Wieso Deutschland bei grünem Wasserstoff nicht vorankommt

Deutschland setzt bei der Energiewende auf grünen Wasserstoff. Bei Produktion und Infrastruktur gibt es erhebliche Probleme. Wo es warum hakt.

Grüner Wasserstoff ist ein zentraler Baustein der Energiewende in Deutschland. Um den umweltfreundlichen Energieträger herzustellen, wird viel Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonnenenergie (Photovoltaik) und Windkraft benötigt. Mit ihrer Hilfe wird Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten.

Eine alternative Methode zur Gewinnung von Wasserstoff ist die sogenannte dunkle Fermentation. Dabei werden Schlachtabfälle und andere Reststoffe aus der Lebensmittelproduktion sowie zuckerhaltige Abwässer zur Wasserstoffgewinnung genutzt. Diese Methode bietet eine innovative Möglichkeit, Abfallprodukte sinnvoll zu verwerten und gleichzeitig Wasserstoff zu erzeugen.

Deutschlands Abschied von fossilen Brennstoffen

Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend von den klassischen fossilen Energieträgern wie der Steinkohle verabschiedet. Der zuletzt nur mit massiven Subventionen aufrechterhaltene Steinkohlebergbau gehört der Vergangenheit an.

Im Saarland endete der Steinkohlebergbau nach zahlreichen Erdbeben offiziell am 30. Juni 2012. Im Ruhrgebiet schloss mit Prosper-Haniel Ende 2018 die letzte Zeche. Damit endete eine Ära und begann ein neues Kapitel in der deutschen Energiepolitik.

Auch die Zukunft der weniger energiereichen Braunkohle ist ungewiss. Offen ist, ob sich die ausgekohlten Gebiete in attraktive Seenlandschaften verwandeln lassen und ob die Renaturierung finanziell tragbar ist. Ein Beispiel für die damit verbundenen Herausforderungen ist der Cottbuser Ostsee.

Fracking in Deutschland: Eine umstrittene Alternative

Die Möglichkeit, in Deutschland Erdgas durch unkonventionelles Fracking zu gewinnen, wird kontrovers diskutiert. Im Gegensatz zum konventionellen Fracking ist diese Methode in Deutschland seit einigen Jahren nicht mehr erlaubt.

Dennoch könnte Fracking in Bundesländern wie Niedersachsen und Bayern theoretisch eingesetzt werden, um die Abhängigkeit von Gasimporten zu verringern. Umweltbedenken und politische Widerstände stehen einer solchen Entwicklung jedoch häufig entgegen.

Herausforderungen bei der Infrastruktur für Wasserstoff

Obwohl Wasserstoff und die dafür notwendige Infrastruktur in Deutschland bereits seit den 1980er-Jahren diskutiert werden, hat sich in der Praxis wenig getan. Dies liegt primär daran, dass Erdgas lange Zeit in großen Mengen und zu günstigen Preisen aus Ländern wie den Niederlanden, Norwegen und Russland zur Verfügung stand.

Die aktuelle Situation, insbesondere die Unterbrechung der Lieferungen durch die Nord-Stream-Pipeline, hat jedoch zu einem Umdenken geführt.

Die verbesserte Wärmedämmung vieler Gebäude hat den Energiebedarf für Heizzwecke reduziert, sodass Ausbau und Unterhalt der Erdgasnetze zunehmend unrentabel werden. Der weitere Ausbau der Gasnetze ist damit abgeschlossen und für eine Umrüstung der bestehenden Netze auf H2-ready fehlen sowohl die finanziellen Mittel als auch die Anreize.

Deutschlands Abhängigkeit von Importen in der PV- und Windkrafttechnik

Die inkonsistente Politik Deutschlands im Bereich der Photovoltaik hat dazu geführt, dass die meisten Unternehmen der Solarindustrie verschwunden sind. Die verbliebenen Unternehmen könnten abwandern, weil sich die Produktion in Deutschland nicht mehr lohnt. Dies liegt nicht zuletzt an den offensichtlich besseren Standortbedingungen in anderen Ländern.

Ähnliche Probleme bestehen in der Windindustrie, die in den vergangenen Jahren viele Produktionsstandorte in Deutschland aufgegeben hat.

In Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen, ist ein Standort mit schnell und abrupt wechselnden Förderbedingungen angesichts der hohen Produktionskosten in Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig.

Wenn Deutschland die erneuerbaren Energien ausbauen will, kommt es um den Import der benötigten Anlagen nicht mehr herum. Der schrumpfende Riese ist längst auf Importe von Ökostromanlagen angewiesen.

Import von grünem Wasserstoff als Lösung?

Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland wird durch weitere Faktoren erschwert. In Süddeutschland ist der Ausbau der erneuerbaren Energien nur zögerlich vorangekommen. Zudem wird der Bau von sogenannten Stromautobahnen von Nord nach Süd behindert.

Dies führt nun dazu, dass in Süddeutschland kaum Überschussstrom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht, der für eine kostengünstige Wasserstoffproduktion genutzt werden könnte.

Die Hoffnungen ruhen daher auf grünem Wasserstoff aus Ländern mit niedrigen Gestehungskosten, wie z. B. Namibia. Ob sich diese Hoffnungen erfüllen und sich der Transport nach Deutschland lohnt, ist allerdings noch ungewiss. Zudem sind mit dem Transport zahlreiche Risiken verbunden.

Grüner Wasserstoff im Luftverkehr

Eine Anwendung, die derzeit in Deutschland kaum diskutiert wird, ist der Einsatz von Wasserstoff im Luftverkehr als Ersatz für Kerosin. Wächst der Luftverkehr weiter wie in den vergangenen Jahren, wird der Druck, klimafreundlichere Treibstoffe einzusetzen, weiter zunehmen.

Da Flugzeuge mit einer Lebenserwartung von bis zu 30 Jahren einen entsprechenden Zeitraum benötigen, bis die Flotten ausgetauscht sind, muss für diesen Zeitraum eine doppelte Treibstoffinfrastruktur vorgehalten werden, was letztlich die Treibstoffpreise in die Höhe treibt.

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