Wärmewende ja, Kältepläne nein? Deutschland im Klimaanlagen-Dilemma

(Bild: Zoltan Matuska, Pixabay)

Deutschland treibt die Wärmewende voran, doch bei Klimaanlagen tappt man im Dunkeln. Warum Kommunen und die Bundesregierung noch keine Lösungen gefunden haben.

Während die Bundesregierung die Wärmewende vorantreiben will und für die Fernwärme nun sogar ein Wärmegesetz auf den Weg bringt, hinkt man bei der Kälte meilenweit hinterher. Dabei hat die EU in der Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU ihre Mitgliedsstaaten verpflichtet, kommunale Kältepläne zu fördern.

Die meisten Kommunen in Deutschland kommen bereits bei ihren Wärmeplänen ins Schwitzen. Kältepläne liegen weit außerhalb der Vorstellungskraft der meisten Kommunen. Auch auf Seiten der Bundesregierung wird die Zuständigkeit für das Thema Kältepläne von einem Ministerium zum anderen geschoben und schließlich auf die Energieversorger und letztlich die Endverbraucher abgewälzt, die selbst eine Lösung finden müssen, weil sie auch das Risiko tragen.

Klimaanlagen sind eine Lösung für den Einzelnen

Mit steigenden Außentemperaturen werden in Bürogebäuden, aber auch zunehmend in Wohngebäuden, verstärkt Klimaanlagen installiert. Die Stromversorgungsnetze stammen jedoch aus einer Zeit, in der Klimaanlagen in Deutschland bisher nicht Standard waren.

In diesem Zusammenhang lohnt ein Blick in die USA, wo die Verbreitung von Klimaanlagen deutlich höher ist als in Deutschland. Er zeigt, dass wir in Deutschland jetzt keine Zeit verlieren dürfen.

Derzeit sorgt eine gefährliche Hitzewelle in Texas dafür, dass auch das dortige Stromnetz durch den Dauerbetrieb von Klimaanlagen mancherorts an seine Grenzen stößt. In den USA ist es keine Seltenheit, dass das lokale Stromnetz unter der Last der Klimaanlagen zusammenbricht. Eine solche Entwicklung sollte in Deutschland vermieden werden. Staatliche Hilfe ist dabei nicht zu erwarten.

Strommangel ist nicht das Problem

Wenn immer mehr Menschen Klimaanlagen installieren, die ihren höchsten Strombedarf dann haben, wenn die PV-Anlagen am meisten liefern, ist die Gefahr von Stromengpässen eher gering. Dennoch kann es zu einer Überlastung der Verteilnetze kommen. Daher sollten Klimaanlagen und PV-Anlagen möglichst eng gekoppelt betrieben werden.

Sogenannte Mieterstrommodelle bieten hier einen Vorteil, da der Strom die Verteilnetze nicht belasten muss. Deswegen begrüßen die meisten Verteilnetzbetreiber auch den raschen Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern.

Dies reduziert zwar die Umsätze in den Verteilnetzen, verringert aber den genehmigungspflichtigen Netzausbau. Als Folge der Liberalisierung des Energiemarktes dürfen die Netzbetreiber ihre Netze nur noch mit Genehmigung der Bundesnetzagentur ausbauen.

Nach Angaben des VKU können die bestehenden Stromnetze die zusätzliche Belastung durch Klimaanlagen derzeit noch gut verkraften. Ob dies jedoch auch dann noch der Fall sein wird, wenn immer mehr Klimaanlagen installiert oder die neu installierten Wärmepumpenanlagen nicht nur im Winter zum Heizen, sondern auch im Sommer zum Kühlen betrieben werden, ist derzeit bis jetzt nicht geklärt.

Aus Sicht der Netzbetreiber erscheint es wichtig, dass sie Kenntnis über alle installierten Anlagen erhalten, da sie für die Netzsicherheit des Verteilnetzes verantwortlich sind. Eine Meldepflicht, wie sie für E-Mobility-Ladesäulen besteht, ist derzeit in Deutschland jedoch nicht vorgeschrieben.

Möglicherweise fallen in Zukunft auch Klimaanlagen unter den § 14a EnWG, der eine Reduzierung der Netzentgelte für diejenigen Verbraucher vorsieht, die mit dem Netzbetreiber eine Vereinbarung über die netzdienliche Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen oder von Netzanschlüssen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen abgeschlossen haben.

Modernisierung der Stromverteilnetze tut not

Mit der Energiewende und der damit verbundenen Elektrifizierung der Energieversorgung ist deutschlandweit auch ein massiver und schneller Ausbau des Stromnetzes erforderlich. Große Teile der bestehenden Stromnetze wurden unter anderen Voraussetzungen und für andere Anforderungen geplant und gebaut. Viele Leitungen sind mehrere Jahrzehnte alt. In den 1950er-Jahren gab es noch keine Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen, Smart Meter und Elektrofahrzeuge.

Auch wenn Netzbetrieb und Netzausbau in Deutschland streng reguliert sind, werden die Kosten für den Netzausbau direkt auf die Endverbraucher umgelegt. Wenn nun von politischer Seite ein Industriestrompreis von 4 Cent gefordert wird, wie aktuell vom wahlkämpfenden bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in München, dann bedeutet dies, dass die Netzausbaukosten voll auf die Tarifkunden umgelegt werden sollen.

Wer wäre für einen Kälteplan zuständig?

Da sich die Bundesregierung beim Thema Kälteplan für nicht zuständig erklärt und die Verantwortung auf die Verteilnetzbetreiber abwälzt, müssen diese nach Lösungen für ihr Versorgungsgebiet suchen. Dies muss nicht zwangsläufig zu einem genehmigungspflichtigen Ausbau der Stromverteilnetze führen, sondern wie im Wärmebereich zu einer verstärkten Bündelung der Erzeugung.

Dabei wird nicht jeder Nutzer eine eigene Anlage errichten, sondern analog zu den Fernwärmenetzen mit Anschlusszwang werden verstärkt Fernkältenetze entstehen. Noch sind solche Fernkältenetze in Deutschland auf wenige Ballungsräume beschränkt. Beispiele für Fernkältenetze gibt es in München, Chemnitz und Hamburg. Fernkältenetze sind wie ihre Pendants im Wärmebereich jedoch nur dann sinnvoll, wenn im versorgten Gebiet ein Anschlusszwang besteht und separate Klimaanlagen in diesem Gebiet nicht mehr zulässig sind.

Solche Kältenetze entlasten die Stromverteilnetze erheblich und können eine sichere Klimatisierung der angeschlossenen Verbraucher gewährleisten, da sie im Wesentlichen nur für die Regelungstechnik Strom benötigen.

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