Und wie halten wir es mit den USA?

Der Kreml – ein Hort des Bösen? Bild: Jörg Tauss

Über Moral und Außenpolitik, den CDU-Kanzlerkandidaten sowie die Außenpolitik von SPD und Grünen. Eine Replik

Dieser Kommentar bezieht sich auf den Telepolis-Beitrag Armin und die Autokraten

Muss man Autokraten und Diktatoren mögen? Nein. Muss man den orthodox-konservativen Putin schätzen? Nein. Den Nato-Despoten Erdoğan, der tausende von vermeintlichen oder tatsächlichen Gegnern inhaftiert? Nein. Oder den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping mit dessen Hongkong oder Politik gegenüber der Volksgruppe der Uiguren? Sicher auch nicht.

Muss man dagegen ohne Vorbehalte einen Barack Obama akzeptieren, der Kriege führte, vor laufender Kamera die Ermordung eines Osama bin Laden wie einen Treffer beim Fußball bejubelte und dennoch Gast auf Kirchentagen sein durfte?

Und letztlich entgegen seinem Versprechen nichts gegen das Folterlager in Guantánamo auf Kuba unternahm. Oder die US-amerikanische Ex-Außenministerin Madelaine Albright, die den Tod hunderttausender Kinder im Irak als akzeptablen Kollateralschaden empfindet? Und die dennoch auf Grünen-Parteitagen umjubelter (Video-)Gast war?

Die beliebig erweiterbaren Beispiele zeigen das Dilemma deutscher und vor allem grüner vermeintlich "werteorientierter" Außenpolitik auf.

"Böse" sind eigentlich immer die anderen. Wie es gerade eben zum Narrativ passt. Vor allem gilt das natürlich bei den Russen. Suspekt ist, wem zu Russland nicht zunächst sämtliche Reizworte westlicher Narrative von der Krim bis hin zu Skripal, Nawalny & Co einfallen.

Und wer dazu auch nur kritische Fragen stellt, ist es ebenfalls. Das Ziel der Dämonisierung Putins ist schlichtweg die Dämonisierung Russlands und die Pflege des Nato-Feindbilds.

Es geht nie um Demokratie!

Was aber ist übler? Die vermeintlich völkerrechtswidrige "Annexion" der Krim oder das völkerrechtswidrige westliche Auftreten in Syrien, in Libyen, gegen Kuba und anderswo?

Egon Bahr brachte einst auf den Punkt, was in der heutigen Zeit außenpolitischer Doppelmoral vollständig übersehen wird: In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten.

Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.

Armin Laschet fiel in diesem Sinne vor zwei Jahren bei der Deutsch-Russischen Städtepartnerschaftskonferenz im Aachener Krönungssaal durchaus positiv auf, als er als Gastredner für einen konstruktiven Umgang mit Russland warb.

Er "verstieg" sich dort sogar zu der Aufforderung, einen rationalen Umgang mit dem wichtigen Nachbarn im Osten zu pflegen. Das könne nicht allein Aufgabe der Zivilgesellschaft, sondern müsse die der Bundespolitik, aller Bundesländer und nicht nur einzelner Ostministerpräsidenten sein.

Chapeau, Herr Laschet. Gut auf den Punkt gebracht.

Ob der Christdemokrat das im Wahlkampf zu wiederholen wagte, darf natürlich angesichts des medialen und politischen Mainstreams bezweifelt werden. So kommt auch das CDU-"Regierungsprogramm" im besten Slang kalter Krieger daher und könnte wortgleich grünen Programmen entnommen sein:

Um eigene Interessen durchzusetzen greift die russische Regierung mittlerweile zu offenen Drohungen gegen NATO- Verbündete, zu Cyberangriffen, zu Desinformation und Propaganda.

Es ist daher verständlich, dass Transatlantiker mit grünem Anstrich bemüht erfahren wollen, ob der Kanzlerkandidat tatsächlich und persönlich hinter der maßlosen Radikalität dieser "Analyse" steht.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.