Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Spanien wegen "heißen" Abschiebungen
Die gängige Praxis in den spanischen Exklaven Melilla und Ceuta verletzt Menschenrechte und internationale Abkommen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Spanien für die sogenannten "heißen Abschiebungen" von Einwanderern verurteilt. Dies ist seit Jahren eine gängige Praxis an den hohen und gefährlichen Grenzzäunen zu Marokko, mit denen die spanischen Exklaven Melilla und Ceuta gesichert sind. Das Urteil haben die Richter einstimmig gefällt. Den beiden Klägern wurde ein Schadensersatz von jeweils 5000 Euro zugesprochen, womit allerdings der russische Richter Dmitry Dedow nicht einverstanden war, der als einziger der sieben Richter gegen die Entschädigung stimmte. Allerdings müsste man die beiden dazu auffinden, von denen jede Spur nach der illegalen Abschiebung verloren wurde.
Verhandelt wurde ein Fall vom 13. August 2014. Ein Flüchtling von der Elfenbeinküste und einer aus Mali wurden "gegen ihren Willen" und "ohne vorherige administrative oder gerichtliche Maßnahme" einfach von der paramilitärische Guardia Civil an Marokko übergeben, nachdem sie sechs Meter hohen Zäune überwunden hatten. Das sei eine "verbotene kollektive Abschiebung" und zudem sei den Betroffenen das Recht auf "wirksame Rechtsmittel" genommen worden, stellten die Richter fest.
Die Version der Kläger wurde von mehreren Videos und von Zeugenaussagen belegt. Demnach wurden die beiden Flüchtlinge einfach aus Spanien wieder nach Marokko verfrachtet, "ohne vorherigen Zugang zu Übersetzern und Rechtshilfe" erhalten zu haben. Sie wurden nicht über die Bestimmungen des Asylrechts oder über die Ausweisungsverfahren informiert, womit ihnen "jede Möglichkeit eines Widerspruchs" sowie der Zugang zur Justiz und einer "sorgfältigen und tiefgreifenden Überprüfung" ihrer Fälle genommen worden sei. Das Urteil stellte auch fest, dass sie sich nach dem Herabklettern von den Zäunen "unter dauerhafter und ausschließlicher Überwachung durch spanische Behörden" befunden hätten.
Hierbei muss angemerkt werden, dass diese Praxis 2014 auch nach spanischem Recht illegal war. Erst mit dem Inkrafttreten des sogenannten "Gesetzes zum Schutz der Bürger" (bekannt auch als Knebelgesetz) hat die spanische Regierung versucht, die heißen Abschiebungen nachträglich zu legalisieren. Im Rahmen einer neu geschaffenen Rechtsform "Ablehnung an der Grenze", sollen die abgefangenen Einwanderer sofort rausgeworfen werden. Eigentlich soll diese "die Ablehnung in Übereinstimmung mit den internationalen Vorschriften und Menschenrechtsstandards geschehen, die Spanien ja alle ratifiziert hat.
Das ist schlicht illusorisch, wie seit zwei Jahren zahlreiche internationale Organisation und die UNO immer wieder beklagen. Nach einem Gutachten von 16 Rechtsprofessoren verschiedener spanischer Universitäten wird mit heißen Abschiebungen "die Rechtsordnung direkt verletzt". Es gäbe keine Möglichkeit, ihnen eine legale gesetzliche Abdeckung zu verschaffen, weil sie gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte verstoßen.
Verletzt würden auch nationale Vorgaben, angefangen bei der Verfassung, dem Asylrecht und dem Strafgesetzbuch. Auf europäischer Ebene würden die EU-Grundrechtscharta, die Europäische Konvention über Menschenrechte und Richtlinien zur Rückkehr und Asyl verletzt. Und darüber hinaus verstießen diese Auslieferungen auch gegen die Genfer Konvention, den Flüchtlingsstatut, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und den Internationalen Pakt über Bürgerrechte der UNO.
Allseits wird nun gefordert, dass Spanien den Teil aus dem Maulkorbgesetz streicht und die illegale Praxis einstellt. Ob das geschieht, darf bezweifelt werden, schließlich wurde Spanien vom gleichen Gerichtshof in den letzten Jahren in acht Fällen schon wegen Folter verurteilt, auch an Journalisten. Geändert hat sich nichts. Und was Spanien von Menschenrechten und internationalen Konventionen hält, zeigt sich gerade mehr als deutlich. In Katalonien wurde schon mit "militärähnlichen Operationen" vorgegangen, wie eine Delegation aus Wahlrechtsexperten angeprangert hat.
Menschenrechte werden in Katalonien von Spanien mit Füßen getreten und dafür muss ein billiger Verweis auf die Verfassung herhalten, die ja Grundrechte wie Meinungsfreiheit schützen soll, Volksbefragungen, Referenden und sogar Parlamentsdebatten werden in Spanien verboten, nun auch schon präventiv. In der UN-Charta, gegen die auch im Fall der Flüchtlinge verstoßen wird, ist das Selbstbestimmungsrecht in Artikel 1 als Menschenrecht definiert. Die spanische Regierung versucht mit seinem Verweis auf die Verfassung Menschenrechte der Katalanen auszuhebeln, die sie nach internationalen Abkommen aber garantieren müsste.