Was die Querdenker eint

Querdenken-Demo Anfang Oktober 2020 in Berlin. Bild: Kai Schwerdt, CC BY-NC 2.0

Überlegungen zur außerparlamentarischen Opposition, die derzeit im Angebot ist

Der Präsident des Verfassungsschutzes Thomas Haldenwang hat sich Gedanken über eine Zukunft der radikaleren Segmente der Querdenkerbewegung gemacht: Er "hält es für denkbar, dass staatsfeindliche Extremisten, die derzeit gegen die Coronamaßnahmen mobil machen, sich nach dem Ende der Pandemie ein neues Thema suchten – dies könnte die Klimapolitik sein. Die Pandemie sei ‚nur der Aufhänger‘ für diese radikalisierte Szene. ‚Ob das jetzt Corona ist oder die Flüchtlingspolitik.‘"

Beim vorliegenden Text handelt es sich um die Fortsetzung zweier Telepolis-Artikel des Autors zur "Freiheit, die gemeint ist" und den Nachträgen dazu.

Für seinen Job braucht Haldenwang keine Theorien. Er sieht vielmehr bürokratisch über alle Ursachen von Protest hinweg, macht sie unerheblich und nimmt ihn als ein potenzielles Ordnungsproblem, das zu observieren ist.

Es wäre also fehl am Platz, von ihm Auskünfte darüber zu verlangen, ob Teile der Querdenker "nur nach Aufhängern" suchen, warum die austauschbar sein sollen, wieso sich andere Teile daran anhängen etc. Deshalb der Versuch einer Antwort auf die Frage, was diese neue Protestbewegung ausmacht und verbindet.

Zweckbündnis

Aus der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015/16 ist sie nicht hervorgegangen, gleichwohl sind Migrationsgegner in ihr präsent. Sie spielen aber im linken esoterischen Abschnitt und in der bürgerbewegten Mitte des Spektrums der Pandemie-Proteste eine geringere Rolle als an seinem rechten Rand.

Was die Bewegten zusammengebracht hat, ist ihre Lesart der offiziellen Pandemie-Politik. Bei der geht es der Sache nach um den Widerspruch, der den Staat umtreibt, wenn er der Ökonomie zu ihrem Nutzen schaden muss, indem er zeitweise der Volksgesundheit den Vorrang einräumt.

Die Maßgabe dafür ist ein funktionierendes Gesundheitswesen, auf das ein moderner Kapitalismus angewiesen ist. Stockungen bei Arbeit und Erwerb, die dafür in Kauf zu nehmen sind, haben in dieser Wirtschaftsweise zur Folge, dass die vielen Leute in Existenznöte geraten, deren Einkommen über das Monatsende nicht hinausreichen.

Weitere Einschränkungen der Bürger, damit die Beschränkung des Geschäftslebens in Grenzen gehalten werden kann, kommen hinzu. Dies führen Querdenker und andere aber nicht auf dieses System zurück, sondern deuten die Lage als eine Missachtung, die der Staat ihrem Recht auf Freiheit, Freizeit und Ansteckung entgegenbringt.

Sie sehen darin eine politische Agenda, die mit Gesundheit selbstredend nichts oder wenig zu tun habe. Darüber werden sich Esoteriker sogar mit Identitären einig, und die Bewegten verständigen sich auf Zweckbündnisse, die ein Auge nach rechts oder links zudrücken.