Apple droht Milliardenstrafe wegen Steuertricks in Irland
Die EU-Kommission kündigt einen Bericht über Steuertricks von Apple und Fiat in Irland an, das nun offenbar Steuerlöcher schließen will
Nach Angaben der Financial Times (FT) drohen Apple wegen illegaler Steuervorteile in Irland nun Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Über mehr als zwei Jahrzehnte habe Apple von illegalen Steuerdeals mit Irland profitiert. Die EU-Kommission hat angekündigt, am Dienstag einen Bericht über mögliche illegale Steuertricks von Apple und zu Tricks von Fiat in Luxemburg zu veröffentlichen. Bald würden auch Untersuchungen zu Starbucks in den Niederlanden dargelegt. Und Irland will offenbar angesichts der Vorgänge in die Offensive gehen und Steuerschlupflöcher schließen. Die haben es Firmen wie Apple und Co. über den "Double Irish" ermöglicht, Milliarden in Steuerparadiese zu verschieben, um sogar noch deutlich unter dem niedrigen Steuersatz in Irland zu bleiben.
Der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia hat zwar am Montag nicht bestätigt, dass die Würfel praktisch schon gefallen sind und Apple vermutlich eine "Rekordstrafe" in Höhe von mehreren Milliarden Euro zahlen muss, wie die FT berichtet hat. Aber Antoine Columbani bestätigte, dass zunächst am Dienstag ein detaillierter Bericht mit den Zwischenergebnissen der Ermittlungen auf den Webseiten der Kommission veröffentlicht werde. Man befinde sich erst inmitten einer Untersuchung, sagte er. Er kündigte auch an, dass daneben bisherige Ergebnisse zur Untersuchung zum Autobauer Fiat in Luxemburg veröffentlicht werden. Erst später, einen Termin konnte er noch nicht nennen, soll ein Bericht zu den möglichen Steuervorteilen kommen, welche die Niederlande der Kaffeekette Starbucks gewährt haben soll.
Schlussfolgerungen werde es in diesen Berichten am Dienstag noch nicht geben, fügte Columbani an. Zunächst würden die Gründe dafür dargelegt, warum es zu einer "eingehendere Untersuchung" kommen werde, unterstrich er. Columbani machte aber schon deutlich, dass es "ernste Zweifel" gäbe, ob die Steuerbescheide der drei Firmen mit den europäischen Regeln über staatliche Beihilfen vereinbar seien. Vermutet wird eine "bevorzugte Behandlung" von Apple gegenüber anderen Firmen in Irland, konkretisierte er für diesen Fall.
Apple beezeichnet die Ermittlungen der EU-Kommission als "sehr unglücklich"
Die FT berichtet mit Bezug auf die EU-Kommission, Apple habe bei weitem nicht einmal die ohnehin geringe Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent bezahlt, sondern nicht einmal 2%, wie schon der US-Senat festgestellt hatte (In den Fängen der Big Four) Anders als die Zurückhaltung, die der Sprecher von Almunia an den Tag legte, berichtet die FT schon, dass die EU-Kommission längst die irischen Steuerregeln im Fall Apple für unvereinbar mit den EU-Regeln hält und sie als ungesetzliche Staatshilfen bewertet. Tatsächlich ist das nicht der einzige Fall. Schon vor einem Jahr hatte die Kommission illegale Beihilfen in spanischen Werften festgestellt. Banken, Großunternehmen und Fonds mussten deshalb etwa zwei Milliarden Euro an Steuern nachzahlen (Droht den spanische Werften nach EU-Entscheidung das Aus?).
Auch sie hatten zunächst alle Anschuldigungen zurückgewiesen, wie es nun auch Apple tut. Der Finanzchef des Unternehmens erklärte gegenüber der FT, man habe gegen keine Gesetze verstoßen. Luca Maestri zeigte sich "zuversichtlich" darüber, dass die Untersuchung zeigen werde, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Bevorzugung gab. "Es gab keinen Deal und nichts, was als Staatshilfe gewertet werden könnte", sagte Luca Maestri und bezeichnete die Ermittlungen der EU-Kommission als "sehr unglücklich".
Im Fadenkreuz der Ermittlungen gegen Apple steht die Tochterfirma Apple Sales International. Sie soll allein zwischen 2009 und 2012 rund 74 Milliarden Dollar Gewinn gemacht haben, aber kaum Steuern bezahlt haben. Darauf begründe Brüssel den Vorwurf illegaler Beihilfen, berichtet die Times. Über die Tochter, die ihren Sitz in Irland hat, sollen die Widersprüche zwischen Steuergesetzen in den USA und in Irland ausgenutzt worden sein. Eigentlich müsste Apple seine Gewinne nach US-Recht in dem Land versteuern, in dem sie gegründet wurde, also in Irland. Doch nach irischem Recht ist aber das Land maßgeblich, aus dem die Firma gemanagt wird. Und so zahlt die Firma für viele Gewinne gar keine Steuern.
Tatsächlich wurde die Apple-Tochter zwar in Irland gegründet, sie wird aber aus den USA gemanagt. Die Firma hatte lange Jahre keine Angestellten, sondern nur leitende Manager, die alle in Kalifornien leben. Auch der Vorstand der Tochter tagt stets am Apple-Sitz in Cupertino. Allerdings hat die Firma seit 2012 inzwischen 250 Angestellte, doch Apple besteht weiter darauf, dass die Firma weiterhin aus den USA gemanagt wird. Das Steuersparmodell ist ausgeklügelt und wurde in einem Untersuchungsbericht des US-Senats beschrieben.
Klar ist längst, dass Irland das schlechte Image loswerden und einige Schlupflöcher schließen will, um der "aggressiven Steuerplanung" zu begegnen, mit der vor allem multinationale Unternehmen dafür sorgen, kaum Steuern bezahlen zu müssen. Irland steht deshalb schon lange am Pranger. Es wird erwartet, dass Finanzminister Michael Noonan die Gelegenheit bei der Vorstellung des neuen Haushaltsplans am 14. Oktober nutzt.
Erwartet wird, dass zumindest einige der umstrittensten Modelle der Steuervermeidung geschliffen werden, beispielsweise die als "Double Irish" oder auch "Dutch Sandwich" bekannen (Wie "geistiges Eigentum" und Steueroasen zusammenhängen). Der Trick ist, dass Waren und Dienstleistungen zwischen verschiedenen Teilen und Töchtern der Unternehmen so verschoben werden, dass die Gewinne in dem Land zu versteuern sind, wo die niedrigsten Steuern anfallen, während die Kosten dort verbucht werden, wo Steuern hoch sind, um in Hochsteuerländern keinen oder nur einen geringen Gewinn auszuweisen.
Der EU entgehen durch Steuertricks jährlich Steuereinnahmen von bis zu einer Billion Euro
Software- und Computerfirmen wie Google oder Microsoft, aber auch Pharmafirmen fallen hier ganz besonders auf. Immer dann, wenn es um eher nichtmaterielle Werte geht, kann das "geistige Eigentum" ganz besonders gut verschoben werden. Microsoft zum Beispiel soll 2011 mehr als die Hälfte seines weltweiten Gewinns über Töchter in Puerto Rico, Irland und Singapur verschoben und den effektiven Steuersatz damit auf 4% gesenkt haben. Bei Firmen, die auf große Anlagen und Maschinen zurückgreifen müssen, lässt sich die Methode dagegen nur begrenzt anwenden.
Inzwischen sprechen sich in Irland auch irische Unternehmensverbände dafür aus, den Double Irish abzuschaffen. Der Ibec meint, dass er dem Wirtschaftsstandort Irland schade. Es sei deshalb besser, die Steuergesetze "präventiv anzupassen, statt defensiv abzuwarten", sagte der Ibec-Vorsitzender Danny McCoy im Interview: "Wenn man weiß, dass es abgeschafft werden muss, dann besser als Vorreiter, indem man der Welt einen wettbewerbsfähigen Vorschlag präsentiert." Er hält die Vorstellung des Haushaltsplans in zwei Wochen für eine gute Gelegenheit dafür.
Der Leiter der Steuerabteilung der Wirtschaftsprüfungsunternehmens PriceWaterhouseCoopers (PWC) hält es für eine ausgemachte Sache, dass das Modell abgeschafft wird. "Es geht nicht mehr darum, ob die Abschaffung kommt, sondern nur noch um den Zeitpunkt", so Feargal O’Rourke. Unter ausländischen Investoren gebe es einen Konsens, dass der Double Irish nicht zu einem "nachhaltigen irischen Steuerangebot" gehören könne. Er spricht sich für eine mehrjährige Übergangsperiode und dafür aus, dass die Firmen dort Steuern auf die Gewinne bezahlen, wo sie die Gewinne machen.
Der Widerstand gegen die Steuersparmodelle nimmt zu. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) will sie bekämpfen. Denn es wird geschätzt, dass über diese Steuertricks allein der EU jährlich Steuereinnahmen von bis zu einer Billion Euro entgehen, die vor allem so große Firmen wie Google, Facebook, Microsoft, Apple, Starbucks und andere nicht bezahlen (Globaler Protest gegen zweifelhafte Uber-Geschäfte). Die Kürzungs- und Sparprogramme der letzten Jahre hätte man sich sparen können, wenn die Steuern eingetrieben wurden, stattdessen wurde die einfache Bevölkerung für die Bankenrettungen zur Kasse gebeten. Letztlich geht es aber McCoy und O'Rourke auch darum, dass der niedrige Unternehmenssteuersatz in Irland erhalten bleibt. "Die OECD hat keine Probleme mit unseren 12.5%", erklärte O'Rourke.