsprechende Vorschriften gibt es auf Länderebene."

Es wiederholt sich dasselbe Ritual, nach dem im Wirtschaftsleben die politischen Voraussetzungen für das reibungslose Funktionieren der VW-Abgas-Schummelei gelegt wurden: Wirtschaft und Politik reichen einander die schmutzigen Hände, um alle Kontrollen aus der Welt zu schaffen und eine mafiöse Struktur zu etablieren, in der die Betrüger aller Ebenen frohen Mutes und ungehemmt miteinander verkehren können.

Das Gutachten regte an, "dass der jeweilige Rechnungshof z.B. auf eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeitsberechnung … verzichten kann, weil er keinen Anlass für die Fehlerhaftigkeit der Berechnung … sieht und von deren Fehlerlosigkeit ausgeht". Ein solches Maß an Unfehlbarkeit beansprucht in der übrigen Welt nur noch der Papst für Erklärungen, die er ex cathedra verkündet… und bezieht dafür von vielen Kritikern heftige verbale Prügel.

Und schließlich: "Die Zertifizierungswirkung gegenüber den Kommunalaufsichten könnte sich dahingehend entfalten, dass die Kommunalaufsicht bei PPP-Projekten …. ihren Prüfungsmaßstab verringert oder diesen PPP-Projekten grundsätzlich ohne Prüfung zustimmt." Die Innenministerien der Länder könnten eine Weisung erteilen: "Die Prüfaufsicht könnte also durch Verwaltungsvorschrift beschränkt werden."

Der deutsche Steuerzahler finanzierte die ÖPP Deutschland AG zunächst mit über 10 Millionen Euro. Insgesamt erhielt die ÖPP Deutschland AG für Grundlagenarbeit und Beratungsleistungen noch einmal fast dreieinhalb Millionen Euro vom Staat. Kein Zweifel: Damit hat der Staat sich als Financier für den Lobbyismus der Industrie missbrauchen lassen. Der Staat hat sich zum willigen Helfer der Lobbyisten gemacht.

Die Wirtschaft und die Lobbyisten haben sich im Staat eingenistet

Dass profitorientierte Wirtschaftsunternehmen teurer sein müssen als kostenorientierte Behörden, hätte man sich eigentlich von Anfang an denken können. Schließlich müssen die gute Gewinne erzielen und bekommen Kredite zu schlechteren Bedingungen als die öffentliche Hand. Das war ja einst die ultima ratio aller Staatstätigkeit, dass der Staat zu besseren Preisen für die Bürger wirtschaften kann als Privatleute, die Gewinn erzielen müssen.

Dabei greifen die Politiker auf ihre altbewährten Ganoventricks zurück, mit denen sie schon immer die Bevölkerung hinters Licht geführt haben: Am Anfang jedes PPP-Projekts wird alles kleinklein gerechnet, die richtig gewaltigen Kosten kommen erst nach ein paar Jahren auf die Steuerzahler zu.

Die Repräsentanten bürden also die hohen Kosten künftigen Generationen auf und behaupten auch noch dreist, dass sie genau das mit der Schuldenbremse verhindern. Die Schulden werden langfristig nicht weniger, sondern mehr. Eine "Finanzierungsillusion" nennt das Holger Mühlenkamp, Ökonomie-Professor an der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Für ihn steht fest: "Da ist eine große Koalition aus Politik, Industrie und Bankenwirtschaft auf Kosten des Steuerzahlers am Werk."

Nackte Bürger-Verarschung müsste das ein nicht so professoraler Beobachter nennen. ÖPP liefert kurzfristig einen Ausweg. Allerdings nur kurzfristig. Langfristig bindet man so die Haushalte auf unabsehbare Zeiten.

PPP stellt eine verdeckte Privatisierung öffentlicher Aufgaben dar, deren höhere Kosten sich auch durch fiskalische Tricks wie Schattenhaushalte auf Dauer nicht verbergen lassen. Sie ist ein Raub am Gemeineigentum, ein Ausverkauf der Zukunft und eine Bankrotterklärung der demokratischen Politik. Den Konzernen und Banken sichern die Partnerschaften zwischen privaten Investoren und der öffentlichen Hand jahrzehntelang üppig fließende Pfründe auf Kosten der Steuerzahler.

Die Lobbyisten locken mit Wirtschaftlichkeitsvergleichen, die Kosteneinsparungen von bis zu 25 Prozent ausweisen. Doch die angeblichen Effizienzvorteile sind reine Luftnummer, in denen lauter Kaiser ohne Kleider umherwandeln.

Die privaten Investoren selbst investieren oft nur zehn Prozent, sind also in Wahrheit gar keine Investoren. Die erhöhten Kreditkosten, der garantierte Gewinn, die Beraterhonorare, der Preis für den Wirtschaftlichkeitsvergleich fließen in die Mietkosten ein. Und die zahlt die öffentliche Hand. Sie bezahlt also Miete auf einen schlechteren Kredit als sie selbst haben könnte. Absurd.

Mit Geheimhaltung wird die Demokratie weiter ausgehöhlt

Nebenbei muss die öffentliche Hand noch auf ihr "Reklamationsrecht" verzichten (Einredeverzicht); denn die Banken wollen nichts mit den Mängeln am Bau zu tun haben. Es profitieren wie immer die Großkonzerne, die Berater, die Wirtschaftsprüfer, Anwaltskanzleien und Banken.

Die PPP-Verträge sind zu allem Überfluss auch noch immer geheim. Es gehört zu ihren typischen Merkmalen. Über ihren Inhalt wird stets absolute Geheimhaltung vereinbart. Noch nie wurde ein PPP-Vertrag den Abgeordneten vor einer Abstimmung in vollem Umfang vorgelegt.

Man muss sich die Absurdität der Situation vor Augen führen: Die politischen Repräsentanten müssen über Verträge abstimmen, deren Inhalt sie gar nicht kennen. Das öffentliche Interesse wird dem privaten Geheimhaltungsinteresse untergeordnet. Öffentliche Güter in Privathand sind jeder demokratischen Kontrolle entzogen. Die Demokratie schafft sich selbst ab.

Die demokratisch gewählten Repräsentanten höhlen aktiv und systematisch die Demokratie aus. Sie selbst machen das. Sie sind die größten Feinde der Demokratie. Und allmählich scheinen das große Teile der Bevölkerung auch zu erkennen. Einmal mehr zeigt sich, dass die parlamentarischen Gremien ebenso wie die kommunalen Instanzen nur dazu da sind, längst getroffene Entscheidungen der Regierungen und Verwaltungen abzunicken. Sie sind reine Abnickvereine.

Die parlamentarische Kontrolle wird zu Gunsten der privaten Wirtschaft ausgehebelt. Die Parlamente verzichten klaglos auf die parlamentarische Kontrolle. Sie töten die letzten Überreste an demokratischer Kontrolle. Und sie tun das, ohne auch nur aufzumucken; denn sie haben sich längst daran gewöhnt, dass sie nur zum Abnicken da sind.

Die PPP-Projekte werden ohne jede öffentliche Diskussion initiiert. Die Parlamentarier oder Stadtverordneten entscheiden über das Projekt nur per Grundsatzbeschluss. Wenn sie wenigstens ehrlich wären, müssten sie also sagen: "Wir sind dafür, aber keine Ahnung, worum es überhaupt geht. Unsere Doofheit kennt keine Grenzen." Aber selbst dazu reicht es nicht.

Wenn sie die Verträge doch einsehen dürfen, dann nur mit von den Beratern und Anwälten vorgenommenen Schwärzungen der kritischen Geheimpassagen. Selbst die Kommunalaufsicht, die als Aufsichtsbehörde ein Vertragswerk genehmigt, kann nicht zweifelsfrei sicher sein, ob ihr alle Unterlagen und Informationen zugeleitet werden.

Die Geheimhaltung nützt einzig und allein den privaten Partnern: Nur weil die Öffentlichkeit keine Einsicht bekommt, können die privaten Partner ihre Gewinninteressen in den Verträgen ungehemmt durchsetzen. Die Geheimhaltung ist also der Nährboden, auf dem die negativen Auswirkungen von PPP überhaupt erst gedeihen können.

Ohne Geheimhaltung könnten die Verträge gar nicht zu einem so lukrativen Geschäft werden und würden meistens nicht zu Stande kommen. Geheimhaltung widerspricht jedoch den grundlegenden Prinzipien eines demokratischen Staats.

Wolfgang J. Koschnick ist Autor des Buchs "Eine Demokratie haben wir schon lange nicht mehr", das 2016 im Westend Verlag in Frankfurt am Main erschien.