Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren gegen Fluchthelfer

Seite 2: Syrische Geflüchtete nutzen Facebookgruppen

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Schließlich fordert die EU-Kommission auch mehr "Kooperation mit Anbietern von Internetdiensten und sozialen Medien". So sollen "Internetinhalte, die von Schleppern für Werbezwecke genutzt werden", aufgedeckt werden. So hatten es die Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten bereits vor einigen Wochen auf einem Sondergipfel zur Flüchtlingssituation auf dem Mittelmeer verabschiedet. Beobachtet würden demnach Internetauftritte von Fluchthelfern, die in dem Dokument als "traffickers" bezeichnet werden. Zuständig wäre die Polizeiagentur Europol.

Vermutlich geht es vor allem um Soziale Medien. Die Fluchtwilligen stehen vor dem Problem, Kontakt zu den Fluchthelfern finden zu müssen. Hier hilft das Internet. Medienberichten zufolge existieren beispielsweise in der Türkei Facebookgruppen, über die Fluchten organisiert werden. Frontex hat das Phänomen erkannt und warnt die EU-Mitgliedstaaten seit einiger Zeit, dass sogar Apps kursieren würden, um Informationen über Schiffe und Abfahrtsorte abzurufen. Überfahrten könnten sogar derart "gebucht" werden. Für diese angeblich existierenden Apps hatte Frontex aber keine Belege präsentiert. Entsprechende Internetauftritte sind auch nicht von kommerziellen Fluchthelfern, wohl aber von politischen Aktivisten bekannt. Unter Umständen zielt die Warnung von Frontex also auf eine Kriminalisierung humanitärer oder politischer Fluchthilfe.

Löschen von Internetinhalten gewünscht

Allerdings bleibt es nicht beim Beobachten der Webseiten, denn diese sollen laut der Kommission auch "entfernt" werden. So war es auch vor dem Ratstreffen vor vier Wochen diskutiert worden. Demnach soll Europol die Entfernung der Inhalte "beantragen" können ("detect and request removal of internet content"). Die Entfernung fordern darf die Agentur nicht, denn Europol hat kein Mandat für polizeiliche Zwangsmaßnahmen.

Damit die Anweisungen Europols von Google & Co dennoch befolgt werden, bemühen sich die EU-Mitgliedstaaten derzeit um bessere Beziehungen zu den Firmen. Nach einem informellen Abendessen mit den EU-Innenministern gründet die Kommission ein "Forum der Gemeinschaft der Internetdienstleister".

Eigentlich sollte die Zusammenarbeit auf das Themenfeld "islamistischer Terrorismus" beschränkt bleiben. Das gestern veröffentlichte Kommissionsdokument liest sich jedoch so, dass Facebook, Google und YouTube nun auch im Kampf unerwünschte Migration in die Pflicht genommen werden.

Auch andere Teile des Vorhabendossiers scheinen aus dem Themenfeld "Terrorismus" kopiert worden. So will die EU das Internet gegen Gruppen wie ISIS und Boko Haram mit "Gegenerzählungen" ("counter-narratives") füllen. Dadurch sollen die Kämpfer von ihren Vorhaben abgebracht werden. Laut der EU-Kommission sei es unbedingt erforderlich, dass in Sozialen Medien nun auch mit "Gegenerzählungen" vor einer Flucht über das Mittelmeer gewarnt wird.