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Seite 3: Neue Drohne "FEMALE" soll um ein Drittel größer sein

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Inzwischen verfolgt EADS die Entwicklung von "Talarion" unter dem Namen "Future European MALE" ("FEMALE"). Die Drohne baut auf den alten Konstruktionsplänen auf, ist aber um etwa ein Drittel höher skaliert. Das Abfluggewicht liegt bei rund 11 Tonnen, die Triebwerke sollen entsprechend modifiziert werden.

Im Sommer 2012 nahm sich der Verteidigungsminister Thomas de Maizière der Sache an. In der Öffentlichkeit machte er sich mehrfach dafür stark, "eine europäische Drohne zu entwickeln, die hoffentlich in den Jahren nach 2020 auch einsatzfähig verfügbar ist". Der Cassidian-Chef Bernhard Gerwert kam laut eigener Auskunft im gleichen Jahr mit dem Verteidigungsminister in Manching zu einem Vier Augen-Gespräch zusammen. Demnach sprachen die beiden am im Dezember über die neue EADS-Drohne:

Das Hauptthema war überhaupt: Wie kann man ein European MALE realisieren? Was heißt das in Richtung der Budgetzwänge? Was heißt das in Richtung der Entwicklungszeiträume? Was heißt das in Richtung potenzieller Partner? Das war der Hauptpunkt. Das war auch nur ein Teil des Gespräches.

Staatssekretär Beemelmans im Untersuchungsausschuss

EADS habe laut Beemelmans auch weiterhin "sehr intensiv bei uns lobbyiert oder geworben für das Projekt". Später habe sich der Cassidian-Chef Gerwert bei ihm für die Unterstützung bedankt. Inzwischen hat EADS Cassidian die Firmen Dassault Aviation und Alenia Aermacchi als Partner gewinnen können.

Im Sommer 2012, zur gleichen Zeit als de Maizière in der Öffentlichkeit politische Unterstützung für eine Serienproduktion signalisiert, gelang EADS ein spektakulärer Coup: Unter noch ungeklärten Umständen wurde das "FEMALE" bei einer Untersuchung der Bundeswehr zu "Alternativen zur Trägerplattform Euro Hawk" berücksichtigt. Gesucht wurde ein Flugzeug, mit dem die Bundeswehr ihr von EADS gebautes Signalerfassungssystem ISIS zukünftig transportieren kann. Durchgeführt wurde die Untersuchung vom Rüstungsdienstleister IABG.

Geprüft wurden insgesamt 37 bemannte und unbemannte Plattformen, 11 kamen in die engere Wahl. Die IABG empfiehlt die Alternativen "Airbus 319" und die "Heron TP", beides Projekte unter Beteiligung von EADS. Obwohl das "FEMALE" noch am Anfang der Entwicklung steht, wird die EADS-Drohne ebenfalls eine der drei Alternativen zum "Euro Hawk" gehandelt und sogar als kostengünstigste Lösung gepriesen. Veranschlagt werden Kosten von rund 1,3 Milliarden Euro. Vorteilhaft sei laut IABG, dass wegen der grundsätzlichen neuen Entwicklung des "FEMALE" eine Zulassung für den zivilen Luftraum zu erlangen wäre. Allerdings sei das System erst 2023 verfügbar.

Cassidian schrieb an wichtiger Studie mit

Im Untersuchungsausschuss erklärten Beemelmans, Wolf, de Maizière und Cassidian-Chef Gerwert, das Ergebnis der IABG-Studie nicht zu kennen. Geheimnisvoll deutete Gerwert jedoch an, von der darin vorgeschlagene Alternative, das Spionagesystem zu zerlegen und auf zwei "Heron TP" aufzuteilen, zu wissen.

Ebenfalls bekannt wurde, dass Cassidian wesentliche Teile der Studie selbst schreiben durfte. Gerwert behauptete, er habe keine Ahnung welche Unterlagen hierzu an die IABG gingen. Von deren Umfang habe er erst jetzt erfahren, die Weitergabe sei wohl durch "Mitarbeiter" erfolgt. Gleichzeitig erwähnt er, dass das neue "FEMALE" bereits in sieben Jahren, also 2020, fertig entwickelt sein könnte. Dieses Datum ventiliert auch der Verteidigungsminister in seinen politischen Statements.

Um bei der Entwicklung des "FEMALE" über ausreichend Kompetenzen zu verfügen, wurde in Ottobrunn der "Bavarian International Campus Aerospace and Security" (BICAS) eingeweiht. "Wissenschaft und Industrie bündeln ihre Kräfte in gemeinsamen Forschungsvorhaben auf den Gebieten der Luft- und Raumfahrt sowie der Öffentlichen Sicherheit", erklärt die federführende IABG. Schwerpunkte des BICAS sind "Öffentliche Sicherheit, Integrierte Systeme sowie Autonome Flugsysteme". Zu den weiteren Beteiligten des neuen Exzellenzclusters zählen EADS, Airbus und die Bundeswehr - mithin alle Akteure, die laut der IABG-Studie vom Scheitern des "Euro Hawk" profitieren könnten. Der BICAS wurde von maßgeblich von der der CDU/CSU initiiert. EADS hat dort bereits EADS 60 Millionen Euro investiert, weitere 30 Millionen kamen von der IABG.

Um einem zukünftigen "FEMALE" Absatzmärkte auch im Ausland zu eröffnen, traf sich der deutsche Verteidigungsminister mit Amtskollegen in Frankreich, Großbritannien und in den USA. Die Angelegenheit bestimmte dieses Jahr auch die Münchener Sicherheitskonferenz, Thema waren mögliche Zulassungsverfahren der zukünftigen europäischen Drohne. Frankreich und Deutschland haben angekündigt, im Bereich militärisch genutzter Drohnen mehr miteinander zu kooperieren. Jedoch entschied sich Frankreich mittlerweile für den Einsatz in Mali zur Beschaffung von 16 "Reaper"-Drohnen aus den USA. Inzwischen wurde die Absicht einer engen deutsch-französischen Zusammenarbeit aber erneuert.

Mehr zivil-militärische Kooperation für EADS-Drohne

Nach eigenen Angaben wirbt der deutsche Verteidigungsminister bei NATO und EU für noch mehr europäische Anstrengungen: Auf seine Initiative befasse sich etwa die Europäische Verteidigungsagentur mit der Thematik. Gespräche habe er dazu auch mit dem Auswärtigen Dienst und der EU-Kommission geführt (De Maizière stärkt die internationale Zusammenarbeit zivil-militärischer Luftfahrtbehörden). Im Ergebnis kündigte die EU an, Fragen der luftfahrtrechtlichen Zulassung zivil und militärisch genutzter Drohnen zukünftig gemeinsam zu betreiben.

Hierzu soll nun die EU-Agentur für Flugsicherheit mit Sitz in Köln stärker mit der Verteidigungsagentur zusammenarbeiten. Konkret geht es um Erfahrungen aus dem EU-Forschungsprojekt MID-air Collision Avoidance System (MIDCAS). Das Vorhaben will Ausweichverfahren entwickeln, um etwa beim Ausfall der Funkverbindung programmierte Manöver zu fliegen. Bis 2014 ist eine erfolgreiche Demonstration vorgesehen.

Beteiligt sind die größten europäischen Militärausrüster aus Spanien, Frankreich und Italien unter Führung der schwedischen Firma Saab. Für Deutschland gehört EADS Cassidian zu den Partnern von MIDCAS. Die Studie untersucht die Gleichstellung mit der bemannten Luftfahrt und befördert die europäische Angleichung entsprechender Standards und Verfahren. Das Projekt ist damit bestens geeignet, das Ziel von EADS - eine Integration seiner großen Drohnen in den zivilen Luftraum - über die EU-Ebene einzufädeln.