Klimageld vom Winde verweht: Weltbank kann 38 Milliarden Euro nicht nachweisen

Der Hauptsitz der Weltbankgruppe in Washington, D.C. Bild (2006): Shiny Things / Attribution 2.0 Generic CC BY 2.0 Deed

Transparenzproblem und größere Kontrolldefizite: Oxfam offenbart Buchhaltungsprobleme bei Förderung von Klimaprojekten.

Buchhaltung ist zweifellos wichtig. Insbesondere um Transparenz über Ausgaben und deren Kontrolle zu gewährleisten.

Ein berühmtes Beispiel für ein massives Buchhaltungsproblem zeigte sich am 10. September 2001, als der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an die Öffentlichkeit trat und bekannt gab, "wir (das Pentagon – A. W.) können 2,3 Billionen Dollar an Transaktionen nicht verfolgen."

Jim Minnery vom Defense Finance and Accounting Service, ergänzte: "Wir wissen, dass das Geld weg ist. Aber wir wissen nicht, wofür sie es ausgegeben haben."

Weltbank unter der Lupe

Offenbar ist das Buchhaltungsproblem nicht auf das Pentagon begrenzt. Die NGO Oxfam überprüfte die Klimafinanzierungsportfolios der Weltbank der Jahre 2017 – 2023.

Die Weltbank als global aktive multilaterale Entwicklungsbank ist einer der weltweit größten entwicklungspolitischen Akteure und Geldgeber für Projekte zum Klimaschutz bzw. der Anpassung an den Klimawandel.

Das Budget der Weltbank entsprechend üppig. Das Resultat der Überprüfung durch Oxfam alarmierend.

Zwischen 24 und 41 Milliarden Dollar (22,2 bis 37,9 Milliarden Euro) an Klimafinanzierungsmitteln sind zwischen der Genehmigung und dem Abschluss von Projekten nicht verbucht worden. Fast 40 Prozent aller von der Weltbank in den letzten sieben Jahren ausgezahlten Klimamittel sind aufgrund mangelhafter Buchführung nicht belegt.

Es gibt keine klaren öffentlichen Aufzeichnungen darüber, wohin diese Gelder geflossen sind oder wie sie verwendet wurden. Zudem bleibt dadurch auch unklar, inwiefern die Geldmittel der Weltbank überhaupt für klimabezogene Initiativen ausgegeben wurden.

Lücken und Ungereimtheiten

Kate Donald, Leiterin des Büros von Oxfam International in Washington D.C., äußert sich in der Presseerklärung mit deutlichen Worten:

Wir mussten uns durch Schichten komplexer und unvollständiger Berichte wühlen, und selbst dann waren die Daten voller Lücken und Ungereimtheiten. Die Tatsache, dass diese Informationen so schwer zugänglich und verständlich sind, ist alarmierend.

Es sollte kein Team von professionellen Forschern nötig sein, um herauszufinden, wie Milliarden von Dollar, die für den Klimaschutz bestimmt sind, ausgegeben werden.

Dies sollte transparent und für jeden zugänglich sein, vor allem für die Gemeinschaften, die von der Klimafinanzierung profitieren sollen.

Wie viel Geld wird tatsächlich in Klimaprojekte investiert?

Die extrem intransparente Verwendung der Gelder der Weltbank ist keineswegs neu. Bereits vor zwei Jahren wies Oxfam auf eklatante Probleme der Buchführung der Weltbank hin. In der Pressemitteilung hieß es:

Oxfam hat das von der Weltbank für das Geschäftsjahr 2020 ausgewiesene Klimafinanzierungsportfolio in Höhe von 17,2 Mrd. US-Dollar geprüft. (… ) Oxfam (…) hat versucht, die von der Bank veröffentlichten Zahlen zur Klimafinanzierung unter Anwendung der Methodik der Bank und unter Verwendung der derzeit von der Bank gemeldeten Informationen nachzubilden.

Dabei stellte sich heraus, dass die verfügbaren Details so unzureichend sind, dass die Angaben der Bank um bis zu 40 Prozent falsch sein könnten, ohne dass die Öffentlichkeit dies überprüfen kann.

Die Konsequenz der grundlegenden Intransparenz ist nicht nur problematisch im Hinblick auf die konkrete Verwendung von Steuergeldern, mit denen die Weltbank großteils finanziert wird, sondern auch im Hinblick auf die zentrale Frage, wie viel Geld eigentlich tatsächlich in Klimaprojekten investiert wird.

Nicht zuletzt auch, um kontrollieren zu können, inwiefern Investitionsversprechungen auf Klimagipfeln tatsächlich eingehalten worden sind. Kate Donald warnt daher aktuell:

Die Weltbank brüstet sich gerne mit ihren Milliardenbeträgen für die Klimafinanzierung, aber diese Zahlen basieren auf den geplanten Ausgaben und nicht auf den tatsächlichen Ausgaben, sobald ein Projekt ins Rollen kommt.

Das ist so, als ob Sie Ihren Arzt bitten würden, Ihre Ernährung nur anhand Ihrer Einkaufsliste zu beurteilen, ohne jemals zu überprüfen, was tatsächlich in Ihrem Kühlschrank landet.

Kate Donald, Oxfam International

Besserung gelobt

Laut Oxfam besteht das Hauptproblem darin, dass die Weltbank die Finanzmittel für die Klimafinanzierung zum Zeitpunkt der Projektgenehmigung abrechnet. Nicht aber zum Zeitpunkt des Projektabschlusses.

Die Folge: Die Berechnungen darüber, was tatsächlich ausgegeben wird, sind lückenhaft und uneinheitlich. Kate Donald mahnt, dass nicht zu verfolgen, "wie oder wo das Geld tatsächlich ausgegeben wird", nicht nur ein bürokratisches Versehen sei, sondern "ein grundlegender Vertrauensbruch".

Die Nachrichtenagentur Bloomberg bat die Weltbank um Stellungnahme zu dem Report von Oxfam. In der Antwortmail heißt es:

Wir sind von der gemeinsamen Methodik der multilateralen Entwicklungsbanken (MDBs) überzeugt, die streng angewendet wird und uns unsere jährlichen Klimafinanzierungssummen liefert.

Wir erkennen auch die Notwendigkeit an, nicht nur auf die finanziellen Mittel zu achten, sondern auch auf die Ergebnisse – zum Beispiel, wie sehr wir die Klimaanfälligkeit von Menschen und Gemeinschaften verringern.

Dies ist ein Prozess, den wir gemeinsam mit den anderen MDBs vorantreiben. Wir schätzen auch unsere laufenden Gespräche mit Oxfam und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen über unsere Klimaarbeit und darüber, dass sie uns dazu drängen, bessere Daten zu veröffentlichen und transparenter zu sein.

Inwiefern diese Antwort angesichts des Milliardenproblems zufriedenstellend ist, bleibt den Leserinnen und Lesern überlassen. Man darf auf die nächste Oxfam-Überprüfung gespannt sein.