Zukunft der Deutschen Bahn: Welche Folgen ihre Zerschlagung haben könnte

Seite 2: Zerfall in CSU-Regie

Derzeit verdient die Deutsche Bahn praktisch kein Geld mit der Beförderung von Personen und Gütern, sondern vor allem mit den hohen Trassengebühren, die Konkurrenzunternehmen für die Nutzung des Netzes entrichten müssen.

Allerdings werden die Einnahmen seit Jahrzehnten nicht im erforderlichen Umfang in die Instandhaltung und Modernisierung von Schienenwegen und Bahnhöfen investiert. Oder anders: Man hat das System Bahn systematisch verrotten lassen, wobei die Politik dem Treiben praktisch tatenlos zugesehen hat – verkörpert auch durch vier Bundesminister mit CSU-Parteibuch (Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt, Christian Schmidt, Andreas Scheuer).

Dass allein durch die propagierte "Gemeinwohlorientierung" die Weichen neu gestellt werden, erscheint deshalb längst nicht ausgemacht. Kritiker wie die vom Bündnis "Bahn für Alle" sehen darin vielmehr eine Nebelkerze, die über weiter reichende Zerschlagungs- und Privatisierungspläne hinwegtäuschen soll. Der Niedergang der Bahn wäre demnach nur ein Akt schöpferischer Zerstörung, mit dem Ziel, am Ende die Privaten den Karren aus dem Dreck ziehen zu lassen.

"Die Unionsparteien fordern einen Umbau der Bahn nach britischem Vorbild", beklagte am Montag Bündnissprecher Carl Waßmuth in einem Pressestatement. "Statt am besten Bahnsystem in Europa, dem der Schweiz, sollen wir uns am schlechtesten orientieren."

Tatsächlich hat sich die Ampel per Koalitionsvertrag ausdrücklich dazu bekannt, die Eisenbahnverkehrsunternehmen "markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb" weiterzuführen. "Bahn für Alle" nennt es "Doppeldeutigkeit", wenn einerseits die Trennung von Netz und Fahrbetrieb gepriesen und andererseits das hohe Lied auf den Wettbewerb gesungen werde.

Gelb-grüne Privatisierer

"Gleichzeitig trennen und nicht trennen geht nicht", monierte Waßmuth. Die Unklarheit räche sich nun, indem CDU und CSU den Finger in die Wunde legen und sich "um eine inoffizielle Jamaika-Koalition in Sachen Bahn" bewerben würden, "eventuell bis hin zu einer Grundgesetzänderung".

Eigentlich präferieren FDP und Grüne eine viel radikalere Lösung bis hin zu einer Privatisierung des Staatskonzerns, was der SPD-Basis und den Gewerkschaften schwer vermittelbar ist. Die Sozialdemokraten müssten jetzt "Farbe bekennen", bekräftigte Waßmuth. "Statt die Bahn zu zerschlagen und auch den Fernverkehr der Privatisierung preiszugeben, muss endlich im Sinne des Klimaschutzes gesteuert werden."

Das entspricht der Haltung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). "Die Eisenbahnfamilie lässt sich nicht für Wettbewerbswahn und eine falsche Verkehrspolitik zerschlagen", erklärte heute der Bundesvorsitzende Martin Burkert. Durch eine Trennung von Netz und Betrieb gingen Synergieeffekte verloren und entstünden "zahlreiche neue Schnittstellen". Struktur- und Rechtsformdebatten dürften die Eisenbahnbranche nicht auf Jahre lähmen und Ressourcen binden, "Zeit, die wir angesichts eines ungebremst fortschreitenden Klimawandels nicht haben", so der Verbandschef.

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