Wird Obama im November wiedergewählt werden?

Politologen haben ein einfaches Modell entwickelt, das anhand von nur drei Faktoren eine Vorhersage für US-Präsidentschaftswahlen machen kann

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Kann man das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen vorhersagen? In den USA lässt sich wie in anderen Ländern der Wahlausgang anhand der wirtschaftlichen Situation des Landes und der Beliebtheit des Amtsinhabers ganz gut abschätzen. Wahlprogramme spielen dabei keine so große Rolle, allerdings können kurz vor der Wahl natürlich wichtige Ereignisse stattfinden (Kriege, Katastrophen, Pleiten, Skandale etc.), die die Vorhersage jederzeit durchkreuzen können. Anhand der beiden Kriterien hat etwa Angela Merkel gute Chancen, die nächste Bundestagswahl zu gewinnen, sofern die Euro-Krise ihr keinen Strich durch die Rechnung macht.

Ezra Klein, der den Wonkblog bei der Washington Post betreibt, hat die drei Politologen Seth Hill von der Yale University, John Sides von der George Washington University und Lynn Vavreck von der UCLA gebeten, ein Modell zur Vorhersage auf der Grundlage von möglichst wenigen Kriterien zu erstellen. Daraus ergab sich dann ein Modell mit nur drei Kriterien, mit denen sich angeblich besonders gut der Wahlausgang vorhersagen lässt:

  • das Wirtschaftswachstum im Wahljahr, gemessen mit dem Unterschied des BIP während der ersten drei Quartalen
  • die Zufriedenheitswerte des amtierenden Präsidenten im Juni
  • und die Tatsache, ob einer der Kandidaten der amtierende Präsident ist.

Mit diesen drei Werten, so Klein, habe man 12 der letzten 16 Präsidentschaftswahlen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 3 Prozent vorhersagen können. Das allerdings ist ziemlich viel, schließlich gehen die Präsidentschaftswahlen in den USA oft sehr knapp aus. Nach dem Modell hat jedenfalls Obama gute Chancen zu gewinnen, selbst wenn das Wirtschaftswachstum sehr gering ist. Und sogar, wenn es kein Wachstum gäbe und seine Zustimmungsrate gerade einmal bei 45 Prozent liegt, hat er eine fünfzigprozentige Gewinnchance.

Klein hat das Wahlvorhersage-Modell online gestellt, so dass jeder selbst damit herumspielen und Werte einsetzen kann, um zu sehen, was dabei herauskommt. Selbst wenn die Zustimmungsrate sehr niedrig ist, hat Obama gute Chancen zu gewinnen, wenn das Wirtschaftswachstum über 1 Prozent liegt. Und selbstverständlich hätte er auch guten Chancen, wenn die Zustimmungsrate hoch und es ein geringes negatives Wirtschaftswachstum gäbe. Letztendlich schlägt in diesem Modell immer der Bonus des Amtsinhabers durch.

Bei den 16 Präsidentschaftswahlen seit 1948, die Klein sich angeschaut hat, verloren tatsächlich nur drei Amtsinhaber. Jimmy Carter und George H.W.Bush hatten vermutlich wegen der schlechten Wirtschaftslage keine Chance, Gerald Ford wurde nach dem Rücktritt von Richard Nixon aufgrund des Watergate-Skandals Präsident und verlor sehr knapp gegen Jimmy Carter. Richtig vorhergesagt wurden zwar die Wahlsiege von Obama, von H.W.Bush im Jahr 1992 und von Nixon im Jahr 1972, aber die wirklichen Ergebnisse waren sehr viel knapper, was darauf hinweist, so Klein, dass die drei Kriterien in den USA bei einer Wahl in einem Zwei-Parteien-System zwar ganz gute Vorhersagen liefern, aber natürlich doch noch viele andere Faktoren herein spielen.

Das schöne, einfache Modell ist eine Spielerei, aber es macht doch ernüchternd darauf aufmerksam, dass Vieles, was mit großem Getöse im Wahlkampf inszeniert und gedeutet wird, für das Ergebnis kaum eine Rolle zu spielen scheint, inklusive der Personen.