Belgische Gema kassiert für Händetrockner und Lebensmittel

Die Verwertungsgesellschaft gab die Auskunft, dass erfundene Titel abgabepflichtig seien

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In Deutschland kassieren die Verwertungsgesellschaft Gema und die mit ihr ausgesprochen undurchsichtig verwobene ZPÜ unter anderem für Leermedien, elektronische Geräte, Veranstaltungen und Kindergärten viel Geld. Dieses Geld fließt aber nicht nur an Komponisten, Texter und Musiker, sondern zu großen Teilen auch an Musikverlage, die zu Konzernen gehören und keine Urheber sind, sowie an die Gema selbst, die einen aufwendigen bürokratischen Apparat unterhält und ihren Funktionären hohe Gehälter auszahlt.

Berthold Seliger verglich unlängst für die Berliner Zeitung Einkommen von Funktionären und Musikern und stellte dabei fest, dass Harald Heker, der Vorstandschef der Gema, 380.000 Euro im Jahr ausbezahlt bekommt, während es ein Musiker unter 30 durchschnittlich auf ein Jahreseinkommen von gerade einmal 8.909 Euro bringt.

Aber auch die Verteilungsmodalitäten innerhalb der Gruppe der Urheber stehen in der Kritik, weil die Gema Hitparaden-Produzenten sehr stark begünstigt, für andere Musiker aber häufig ein Verlustgeschäft ist. Zudem erreichen Telepolis immer wieder Beschwerden von Urhebern außerhalb der Mainstream-Genres, die sich wundern, dass sie trotz Radio-Airplay bei den entsprechenden Ausschüttungen immer wieder leer oder fast leer ausgehen. Eine Petition, die 2009 viel Aufsehen erregte und der sich innerhalb kurzer Zeit über 100.000 Mitzeichner anschlossen, konnte an diesen Missständen bislang nichts ändern.

Die Politik bescheinigte der Verwertungsgesellschaft erst unlängst wieder, dass sie keinen Reformbedarf sehe. Stattdessen, so Siegfried Kauder, der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, müsse man der Öffentlichkeit die Gema nur anders vermitteln.

Das belgische Äquivalent zur Gema ist die Sabam. Auch mit ihr sind Viele unzufrieden. Nachdem dem flämischen Fernsehmagazin Basta, einer Show zwischen investigativem Journalismus und Satire, der Verdacht zugetragen wurde, dass sich die Sabam als Vertreterin von Titeln geriert, für die sie tatsächlich gar keine Rechte übertragen bekommen hat, machten die Journalisten die Probe aufs Exempel und riefen die Verwertungsgesellschaft aus einer Toilette an.

Weil der dort befindliche Händetrockner das Firmenkennzeichen "Kimberley Clark" trug, fragten sie, was ein Auftritt von "Kimberly Clark" denn kosten würde und schickten eine Playlist mit Stücken wie "Hot Breeze", "Show Me Your Hands", "I Wanna Blow You Dry", "I'm Not a Singer I Am a Machine" und "We Fooled You" an die Sabam. Fünf Tage später bekamen sie die Antwort, dass Rechte an allen diesen Songs wahrgenommen würden und sie deshalb 127 Euro und sieben Cent dafür zu zahlen hätten.

Um auszuschließen, dass es sich um ein Einzelfallversehen handelt, machte das Basta-Team einen erneuten Versuch. Diesmal mit Produkten aus einem Supermarkt, darunter das Wok-Set "Suzi Wan", das Getränk "Mister Cocktail", ein aus Knabberzeug bestehender "Party Mix" und ein Rührgerät der Marke "Kenwood". Auch dafür wollte die Sabam Geld sehen. 542,74 Euro insgesamt.

Danach marschierten die Basta-Mitarbeiter mit den Lebensmitteln und Haushaltsgeräten zur Sabam-Zentrale und verlangten die Auszahlung der Tantiemen für die Produkte, was die Sabam aber mit der Begründung verweigerte, die Gegenstände seien keine "Künstler". Mit der Frage konfrontiert, warum man dann in ihrem Namen Geld verlange, erstattete die Verwertungsgesellschaft schließlich die Abgaben zurück.

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