Wie deutsche Steuern die Transatlantik-Lobby finanzieren
- Wie deutsche Steuern die Transatlantik-Lobby finanzieren
- Viel transatlantisch unterwegs: Die engsten Vertrauten von Scholz und Baerbock
- EU wehrt sich gegen Einflussnahme – aber auch gegen US-amerikanische?
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Regierung legt staatliche Zuwendungen offen. Ukraine-Krise verstärkt den traditionellen US-Einfluss auf Deutschland. Besonders das Grünen-nahe Zentrum Liberale Moderne sticht heraus.
Deutsch-Amerikanische Freundschaft ist nicht nur eine legendäre Elektropunk-Band. Transatlantische Einfluss- und Lobbyorganisationen, aber auch solche, die schlicht der Völkerverständigung dienen, blicken in Deutschland auf eine lange Tradition zurück.
Unter den einflussreichsten Lobbyisten für die amerikanische Sache finden sich bekanntere Organisationen wie der Atlantic Council, wo Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Vorträge über den Umgang mit Russland und China hält. Oder die Atlantik-Brücke, deren Mitglied Roderich Kiesewetter (CDU) kürzlich forderte, "den Krieg nach Russland zu tragen".
Die Rolle von Amerika-Häusern und US-Organisationen
Daneben gibt es aber auch weniger bekannte Organisationen wie den American Council on Germany oder den Koordinator für transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt. Weniger bekannt sind auch die sogenannten Amerika-Häuser, die unter der Schirmherrschaft der einflussreichen US Information Agency in der deutschen Nachkriegszeit entstanden sind (mehr dazu später).
Auf eines jener Amerika-Häuser, nämlich die Stiftung Bayerisches Amerikahaus GmbH, bezieht sich die AfD in einer kleinen Anfrage vom Juli 2023, zu der vor Kurzem die Antwort der Bundesregierung (Teil 1) erschienen ist. Genauer gesagt bezieht sich die Partei auf eine Liste von Partnerorganisationen, unter denen sich auch die bekannteren Namen finden.
Die Anfrage lässt sich auf eine einfache Frage herunterbrechen: Fließen in Deutschland Staatsgelder an Organisationen, die die Öffentlichkeit im Sinne der USA beeinflussen?
Nur "transatlantisch" oder doch US-gesteuert?
Ihrer Antwort fügt die Bundesregierung eine Liste von zwanzig transatlantisch ausgerichteten, als gemeinnützig deklarierten Organisationen mit Sitz in Deutschland bei, denen in den vergangenen zwei Jahren Fördermittel aus Steuergeldern zugesagt wurden.
In der Anfrage wird auch das Zentrum Liberale Moderne (LibMod) erwähnt, über das Telepolis bereits berichtet hat.
Die Denkfabrik um die Grünen Ralf Fücks und Marieluise Beck wird von der Bundesregierung in ihrer Antwort zwar ausdrücklich nicht als US-amerikanische NGO benannt, "der Vollständigkeit wegen" aber dennoch in der Liste mit aufgeführt.
Über die selbst bekundete transatlantische Ausrichtung von LibMod dürften indes keine Zweifel bestehen. Überdies saß der Gründungsgesellschafter und ehemalige US-Botschafter John Kornblum zeitweise im Leitungsgremium des American Council on Germany, der eng mit dem US-Thinktank Council on Foreign Relations und der Atlantik-Brücke verbunden ist. Das macht eine Nähe zur US-Lobby schwer bestreitbar.
Die aufgrund des Projekts "Gegneranalyse" in einen direkten Konflikt mit LibMod verwickelten Nachdenkseiten haben in Gestalt des ehemaligen Russia-Today-Redakteurs Florian Warweg kürzlich erstmals über die Anfrage berichtet.
LibMod: Großzügig unterstützt, aber gemeinnützig?
Die Anfrage der AfD bezieht sich zunächst auf die Förderung einschlägig bekannter US-Stiftungen aus privater Hand (etwa die Bill & Melinda Gates Foundation, George Soros’ Open Society Foundations und die Stiftungen der Familien Rockefeller und Ford). Erfragt wird aber auch die Unterstützung öffentlicher NGOs wie des American Council on Germany oder des Aspen Institutes.
Ihre Auskunft darüber fasst die Bundesregierung in besagter Liste zusammen. Eine direkte Förderung der genannten privaten Stiftungen erfolgt demnach nicht.
Bei den öffentlichen Zuwendungen hingegen sticht das Zentrum Liberale Moderne mit einer beachtlichen Fördersumme von rund fünf Millionen Euro heraus. Darin inbegriffen ist die jährliche institutionelle Förderung des Zentrums in Höhe von 500.000 Euro.
Die Förderungszwecke betreffen im Wesentlichen die "demokratisierende" Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Ukraine sowie die Republiken Moldau und Georgien, die im Zentrum des Konflikts zwischen Nato und Russland stehen.
Nach den Enthüllungen eines ehemaligen Mitarbeiters zur einseitigen Berichterstattung und dem undurchsichtigen Finanzierungsmodell von LibMod, weckt die Aufstellung der Bundesregierung erneut Zweifel an der "Gemeinnützigkeit" des staatsfinanzierten Thinktanks, den die verstorbene Grünen-Politikerin Antje Vollmer in einem aufsehenerregenden Telepolis-Interview 2022 als "Instrument eines ideologischen Lobbyismus" bezeichnet hat.
Von "Demokratiefestigung" zur Agrarwende im Westbalkan
Unter den größten Empfängern staatlicher Subventionen findet sich weiter der German Marshall Fund of the United States mit insgesamt 4,5 Millionen Euro.
Neben der jährlichen "Zustiftung" in Höhe zwei Millionen Euro fördert der Bund mit rund 500.000 Euro das Projekt "Cities fortifying democracy", das sich nach eigener Darstellung neben der Förderung einer informierten Wählerentscheidung unter anderem auch die inhaltliche Stärkung des Lokaljournalismus zum Ziel gesetzt hat. In Deutschland soll Frankfurt am Main den Vorreiter spielen.
Weitere große Steuermittel-Kontingente gehen mit fünf Millionen Euro an die Deutsch-Amerikanische Fulbright-Commission, die sich besonders dem Austausch unter Akademikern und Journalisten verpflichtet sowie an das Aspen Institute, das neben seiner jährlichen institutionellen Förderung von 500.000 Euro zusätzlich mit Projekt-Zuschüssen in Höhe von rund 800.000 Euro bedacht wird.
Die aufgeführten Aspen-Projekte sind größtenteils auf den Westbalkan ausgerichtet und umfassen neben dem Thema "Stabilität" auch die nachhaltige Umgestaltung der Agrarwirtschaft ("Green Agenda").
Wie aus der Antwort der Bundesregierung ebenfalls hervorgeht, hat Annalena Baerbocks Staatsministerin für Europa und Klima, Anna Lührmann (Grüne), im Dezember 2022 das Vorwort für eine entsprechende Publikation des Aspen Institutes verfasst.