Wie sicher sind die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?
Seite 4: Mehr als die Hälfte der 12- bis 17-Jährigen wenigstens einmal geimpft
- Wie sicher sind die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?
- Anaphylaktische Reaktionen
- Bewertungen der Meldungen schwerwiegender unerwünschter Reaktionen
- Mehr als die Hälfte der 12- bis 17-Jährigen wenigstens einmal geimpft
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Nach Angaben des RKI waren zum Zeitpunkt der Auswertung 52,9 Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren mindestens einmal und 46,4 Prozent vollständig geimpft.
Die Daten der Spontanerfassung mit der SafeVac 2.0-App zeigen, dass vorübergehende und kurzfristig andauernde Lokal- und Allgemeinreaktionen am häufigsten gemeldet werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe sind sehr selten berichtete Fälle von Myo-/Perikarditis.
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist der Verlauf der Erkrankungen zumeist milde. Die Symptome klingen bei der überwiegenden Mehrzahl der betroffenen Patienten innerhalb kurzer Zeit vollständig ab.
Um den weiteren Verlauf einer Myokarditis bei Kindern und Jugendlichen nach Covid-19-Impfung zu untersuchen, führt das PEI gemeinsam mit dem MYKKE-Kindermyokarditisregister eine Langzeitstudie durch.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen:
1. Die im aktuellen Sicherheitsbericht des PEI beschriebenen schwerwiegenden Nebenwirkungen und Komplikationen nach Impfung mit den vier in Deutschland zugelassenen genetischen Vakzinen, den beiden mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax und den beiden Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen, sind zum Zeitpunkt der bedingten Zulassung Ende Dezember 2020 noch nicht aufgefallen, sondern erst im Laufe der anschließenden Impfkampagne.
2. Die angegebenen Häufigkeiten beruhen vorwiegend auf relativ "weichen" wissenschaftlichen Daten, den Melderaten der etablierten Meldesysteme in Deutschland und anderen Ländern. Dabei besteht ein systemisches "underreporting", wobei ich zur Problematik der Dunkelziffern bei Nebenwirkungen auf meine Ausführungen im Telepolis-Artikel "Wie sicher sind die vier in der EU zugelassenen genetischen Covid-19-Impfstoffe?" verweise. Außerdem handelt es sich um retrospektive Daten, die in der Hierarchie der wissenschaftlichen Evidenz eine geringere Beweiskraft aufweisen als prospektive Daten, z.B. aus randomisierten kontrollierten Studien.
3. Anaphylaktische Reaktionen sind sehr seltene akute Komplikationen aller vier zugelassenen Covid-19-Impfstoffe mit einer Melderate von weniger als 1 Fall pro 100.000 Impfungen.
4. Das Auftreten einer Myokarditis bzw. Perikarditis ist eine sehr seltene ernste Nebenwirkung der mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax. Die Daten zeigen ein erhöhtes Risiko bei jungen Männern nach der zweiten Dosis an, wobei die Melderate bei 18- bis 29-jährigen Männern bei Spikevax (ca. 26 Fälle bei 100.000 Impfungen) höher zu sein scheint als nach Comirnaty (ca. 10 Fälle pro 100.000 Impfungen). Deshalb empfiehlt die Stiko vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahren.
5. Das Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) ist eine schwerwiegende, sehr seltene und in einigen Fällen auch tödliche Impfkomplikation der Vektor-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen. Die Melderaten pro 100.000 Impfungen betragen 1,6 Fälle für Vaxzevria bzw. 0,7 Fälle für Covid-19-Vaccine Janssen.
6. Sehr selten können Personen, die mit Vaxzeria bzw. Covid-19-Vaccine Janssen geimpft werden, eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems, ein Guillain-Barre'-Syndrom, entwickeln. Die Melderaten betragen 0,88 bzw. 1,89 Fälle pro 100.000 Impfungen.
7. Als eine weitere schwerwiegende sehr seltene mögliche Nebenwirkung von Vaxzevria wird eine Thrombozytopenie (Immunthrombozytopenie) aufgeführt, die zu lebensbedrohlichen Blutungen Anlass geben kann.
8. Der 16. Sicherheitsbericht des PEI führt auch 1.919 Verdachtsfallmeldungen über einen tödlichen Ausgang in unterschiedlichen zeitlichen Abstand zur Impfung auf. In 78 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten Impfkomplikationen wie den oben genannten in plausiblem Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das PEI den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich angenommen.
9. Bei den seit Ende Mai 2021 durchgeführten Impfungen von Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren mit dem Impfstoff Comirnaty sind bei den unerwünschten Impfreaktionen von besonderem Interesse vor allem die Meldungen über Myo- und Perikarditis am bedeutsamsten, wobei auch einzelne Todesfälle in Betracht zu ziehen sind.
10. Wenn ich unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des 16. Sicherheitsberichts eine Nutzen-Risiko-Abwägung der Impfung mit den derzeitig verfügbaren Covid-19-Vakzinen durchführe, komme ich zu dem Ergebnis, dass diese bei älteren Personen bzw. Erwachsenen und solchen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf eindeutig positiv ausfällt. Angesichts des Auftauchens der Omikron-Variante wäre es deshalb wünschenswert, wenn sich die vielen Millionen noch nicht-geimpfter Erwachsener aufgrund einer rationalen Nutzen-Risiko-Abwägung möglichst bald zu einer Impfung entschließen würden.
11. Die Impfempfehlung für gesunde Kinder und Jugendliche bleibt für mich aber weiterhin fragwürdig.5
12. Falls die neue Omikron-Variante zu schwereren Krankheitsverläufen bei Kindern und Jugendlichen führen sollte, müsste diese Einschätzung jedoch überdacht werden. Drei deutsche Kinderärzteverbände haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme vor einigen Tagen zu dieser Frage geäußert und schreiben, wobei diese Feststellung zum jetzigen Zeitpunkt jedoch mit Vorsicht zu betrachten ist6:
Die Erkrankungsschwere liegt nach neuen Erkenntnissen allerdings in allen Altersgruppen deutlich unter der der Delta-Variante.
Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.