W3C bittet die Web-Community um Hilfe

Kampf gegen die Patentierung von P3P

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Patente sind schnell angemeldet, und sie werden zumindest in den USA auch immer leichter vergeben. Doch wenn es um Standards für das Web geht, könnte deren Patentierung, also Privatisierung, die weitere Entwicklung lähmen und die Universalität des Zugangs gefährden (Zerstört die Sicherung des geistigen Eigentums das Internet?).

Das World Wide Web Consortium (W3C) ist eine internationale Organisation von 320 Unternehmen, die sicherstellen soll, daß allgemeine Protokolle die Interoperabilität garantieren, also daß das World Wide Web tatsächlich ein weltweites Netz bleibt. Voraussetzung dafür ist, daß die Standards offen sind. Ein gemeinsames Projekt des W3C ist die Entwicklung der Platform for Privacy Preferences (P3P), ein auf der Extensible Markup Language basierendes Programm, das es den Web-Benutzern ermöglicht festzulegen, welche persönlichen Daten sie beim Besuch einer Website mitteilen wollen und wie diese benutzt werden dürfen. Der Vorteil dieses Verfahrens läge darin, daß dies automatisch durch den Austausch von Daten etwa zwischen dem Browser und der besuchten Website geschehen würde, was den Schutz der persönlichen Daten und damit das Vertrauen der Internetnutzer fördern könnte.

Entwickelt wurde P3P schon seit Jahren als gemeinsames Projekt mehrerer W3C-Mitglieder, doch hat nun eine der anfangs beteiligten Firmen, nachdem das Projekt noch immer nicht wirklich abgeschlossen ist, schnell ein Patent über eben dieses Verfahren zugesprochen bekommen. Das Patent von Intermind deckt die Speicherung und Übermittlung von Daten der Konsumenten und Provider zwischen zwei Computern ab, die dazu Metadaten verwenden, also auch P3P. Im Grunde wird nach Sicht des W3C damit eine gemeinsame Entwicklung unrechtmäßig von einer Firma angeeignet. Die Gefahr ist, daß Standards, für die möglicherweise teure Lizenzen erworben werden müssen, zum Auseinanderbrechen der universellen Netzstruktur und damit zu einer "Balkanisierung" führen könnten. Kommerzielle Interessen gefährden mithin auch den virtuellen Marktplatz, wenn sie dessen Grundlagen privatisieren.

Auch Joseph Stieglitz, Vizedirektor und leitender Wirschaftsexperte der Weltbank, der früher Vorsitzender des Council of Economic Advisers von Präsident Bill Clinton gewesen war, hatte vor kurzem allgemein davor gewarnt, daß Staaten, die den Schutz des geistigen Eigentums zu stark anstreben und zu schnell Patente gewähren, in Gefahr laufen könnten, langfristig das Wachstum ihrer wissensbasierten Industrien zu lähmen. Die "gewichtslose Ökonomie" der Wissensgesellschaft verlange andere Regeln als "schwere Ökonomie" der Industriegesellschaft. Und Philippe Quéau von der UNESCO fordert offene Programme für die Weltgesellschaft und ist der Meinung, daß vor allem Standards prinzipiell öffentliches Gut sein sollten.

"Es gibt zunehmende Unvereinbarkeiten zwischen Patenten und offenen Standards", sagt Daniel Weitzner, Direktor für technische Standards beim W3C. "Der Trend, Patente in Bereichen einzureichen, wo bereits Standards entwickelt werden, ist ein Anlaß zur Sorge und zur Aktion. Das Web und die Entwicklergemeinschaften können dabei hilfreich sein, den Beweis zu finden, der notwendig ist, um fragwürdige Patente als unzulässig herauszustellen und so ein offenes Web zu erhalten." W3C sucht mithin einen Nachweis, daß bereits Software oder Systeme, aber auch Darstellungen in Artikeln vor der Einreichung des Patents von Intermind vergleichbare Funktionen umgesetzt haben. Detaillierte Informationen sollen an die Email-Adresse patent-prior-art@w3.org eingereicht werden.