WM 2022 in Katar: größer, teurer, blutiger
Seite 2: Begriff "WM-Baustelle" eng gefasst - gleich weniger Tote
- WM 2022 in Katar: größer, teurer, blutiger
- Begriff "WM-Baustelle" eng gefasst - gleich weniger Tote
- Demokratische Fußballtradition in Norwegen
- "Sportwashing": Bloß keinen Sponsor vergraulen
- Auf einer Seite lesen
Allerdings blieb unklar, wie viele im Zusammenhang mit WM-Projekten gestorben waren. Das WM-Organisationskomitee (OK) sprach von "lediglich" 37 toten Arbeitern auf den WM-Baustellen. Der investigative Journalist Benjamin Best, der die Baustellen und Unterkünfte der Arbeiter wiederholt besucht hat, ist allerdings der Auffassung, dass die Fifa den Begriff "WM-Baustelle" zu eng fasst: "Für die Fifa und das WM-OK zählen nur die WM Stadien zu WM-Baustellen. Aber natürlich gehört die gesamte Infrastruktur zur WM in Katar. Das Prestigeprojekt U-Bahn, Hotels, Straßen, Sicherheitspersonal, Fahrer und so weiter. Diese Arbeiter zählt die Fifa nicht mit. Die Stadionarbeiter machen nur einen kleinen Teil der Gastarbeiter aus." Tatsächlich sind nur rund zwei Prozent der Arbeitsmigranten mit dem Stadionbau befasst.
Ebenfalls im Februar war Katar Gastgeber der Fifa-Klub-Weltmeisterschaft, was aber in Deutschland an vielen Menschen zunächst vorbeiging. Trotz Beteiligung des FC Bayern München. Am 5. Februar, einem Freitagabend, spielten die Bayern in der Bundesliga bei Hertha BSC an. Die 90 Minuten im Olympiastadion waren "business as usual". Spitzenreiter Bayern gewann mit 1:0. Zwei Tage zuvor hatte die von DFL eingerichtete Taskforce "Zukunft des Profifußballs" ihren Ergebnisbericht veröffentlicht. Dieser enthielt folgende Aussage: "Bundesliga und 2. Bundesliga schützen und achten die Menschenwürde orientiert an den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte."
Die Taskforce versprach "die Ausarbeitung von verbindlichen Kodizes und eines Menschenrechtskonzeptes", das für alle Akteure im Profifußball gleichermaßen gelten sollte, "unter anderem: Verbände, Clubs, deren Vorstände, Fans, sowie Spieler- und Trainer*innen, aber auch Sponsoren und Partnern der Liga und Vereine."
Nach dem Spiel im Olympiastadion fuhren die Bayern zum nagelneuen Flughafen Berlin-Brandenburg, von wo aus eine Maschine der Qatar Airways die Mannschaft nach Doha zur Klub-WM bringen sollte. Der Abflug sollte um 23.29 Uhr erfolgen, verspätete sich aber um einige Stunden. Die Maschine war zu spät enteist worden und konnte somit nicht mehr das Nachtflugverbot umgehen.
Wenn Fans sich fremdschämen
Die Bayern-Bosse tobten. Dass ihre Spieler wie "normale Fluggäste" behandelt wurden, empörte den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge und den Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß zutiefst. Hoeneß sprach von einem "Skandal ohne Gleichen" und meinte damit keineswegs die Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Arbeitsmigranten in Katar. Den Vogel schoss allerdings nicht Hoeneß ab, sondern Rummenigge: Die Flughafen-Verantwortlichen wüssten gar nicht, "was sie unseren Spielern damit angetan haben." Qatar Airways gehört zu den weltweit zehn Fünf-Sterne-Fluggesellschaften. Wer in einer ihrer Maschinen sitzt, wird vom Personal intensiv gepampert - erst recht, wenn er zum FC Bayern gehört.
Der Rekordmeister wurde nun mit Häme und Kritik übergossen. Die härteste Kritik kam aus den Reihen der eigenen Fans. Die Gruppe Red Fanatic München schrieb auf ihrer Seite:
"Ich schäme mich für das hässliche Gesicht des FC Bayern" so hat sich Karl-Heinz Rummenigge Ende Februar 2020 noch geäußert. Doch bei den Aussagen und Verhaltensweisen Rummenigges in den letzten Wochen und Monaten, stellt sich vielen Bayernfans mittlerweile die Frage, wer sich für wen schämen muss. (…) Die Menschenrechtsverletzungen in Katar hingegen sind eher Tabu- als Skandalthema im Jargon der Vereinsoffiziellen des FC Bayern. Die Reise zu dem Fifa Turnier - noch dazu mitten in einer Pandemie - ist offenbar ähnlich alltäglich wie die Arbeits- und Lebensumstände der dortigen Menschen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.