Die Klima-Uhr tickt: Auch Deutschland muss endlich seine Schulden bezahlen

Die Klimauhr bei der COP27 in Sharm El-Sheikh, Ägypten. Bild: Climate Clock

Ohne Klimagelder vom reichen Norden wird es keine Energiewende in den Entwicklungsländern geben. Die Industriestaaten bieten aber nur mickrige Almosen an. Über Klimagerechtigkeit, schmutzige Tricks und den Kampf um Billionen Dollar.

Eine aktuelle Berechnung zeigt: Die Entwicklungsländer benötigen bis 2030 jährlich zwei Billionen Dollar, um eine rasche Energiewende zu vollziehen. Mindestens die Hälfte der Mittel sollte laut einem UN-Bericht von den reichen Ländern kommen.

Doch auf der COP27 ("Conference of the Parties"), dem Klimagipfel in Ägypten, kommen die Industrieländer wieder nicht einmal ihrer Zusage von 100 Milliarden Dollar nach, einer Summe, die sie eigentlich bis 2020 erreichen sollten. Es wurden damals nur rund 80 Milliarden erzielt.

Das ist eine große Enttäuschung, um es moderat auszudrücken. Denn diese Zahlungen sind nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts des Bedarfs von 2.000 Milliarden Dollar und absolut notwendig, um die Energiewende im globalen Süden zu ermöglichen. Die ärmeren Länder verfügen ja nicht über die Mittel, ihre Energie-Infrastruktur aus eigener Kraft von Fossil auf Erneuerbare in schnellem Tempo umzustellen.

Es ist auch eine Sache von Gerechtigkeit und Fairness. Da die Industriestaaten die Atmosphäre schon im Zuge ihrer Industrialisierung und weiteren Hochkonsums an fossilen Brennstoffen mit Treibhausgasen derart verstopft haben, sind nun auch die armen Staaten dazu gezwungen, zur Einhaltung der Zwei-Grad-Celsius-Obergrenze rasant auf null Treibhausgase zu steuern. Sie können daher das ihnen fairerweise zustehende Emissionsbudget bei weitem nicht ausschöpfen.

Aber es fehlt weiter an der Bereitschaft, die Entwicklungsländer wirklich zu unterstützen.

Die deutsche Regierung stellt sich in Sachen Klimafinanzierung für die Entwicklungsländer gerne als Musterknabe hin. Es stimmt, die USA sind ein Totalausfall. Nach einer aktuellen Berechnung müsste das Land, gemessen an seinen historischen Emissionen, fast 40 Milliarden von den 100 Milliarden Dollar für Klimafinanzierung aufbringen. Die US-Regierung gibt aber nur 7,6 Milliarden, also rund 32 Milliarden zu wenig.

Berlin leistet dem gegenüber zumindest seinen fairen Betrag zur 100-Milliarden-Summe. Aber die Regierung macht das mit einer Methode, die zurecht von vielen NGOs und Klimaschützer:innen kritisiert wird. So zeigt eine Untersuchung, dass Deutschland in fast der Hälfte der Fälle nur Kredite gibt, die natürlich von den armen Ländern zurückgezahlt werden müssen. Zieht man diese Darlehen ab, bezahlt Deutschland keineswegs seinen fairen Anteil. In einem Bericht der Organisation Deutsche Klimafinanzierung heißt es:

Empfängerländer, die vielleicht kaum oder gar nicht zur Klimakrise beigetragen haben, bezahlen also die finanzierten Programme und Projekte letztlich zum erheblichen Teil also selbst, nämlich wenn sie die Kredite zurückzahlen. Das steht eklatant im Widerspruch zu den Prinzipien der Klimagerechtigkeit und erhöht die Schuldenlast für Länder, deren finanzieller Spielraum auch wegen anderer Krisen (z.B. den Folgen der Corona-Pandemie) stark beeinträchtigt ist, eine Situation, die in Zukunft auch die Auswirkungen der Klimakrise weiter verschärfen dürften.

Zudem bucht die deutsche Regierung seine Klimafinanzierung in die offizielle Entwicklungshilfe. Deutschland zahlt also am Ende gar nicht mehr an die Entwicklungsländer, sondern etikettiert offizielle Entwicklungsgelder (ODA) oft nur um.

Finanzmittel, die eigentlich für Armut- und Hungerbekämpfung und zentrale Entwicklungsinitiativen benötigt werden, fließen zunehmend in grüne Projekte. Das widerspricht ebenfalls dem Prinzip der Klimagerechtigkeit, nach dem Klimagelder zusätzlich zur Entwicklungshilfe gezahlt werden müssen.

Außerdem können die Industriestaaten private Investments von Unternehmen in klimafreundliche Energieprojekte als Klimagelder deklarieren. Auch das wird kritisiert, da die Unternehmen in den Ländern ja Profite mit den Investments machen wollen, also diese Investitionen letztlich von den Entwicklungsländern refinanziert werden müssen.

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