Wahl in USA: Neokonservative geraten wegen JD Vance in Panik

Die Nominierung von JD Vance als Vizepräsident unter Trump hat für Unmut beim Parteitag der Republikaner gesorgt

(Bild: Consolidated News Photos/Shutterstock.com)

Der reflexhafte Militarismus der Bush-Cheney-Ära verblasst. Teile des republikanischen Establishments tun sich schwer damit. Ein Gastbeitrag von Jack Hunter.

Am Mittwoch ging auf X ein Bild viral, das darauf hinwies, dass einige der prominentesten Republikaner nicht an der Republican National Convention teilnehmen würden.

Falkenhafte Außenpolitik als republikanische Kernidentität

Es handelte sich um den ehemaligen Präsidenten George W. Bush, den ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence, den republikanischen Präsidentschaftskandidaten 2012 Mitt Romney, die ehemalige Kongressabgeordnete Liz Cheney aus Wyoming und den Vizepräsidentschaftskandidaten 2012 und ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan.

Alle diese Republikaner waren und sind der neokonservativen Version der "Grand Old Party" (der "großen alten Partei", GOP) verpflichtet, die ihre Partei vor zwei Jahrzehnten geführt und dominiert hat. Eine Fantasiewelt, in der die Bush-Cheney-Regierung der republikanische Archetyp blieb, in welcher der Einmarsch in den Irak die richtige Entscheidung war und in der Amerikas wichtigste Aufgabe heute darin besteht, Steuergelder in die Ukraine zu schicken, um einen endlosen Stellvertreterkrieg mit Russland anzuheizen.

Während ihrer Zeit war eine falkenhafte Außenpolitik die wichtigste Definition dessen, was es bedeutet hat, ein Republikaner zu sein. Diese Agenda ist auch heute noch Teil der Partei, vorwiegend in den Reihen des gefestigten Establishments. An der Parteispitze hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump jedoch erklärt, die Bush-Regierung habe die Amerikaner 2003 im Irak "belogen".

Sein Vizepräsidentschaftskandidat, Senator JD Vance aus Ohio, hat im Irak gedient, lehnt diesen Krieg jetzt vehement ab und hat sich auch lautstark gegen die Finanzierung des Russland-Ukraine-Krieges durch die USA ausgesprochen.

Neocons in der Defensive

Etwas ist jetzt anders.

Genau das ist der Grund, warum so viele Bushs, Cheneys, Romneys und ihre politischen Vettern diese Woche nicht in Milwaukee sind: Die Neokonservativen beherrschen die Partei nicht mehr.

Und sie sind wütend.

Nachdem Trump Vance als seinen Vizepräsidenten vorgestellt hatte, postete Liz Cheney, dass Vance "vor Russland kapitulieren und die Freiheit unserer Verbündeten in der Ukraine opfern" würde.

"Die Trump-GOP ist nicht mehr die Partei von Lincoln, Reagan oder der Verfassung", so Cheney weiter.

Es lohnt sich, die Leser daran zu erinnern, dass Reagan von den Neokonservativen seiner Zeit absolut verachtet wurde, weil er mit Russland verhandelte.

Der "Pate" der Neokonservativen, Bill Kristol, schrieb: "Die Eröffnungsnacht des republikanischen Parteitags hat ein klares Signal gesendet: Die Kräfteverhältnisse in der GOP haben sich verschoben. Dies ist eine isolationistische Partei. Wenn die Republikaner die diesjährigen Wahlen gewinnen, wird das erste Opfer dieses Rückzugs aus der Welt die Ukraine sein".

Jennifer Rubin von der Washington Post nannte Vance bereits vor seiner Nominierung eine "Marionette Putins". Nach der Nominierung von Vance stimmte der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Adam Kinzinger in Stephen Colberts Late-Night-Show Rubin zu und sagte: "Sie feiern diese Wahl, sowohl heute Abend in Milwaukee als auch in Moskau". Kinzinger beschuldigte Vance, "russische Argumente" zu verwenden.

Dies sind nur einige der Neokonservativen, die offen ihre Missbilligung gegenüber Vance und dem außenpolitischen Kurs der Republikanischen Partei zum Ausdruck brachten. Wahrscheinlich gibt es noch viele weitere, die verärgert sind – es aber politisch besser wissen, als dies laut zu sagen.

Trumps erster Vizepräsident Mike Pence hat sich nicht geäußert, ebenso wenig wie Romney oder Ryan.

Vorwürfe verhallen an der Basis

Wie Politico am Mittwoch berichtete, sind viele republikanische Falken "zu Tode erschrocken" über die Wahl von Vance. "Ex-Präsident Donald Trump hat hier nicht nur einen Kandidaten für die Präsidentschaftskandidatur ausgewählt – er hat politisches Kerosin in das wütende republikanische Feuer über die Außenpolitik gegossen", schrieb Politico.

"Indem er den 39-jährigen Senator J.D. Vance, einen der führenden nationalen Sicherheitspolitiker der Partei, als Kandidaten auswählte, stärkte Trump die isolationistischen Kräfte, die den seit der Reagan-Ära bestehenden Hardliner-Konsens der GOP aufbrechen wollen".

Als der Republikaner Ron Paul 2008 und 2012 als Präsidentschaftskandidat antrat, wurde ihm in der damals stark neokonservativ geprägten GOP oft vorgeworfen, er stelle sich mit seinen Antikriegspositionen auf die Seite der Feinde Amerikas. Diese Angriffe hatten oft Erfolg.

Doch sie funktionieren nicht mehr. Zumindest nicht an der republikanischen Basis. Die neokonservativen republikanischen Stimmen der Vergangenheit wie Cheney, Kristol oder Kinzinger, die Vance als Werkzeug Putins oder Schlimmeres bezeichneten, haben heute keine Wirkung mehr, wenn sie überhaupt noch jemand hört.

Die Partei hat sich verändert. Wie Jim Antle vom Washington Examiner über den diesjährigen Parteitag der GOP schrieb: "'Keine neuen Kriege' ist zum 'Keine neuen Steuern' dieses republikanischen Parteitags geworden, hoffentlich mit besseren Ergebnissen.

Wie Trump ist auch JD Vance kein perfekter Nicht-Interventionist. Aber im Moment verärgert seine Ernennung definitiv die richtigen Leute, zumindest diejenigen unter uns, die sich auf gleich welchem Teil des ideologischen Spektrums seit Langem für eine nichtinterventionistische Außenpolitik Amerikas einsetzen.

Es stimmt etwas nicht mit einem Land, das glaubt, dass ewiger Krieg seine Daseinsberechtigung ist. Nun stellen einige hochrangige Politiker diese Orthodoxie in einer Weise infrage, die die alte Macht in Aufruhr versetzt.

Genießen Sie den Augenblick.

Dieser Text erschien zuerst bei unserem Partnerportal Responsible Statecraft auf Englisch