Corbyn: "Der Krieg gegen den Terror funktioniert nicht"

Jeremy Corbin. Screenshot aus dem YouTube-Video

Während der Labour-Chef einen Zusammenhang zwischen der britischen Militärpolitik und dem Terror sieht, versucht die konservative Regierung mit allen Kräften, dies beiseite zu wischen

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Die Labour-Partei hat nach einer kurzen Pause nach dem Anschlag in Manchester den Wahlkampf wieder begonnen. Parteichef Jeremy Corbyn erklärte, Krieg gegen den Terror würde "einfach nicht funktionieren". Die militärischen Aktionen, die Großbritannien an der Seite der USA unternommen hat, würden die Terrordrohung im Land ansteigen lassen, sagte er.

Die britische Regierungschefin Theresa May betonte hingegen auf dem G7-Treffen in Taormina, dass alle Länder Informationen und Wissen mit Länder wie dem Irak teilen müssten, damit diese die ausländischen Kämpfer, die sich dem IS angeschlossen haben, nach ihrer Festnahme bestrafen können. May vertrat die Ansicht, dass Briten, die nach Syrien oder in den Irak gegangen sind, erst einmal dort festgenommen und bestraft werden müssten, bevor sie nach Großbritannien gebracht werden können.

Um die 800 Briten sollen sich dem IS angeschlossen haben. Die Hälfte soll bereits zurückgekehrt sein. Der Selbstmordattentäter von Manchester, Salman Abedi, ist allerdings libyscher Abstammung, wurde aber in Großbritannien geboren. Seit Vater ist schon vor sechs Jahren nach Libyen zurückgekehrt und hatte dort gegen Gaddafi in einer islamistischen Miliz gekämpft. Nachdem durch die militärische Intervention, die vor allem von Großbritannien und Frankreich mit der Hilfe der USA getragen wurde, das Gaddafi-Regime zusammenbrach, zerbrach auch das Land und wurde zu einem failed state mit zwei Regierungen und unzähligen sich bekämpfenden militanten Gruppen, darunter auch Gangs, die zu al-Qaida oder dem Islamischen Staat gehören. Offenbar reiste Salman gelegentlich nach Libyen, auch ein Bruder hielt sich dort auf. Nun wurden zwar die beiden von einer Miliz festgenommen, mit welchem Hintergedanken ist aber nicht klar.

May hat wahrscheinlich deswegen lieber nicht von Libyen gesprochen, sondern vom Irak und anderen Transitländern. Denen müssten die Identitäten der ausländischen Kämpfer mitgeteilt werden, damit diese auf dem Rückweg abgefangen werden können. Transitländern sollte man nach May auch bei der Polizeiarbeit und der Grenzsicherheit helfen. In Ländern wie dem Irak müsste man Juristen schulen und finanzieren, damit ausländische Kämpfer verfolgt oder ausgewiesen werden können. Zudem sollten diese Länder Videos oder Dokumente den britischen Behörden übergeben, damit diese Verdächtige verfolgen können, wenn sie zurückkehren.

May wies symbolisch auf eine erfolgreiche Kooperation mit der Türkei hin. Die Türken hatten den Briten Aine Davis 2015 verhaftet, als Syrien verlassen hatte. Er soll mit Jihadi John bei Köpfungen von Gefangenen zusammengearbeitet haben. In der Türkei wurde er zu einer Gefängnisstrafe von 7,5 Jahren verurteilt. So wünscht sich May die Kooperation mit Ländern in der Region. Nachdem sich US-Außenminister Tillerson für die Leaks von Polizeifotos an die New York Times entschuldigt hatte, hat die britische Polizei wieder eine "enge Zusammenarbeit" zur Aufklärung des Terroranschlags mit den US-Behörden aufgenommen.

"Wir werden ändern, was wir im Ausland machen"

Corbyn versuchte in seiner Rede die Sicherheitspolitik einer Labour-Regierung zu umreißen. Viele Experten hätten auf den Zusammenhang zwischen den britischen Kriegen im Ausland und dem Terrorismus im eigenen Land hingewiesen. Er wies auf Libyen als verfehlte militärische Intervention hin. Er habe sich immer schon für die Beachtung der Menschenrechte und der Beendigung von Konflikten und Kriegen eingesetzt. Er hatte tatsächlich gegen die Beteiligung am Irak-Krieg, gegen die Intervention in Libyen und in Syrien gestimmt.

Er sei aber entschlossen, alles zu tun, um die Sicherheit der Bürger zu schützen. Der Zusammenhang mit der britischen Außenpolitik, so machte er deutlich, würde aber die Schuld der Täter nicht mildern, die hart bestraft werden müssen. Zur Bekämpfung des Terrorismus müsse man aber dessen Ursachen verstehen. Dazu sagte er aber nichts Genaueres, abgesehen davon, dass die Innen- und Außenpolitik verändert werden müssten.

Vor allem müssen nach Corbyn die Sparmaßnahmen beendet und wieder mehr Polizeibeamte eingestellt werden. Unter einer Labour-Regierung würde es wieder mehr Polizisten auf den Straßen geben, und wenn die Sicherheitsbehörden mehr Geld bräuchten, um die zu verfolgen, die morden wollen, würden sie dies auch erhalten. Corbyn griff aber nicht direkt May an und erklärte, keine Regierung könne jeden Terroranschlag verhindern.

Der britische Verteidigungsminister Fallon warf daraufhin Corbyn ein "gefährliches Denken" vor, wenn er den Terror mit den militärischen Auslandseinsätzen verbindet: "Er scheint zu implizieren, dass ein Terroranschlag in Manchester irgendwie Großbritanniens Schuld sei." Corbyn würde mit Terroristen sprechen und die Polizei nicht ausreichend unterstützen wollen. Außenminister Boris Johnson fand Corbyns Rede sogar "monströs" und wies gleichfalls jede Verbindung der Außenpolitik mit dem Terror zurück. Man dürfe in keiner Weise die Verantwortung von den Tätern nehmen.