Wie legitim ist Freiheitsentzug für Klimaaktivisten?

Seite 2: Globaler Klimaschutz und Ukraine-Krieg: Baerbock, Habeck und Scholz auf Spiralbahnen

Deutschland hat seine Klimaziele nicht erreicht, wie Telepolis-Autor Wolfgang Pomrehn noch einmal herausstellt.

Anzunehmen ist, dass bei der letzten Bundestagswahl nicht wenige die Grünen und das Poster-Duo Annalena Baerbock und Robert Habeck gewählt haben, damit der Klimaschutz in der Bundespolitik mehr Priorität bekommt. Doch zeigt sich, dass der Ukraine-Krieg bei den Grünen-Politikern für Kipppunkte bei ihren Umwelt- und Klimaschutz-Versprechen gesorgt hat.

Auf der UN-Klimakonferenz COP27 in Scharm El-Scheich haben Bundesaußenministerin Baerbock und Bundeswirtschaftsminister Habeck nun versucht, die Prioritäten ihrer Politik der letzten Monate zu erklären, wie Telepolis-Redakteurin Claudia Wangerin berichtet.

Anders, als ihr Handeln in letzter Zeit vermuten lässt, erkennen sie in einer gemeinsamen Erklärung an: "Die Klimakrise ist die größte Sicherheitsherausforderung, vor dem die Menschheit im 21. Jahrhundert steht – und gegen sie zu handeln ist jetzt dringlicher denn je." Es folgt aber sofort eine Begründung, warum ein solches Handeln aktuell kaum möglich sei: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine untergrabe "das internationale Vertrauen, das wir für erfolgreichen globalen Klimaschutz brauchen". Russlands Präsident Wladimir Putin habe mit dem Angriff "eine geopolitische Polarisierung befeuert, wie es sie seit dem Kalten Krieg nicht gab".

Warum es nicht möglich ist, einfach im eigenen Land mit effektivem Klimaschutz anzufangen?, fragt der Beitrag von Claudia Wangerin und zeigt, wie sich beide Grünen-Politiker und Kanzler Scholz mit Erklärungen winden.

Der bislang knalligste Satz zur gemeinsamen Menschheitsanstrengung (moderat und nachdenklich in einem sehenswerten Interview von Bruno Latour mit arte so formuliert: "Wie bleibt unser Planet bewohnbar?") auf der COP27 stammt auf der von UN-Generalsekretär António Guterres: "Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle."

Das ist nicht weit weg von der Ausgangsposition der Aktivisten der Letzten Generation, die in der Twitteröffentlichkeit von Medienaktivisten als Kriminelle abgekanzelt werden. Man kennt den gegenwärtigen Zug ins moralisch Eindeutige, bei dem beide Lager, Gegner wie Unterstützer, leicht aufspringen.

Entrüstung ist der zeitgeistnächste Affekt, der sich auf dem affektverknallten Twitter-Dings austobt, aber Politiker sollten mit Symbolpolitik, die sie offenbar schlecht verstehen und die die Radikalisierung vorantreibt, vorsichtig sein.