Verstoß gegen Kriegswaffenkontrolle? Anzeige gegen Bundespräsident im Wortlaut

Schaut Streubombeneinsatz entgegen: Frank-Walter Steinmeier. Bild: Sandro Halank, CC BY-SA 4.0

Telepolis dokumentiert ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft Bonn. Auslöser ist eine Äußerung Frank-Walter Steinmeiers im ZDF. Hat er zum Rechtsbruch aufgerufen?

Lesen Sie zu den Hintergründen dieser Strafanzeige das Interview "Streumunition: Kriegseskalation und Strafanzeige gegen Steinmeier"


Sehr geehrte Damen und Herren!

"Hiermit erstatte ich Strafanzeige gegen den Bundespräsidenten Dr. Frank-Walter Steinmeier wegen eines vermuteten Verstoßes gegen § 20a (Strafvorschriften gegen Antipersonenminen und Streumunition), Abs. 1, Nummer 3 in Verbindung mit Nummer 1 Kriegswaffenkontrollgesetz.

Hiernach gilt:

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1. entgegen § 18a Antipersonenminen oder Streumunition einsetzt, entwickelt, herstellt, mit ihnen Handel treibt, von einem anderen erwirbt oder einem anderen überläßt, einführt, ausführt, durch das Bundesgebiet durchführt oder sonst in das Bundesgebiet oder aus dem Bundesgebiet verbringt oder sonst die tatsächliche Gewalt über sie ausübt, insbesondere sie transportiert, lagert oder zurückbehält,

2. einen anderen zu einer in Nummer 1 bezeichneten Handlung verleitet oder

3. eine in Nummer 1 bezeichnete Handlung fördert.

Dr. Steinmeier hat im breit veröffentlichten "Sommerinterview des ZDF" am 9. Juli 2023 im Hinblick auf die US-Entscheidung, Streumunition an die Ukraine zu liefern, erklärt, man könne "in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen".

Mit dieser Bemerkung hat er meiner Meinung nach die "Durchführung von Streumunition durch das Bundesgebiet", nämlich den Transport von US-Streumunition, gefördert.

Mit seiner Bemerkung werden aus meiner Sicht Amtsträger beim Zoll, bei der Polizei und im Rechtswesen, die für die Einhaltung der Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes aus § 18a und § 20a zu sorgen haben, dazu aufgerufen, die USA ungehindert gewähren zu lassen, also auch nicht nachzufragen und wegzuschauen, wenn sie illegal Streumunition für die Ukraine durch das Bundesgebiet (nach Polen und dann zur Ukraine) transportieren oder transportieren wollen.

Dieser Transportweg ist keine bloße Mutmaßung. Deutschland hat in mehreren Manövern, z.B. bei Defender 2020 und zuletzt in besonderem Maße bei Defender 2023 gezeigt, dass es in jeder Hinsicht als Transitland für Waffentransporte geeignet ist.

Streubomben: Dürfen europäische Verkehrswege genutzt werden?

Es sind zahlreiche weitere europäische Staaten der Konvention gegen Streumunition beigetreten. Mit den Unterzeichnerstaaten Dänemark, Schweden und Norwegen dürfte die Passage zur Ostsee (und somit nach Polen) rechtlich verwehrt sein, ebenso der Überflug. Im Süden grenzt nur Rumänien als Nicht-Unterzeichnerstaat an die Ukraine.

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Bulgarien und Ungarn haben unterzeichnet. Ein Schiffstransport von Streumunition durch den Bosporus dürfte wegen des Vertrags von Montrieux verwehrt sein.

Ob die Türkei Überflugrechte zum Lufttransport nach Rumänien gewährt, dürfte mehr als fraglich sein, auch wenn sie die Konvention nicht unterzeichnet hat.

Es ist daher für die USA von größtem Interesse, die der Ukraine zugesagte Streumunition baldmöglichst, unhinterfragt und ohne rechtliche Hindernisse durch das deutsche Bundesgebiet nach Polen und von dort zur Ukraine transportieren zu können.

Dr. Steinmeiers Bemerkung muss als öffentliche Mahnung angesehen werden, den USA entgegen dem deutschen Kriegswaffenkontrollgesetz keine rechtlichen Hindernisse für den Transport von Streumunition durch das Bundesgebiet in den Weg zu legen.

Dies auch im Gegensatz zu Artikel II Absatz 1 des Abkommens vom 19. Juni 1951 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen (Nato-Truppenstatut), welcher die Entsendestaaten verpflichtet, das Recht des Aufnahmestaates, also das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz zu achten.

Dr. Steinmeier ist rechtlich zu gut beschlagen und beraten, als dass ich seine Bemerkung als fahrlässigen Ausrutscher werten könnte, sondern ich muss sie als bewusst vorgebracht ansehen, um den Transport von US-Streumunition durch das Bundesgebiet zu fördern, zumal Dr. Steinmeier auch bemerkte, dass die Ukraine diese Waffen benötige.

Gemäß Artikel 59 Grundgesetz vertritt der Bundespräsident "den Bund völkerrechtlich"., d.h. er ist unter anderem vollständig an die für den Bund geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen gebunden.

Dazu gehört auch das Abkommen zur Ächtung von Streumunition, das vom Bundestag als "Gesetz zu dem Übereinkommen vom 30. Mai 2008 über Streumunition" beschlossen wurde (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009, Teil II, Nr. 17 ) und die Ratifikation des Abkommens durch die Bundesrepublik Deutschland abschloss.

Die Ratifikationsurkunde ist (neben denen weiterer 110 Staaten) gemäß Abkommen bei den Vereinten Nationen hinterlegt als Ausweis gegenüber diesen Nationen und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen dafür, dass Deutschland als Rechtsstaat im Innern die Regeln dieses Abkommens zum Humanitären Völkerrecht ohne Wenn und Aber umsetzen wird, wie es in der Gesetzverkündung vom 6. Juni 2009 vorgesehen ist.

Ein Vorbehalt, dass man gegebenenfalls den USA "nicht in den Arm fallen" dürfe, ist darin nicht niedergeschrieben.

Dr. Steinmeiers Äußerung ist meiner Meinung nach auch unter diesem Gesichtspunkt ein Verstoß gegen § 20a, Abs (1), Nummer 3 in Verbindung mit Nummer 1 Kriegswaffenkontrollgesetz.

Ich bitte Sie daher, im Sinne dieser Strafanzeige zu ermitteln. Sollten Sie nicht zuständig sein, so bitte ich Sie, die Anzeige an die zuständige Stelle weiterzuleiten.

Ich bitte Sie, mir den Eingang zu bestätigen und mir das Aktenzeichen mitzuteilen.