"Das Referendum findet statt"

Vertreter der "Donezker Volksrepublik" und des Bürgerrats in Lugansk wollen der Empfehlung Putins nicht folgen

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Augenscheinlich will die Faustformel aus dem Kalten Krieg - "Alles von Moskau gesteuert" - nicht so einfach auf die Verhältnisse im Osten der Ukraine passen, wie das viele Berichte und Meinungen der letzten Zeit suggerieren. Mehrere Vertreter der Bewegungen, die eine größere Unabhängigkeit von Kiew proklamieren, entgegen der Empfehlung des russischen Präsidenten Putin erklärt, dass sie die für Sonntag geplanten Volksentscheide zur Selbstbestimmung ihrer Region nicht verschieben wollen.

"Die Rebellen in Donezk widersetzen sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin", heißt es in einem Bericht des Spiegel. Laut Informationen von Ria Novosti beschloss die Mehrheit des Volksrats der "Donezker Volksrepublik" heute, dass das Referendum am 11. Mai stattfinden werde. Die Stimmzettel würden bereits gedruckt. Auch der Bürgerrat des Gebietes Lugansk traf die gleiche Entscheidung.

Zitiert wird auch ein Rada-Abgeordneter namens Oleg Zarjow, der als Chef der gesellschaftlichen Bewegung "Südost" vorgestellt wird. Ihm zufolge könne eine Verschiebung der Volksabstimmungen erst erfolgen, wenn "alle Kampfhandlungen eingestellt" würden. Gemeint ist die von der Interimsregierung beschlossene "Militäroperation gegen Separatisten und Terroristen" (vgl. Militäroffensive in Slawjansk kommt nicht voran).

Falls die Behörden diese Bedingung nicht erfüllen, werden wir davon ausgehen, dass Kiew zu Vereinbarungen nicht bereit ist.

Parubij will Militäreinsatz im Osten verstärken

Signale aus der ukrainischen Hauptstadt sprechen nicht dafür, dass es hier zu Verhandlungen kommen wird. Andrij Parubij, seit Februar Vorsitzender des Sicherheits-und Verteidigungsrates der Ukraine, ein Nationalist, Mitbegründer der Vorläuferpartei der rechten Swoboda und auf dem Maidan in enger Kooperation mit Dmytro Jarosch (Der Rechte Sektor und die "nationale Revolution") verbunden, erklärte heute, dass die Militäroperationen im Osten der Ukraine weitergehen werden.

Das zweite Reservebattalion der Nationalgarde werde bald das erste Reservebattalion im Osten verstärken, um den Separatismus zu bekämpfen, verkündete Parubij bei einer Pressekonferenz. Der Parteifreund von Julia Timoschenko, der sich häufig als Scharfmacher geriert, sprach von einer Anti-Terror-Operation und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er Separatisten, Terroristen und Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber Kiew in einen Topf wirft. Das Epizentrum dieses "Problems" sei der Kreml.

Merkel: "Präsident Putin bleibt aufgefordert"

Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die EU äußerten sich, wenn auch gemäßigter, in diese Richtung. Sie sehen weiterhin Putin als denjenigen an, der den Deckel für den unruhigen Donbass in der Hand hält. "Präsident Putin bleibt aufgefordert, die pro-russischen Kräfte in der Ukraine zum Niederlegen der Waffen und zur Räumung der besetzten Häuser aufzurufen", forderte Merkel gegenüber der "Rheinischen Post".

Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton machte deutlich, dass man in Brüssel absolut gegen Volksabstimmungen im Osten der Ukraine sei und verband dies mit Vorbereitungen zu einer Verschärfung der Sanktionen gegen Russland.

"Solche Lokalreferenden dürfen weder am 11. Mai noch an einem anderen Tag abgehalten werden", wird die EU-Position wiedergegeben; mit dem Zusatz, dass es von der EU nicht als legitim anerkannt werde.

Russisches Außenministerium appelliert an Einfluss der EU auf Kiew

Im Gegenzug zu den Appellen an Russland für "deeskalierenden Einfluss" auf die Unabhängigkeitsbestrebungen im Donbass zu sorgen, appelliert nun das russische Außenministerium an die westlichen Staaten Einfluss auf die Regierung in Kiew zu nehmen.

"Die einzige Möglichkeit für eine Deeskalation in der Ukraine wäre eine Verfassungsreform, die durch eine breite Diskussion unter Beteiligung aller politischen Kräfte und Regionen umgesetzt werden müsse", wird das russische Außenministerium am Donnerstag zitiert.