Wird der Ladestrom für E-Mobile rationiert?

BMW-Wandladestation. Foto: Mariordo (Mario Roberto Duran Ortiz). Lizenz: CC BY-SA 4.0

Noch sind bei weitem nicht so viele E-Mobile unterwegs wie von der Politik gefordert, da werden potentielle Nutzer schon davor gewarnt, dass sie künftig möglicherweise nicht so schnell laden dürfen, wie sie technisch könnten

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"Stromnetzbetreiber aus mehreren EU-Ländern wollen ab 2021 den Ladestrom an privaten Ladestationen beschränken. So soll verhindert werden, dass es in Spitzenzeiten zur Überlastung der Verteilernetze kommt. Das könnte Deutschlands Elektro-Pläne bremsen", orakelte Focus vor wenigen Tagen.

In erster Linie bestärkt eine derartige Meldung die Fraktion der Liebhaber konventioneller Fahrzeuge, die von Kraftstoffen angetrieben werden, die aus Mineralöl raffiniert werden. Dass es in Deutschland immer weniger Tankstellen gibt und man zum Tanken gerade auf dem Land immer weiter fahren muss, interessiert dabei die Wenigsten. Das wird offensichtlich als eine Art Naturgesetz wahrgenommen.

"Das Tankstellensterben geht weiter -die Anzahl der Tankstellen in Deutschland fällt auf rund 14.500 im Jahr 2019. Im Jahr 1970 belief sich der Tankstellenbestand in Deutschland noch auf über 46.000", meldete Statista am 9. August 2019.

Was steckt hinter der Meldung von der Begrenzung des Ladestroms?

Die Befürchtung, dass die Niederspannungsnetze beim gleichzeitigen Laden von E-Mobilen zusammenbrechen könnten, ist keinesfalls neu. Zwar müssen Ladepunkte gemäß den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der Netzbetreiber ab einer Anschlussleistung > 4,6 kW (kVA) dort gemeldet werden und Ladesäulen mit einer Anschlussleistung > 12 kVA sind sogar genehmigungspflichtig.

Dass eine erteilte Genehmigung nur eine befristete Gültigkeit von beispielsweise vier Monaten besitzt und innerhalb dieses Zeitraumes in Betrieb genommen werden muss, hängt damit zusammen, dass der Netzbetreiber sich dagegen absichern will, dass er die Leistung bereitstellt und diese dann nicht abgefragt wird. Letztlich handelt es sich hier um das klassische Henne und Ei-Problem. Solange die Anzahl der E-Mobile nicht deutlich zunimmt, lohnt sich in vielen Fällen auch der Ausbau der Netzinfrastruktur nicht. Will man den Netzausbau vorantreiben, damit die Ladeinfrastruktur so dicht und leistungsfähig ist, dass alle politisch gewünschten E-Mobile jederzeit mit höchster Leistung laden können, dann muss die Politik auch die dafür benötigten Gelder bereitstellen.

Was letztlich hinter der Meldung bei Focus steht, die immer weiter zugespitzt von zahlreichen anderen Medien übernommen wurde, ist das Modell des sogenannten intelligenten Ladens. Dabei kann der private Betreiber eines Ladepunktes seinem Lieferanten die Möglichkeit einräumen, den Ladestrom zu begrenzen, wenn dies für den Netzbetrieb sinnvoll ist. Dafür werden im auf der Kostenseite bestimmte Vorteile eingeräumt.

Derartige Flexibilitäten gibt es auch im Zusammenhang mit industriellen Stromlieferverträgen, wo es unterschiedliche Abschaltoptionen gibt, welche jeweils ersteigert werden können.

Statement des BDEW zur Focus-Meldung

Telepolis hat den deutschen Verband BDEW um eine Stellungnahme zur Focus-Meldung gebeten, welche eine BDEW-Sprecherin wie folgt abgab:

"Es wird suggeriert, dass ab 2021 der Strom für das private Laden von E-Autos begrenzt werden soll. Das entspricht nicht den Fakten. Beim sogenannten "netzdienlichen Lademanagement" geht es vielmehr darum, dass Nutzer ihr E-Auto zeitversetzt und in Zeiten geringerer Stromnachfrage laden.

Dem Kunden entsteht dadurch kein Nachteil, zumal er oftmals sogar preisliche Anreize hierfür erhält. Durch "intelligentes Lademanagement" wird es zum einen möglich, in großem Umfang private Ladeinfrastruktur sofort anzuschließen. Zum anderen trägt es zur Entlastung der lokalen Netzinfrastruktur bei. Dass "intelligentes Lademanagement" in der Praxis gut funktioniert, zeigt zum Beispiel die E-Mobility-Allee von Netze BW.

Die Energiewirtschaft hat das Stromnetz so gut ertüchtigt, dass schon heute bis zu 13 Millionen Elektrofahrzeuge laden könnten. Das entspricht 30 Prozent des deutschen PKW-Bestandes. Darüber hinaus bereitet sich die Energiewirtschaft kontinuierlich auf mehr E-Autos vor. Wie der Monitoring-Bericht der Bundesnetzagentur zeigt, ist die Stabilität der Stromnetze auch auf lokaler Ebene - also im Niederspannungsbereich - sehr gut.

Selbstverständlich schreitet der Netzausbau auch für die Integration der Elektromobilität weiter voran. Angesichts der geringen Anzahl von E-Autos im Markt, spielt dieser Faktor bisher allerdings eher auf der planerischen Ebene eine Rolle: So werden in Neubaugebieten entsprechende Kapazitäten vorgesehen und Zusatzinvestitionen für Ertüchtigungsmaßnahmen im bestehenden Netz getätigt. Auch werden im Niederspannungsbereich Technologien verbaut, die das Netz "intelligent" machen. All das dient dazu, die Fahrt frei zu machen für einen schnelleren Erfolg der Elektromobilität."