Abnutzungskrieg in der Ukraine: "Rein militärisch kommen wir da nicht mehr heraus"

Seite 3: "Regelrechte Kriegsbegeisterung"

Wie entstand diese Kriegsrhetorik? Woher kommt der Ton?

Erich Vad: Das ist für mich wirklich eine gute Frage, die ich abschließend noch nicht beantwortet habe. Wie kam diese – mittlerweile ruhiger gewordene – regelrechte Kriegsbegeisterung und -rhetorik wie 1914 zustande?

Wir sind doch eigentlich ein durch und durch pazifistisches Land, vor allen Dingen die Grünen als Partei. Diese Mutation von einer Friedens- zu einer Kriegspartei wundert mich am meisten. Für mich ist das psychologisch nur mit einer zum Teil mit schrillen Tönen ausgelebten kollektiven Übersprungreaktion erklärbar.

Auch bei der FDP herrscht nicht gerade eine liberale Argumentation vor. Und dass die bürgerliche Opposition im Bundestag auch einfach mitmacht, hat mich sehr enttäuscht.

Ich weiß aber auch von vielen, dass sie hinter vorgehaltener Hand sagen: Na ja, so ganz richtig finden wir das auch nicht, wenn sich deutsche Außenpolitik nur noch eindimensional auf Waffenlieferungen fokussiert und nicht mehr auf Diplomatie, Interessenausgleich und Konfliktlösung.

Aber auch das stimmt nachdenklich, weil wir offenbar ein Klima haben, wo man sich nicht mehr so richtig traut, das wirklich zu artikulieren, was man sagen möchte. Das sieht man jetzt auch bei den Reaktionen auf das Manifest. Hunderttausende finden jetzt im Grunde zum ersten Mal durch das Manifest Gehör. Deswegen finde ich die Initiative von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht richtig gut – und deshalb mach ich da auch mit.

Das Interview ist im Overton-Magazin erschienen.