Ausbau der Stromnetze in Deutschland stockt – Internationale Kooperationen gefährdet

Hochspannungsisolator hält 500-Euro-Schein

Der Netzausbau in Deutschland verzögert sich massiv. Kosten explodieren, Trassen werden sabotiert. Nun droht auch das Aus für internationale Projekte.

Es versprach zu Beginn der Energiewende ein glückliches Projekt zu sein, mit Windkraft im Norden und Nordosten der Republik Strom zu erzeugen und dann nach Süden zu transportieren, wo die Industriestandorte mit dem Auslaufen der fossilen Stromerzeugung in zentralen Großkraftwerken einen Strommangel befürchteten.

Inzwischen scheint der Umbau der Stromnetze erfolgreich behindert. Alternativen scheitern an den Kosten oder politischen Ambitionen.

Die Windkraftanlagen in der Nordsee und auf privilegierten ostdeutschen Industriebrachen ermöglichten eine kostengünstige Stromerzeugung.

Leider klappte es mit dem Transport nach Süden über die sogenannten Stromautobahnen nicht, wie erhofft. Dazu trug auch die Tatsache bei, dass die Anbindungskosten an Land den Regionen zugeschlagen wurden, wo die Windkraftanlagen errichtet wurden.

Hansa PowerBridge gescheitert?

Die Hansa PowerBridge ist eine geplante Land-Seekabelverbindung, die vom Umspannwerk in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) über Fischland durch die Ostsee nach Schweden verlaufen sollte. Über eine etwa 300 Kilometer lange Gleichstromleitung sollten die Stromnetze Deutschlands und Schwedens verbunden werden.

Nach ihrer Fertigstellung sollte die Hansa PowerBridge einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des deutschen Strompreises, zur Sicherung des Übertragungsleitungsnetzes sowie zur indirekten Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien leisten.

Wenn im deutschen Nordosten ein Überschuss an Windkraftstrom aufgrund der fehlenden Übertragungsleitungen nach Süden nicht abgeleitet werden kann, sollten diese Mengen nach Schweden geliefert werden und hätten dort mithilfe von Pumpspeicherkraftwerden gespeichert und später dann wieder nach Deutschland geliefert werden können.

Jetzt will allerdings die schwedische Regierung das auf zuletzt etwa 600 Millionen Euro Baukosten geschätzte Projekt mit einer Leistung von 700 Megawatt von Svenska Kraftnät und der mehrheitlich belgischen 50Hertz nicht weiterverfolgen. Die schwedische Regierung befürchtete, dass die Verbindung zu höheren Strompreisen in Südschweden und einem insgesamt instabileren Strommarkt in Schweden führen könnte.

Hintergrund der Entscheidung war der Vorwurf, dass der Strommarkt in Deutschland ineffizient funktioniere. Zuvor war der deutsche Teil des Projekts vom NABU Mecklenburg-Vorpommern als umweltschädlich kritisiert worden.

Mit der Ablehnung der Verbindung nach Schweden hat die europäische Integration des Strommarkts einen bedeutenden Rückschlag erlitten.

Zusammenarbeit mit Frankreich auf dem Spiel

Obwohl die französische EdF während der wartungsbedingten Kraftwerksausfälle und Leistungseinschränkungen aufgrund des Mangels an Kühlwasser immer wieder Strom aus Deutschland beziehen musste, um die heimische Stromversorgung sicherzustellen, gibt es in Frankreich inzwischen Bestrebungen, den Stromhandel mit Deutschland einzustellen.

Sollte die Partei von Marine Le Pen, die Rassemblement National (RN), die Parlamentswahlen in Frankreich gewinnen und die nächste Regierung stellen, dürfte die europäische Energiepolitik ihrem Ende entgegengehen. Frankreich soll dann aus dem europäischen Energiemarkt aussteigen, um wieder eine autonome Stromproduktion und damit günstigere Strompreise garantieren zu können.

Ziel sei es, sich von den europäischen Strompreisregularien zu lösen und einen rein französischen Strompreis zu erhalten. Die Abkopplung von der EU würde die Strompreise in Frankreich um 30 bis 40 Prozent senken. Zudem solle mit einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom, Gas und Kraftstoff von 20 auf 5,5 Prozent weitere Preissenkungen ermöglicht werden.

RN-Spitzenkandidat Jordan Bardella warf Deutschland in diesem Zusammenhang vor, die Strompreise künstlich so festzulegen, dass das teuerste noch eingesetzte Kraftwerk den Preis in Frankreich bestimme.

Merit-Order sorgte bei hohem Strombedarf in Frankreich jedoch auch im deutschen Strommarkt für steigende Preise. Ob die Alternative, den Strompreis mithilfe von deutschen Subventionen zu senken, wenn die Nachfrage aus Frankreich steigt, in Deutschland auf hohe Zustimmung sorgen würde, ist fraglich.

Kommt RN an die Macht, soll laut Parteiprogramm der Zubau von Solarenergie gestoppt und Windkraftanlagen zurückgebaut werden. Der Klimawandel wird zwar nicht geleugnet, allerdings sieht man mit einer rein französischen Lösung die Möglichkeit, die Globalisierungslüge zu beenden.

Auch in Deutschland steht die Desintegration der nationalen Stromversorgung an

Der Widerstand von Anliegern, auf den vor allem Politiker in Bayern bereitwillig aufgesprungen sind, hat schon die Trassenplanung deutlich behindert. Permanente Änderungswünsche bei den Übertragungsleitungen wie SüdLink haben die Kosten für den Leitungsbau kräftig erhöht. Aktuell sollen sich die Preise verdreifacht haben.

Aus optischen Gründen wurde gefordert, dass die Trassen als Erdkabel ausgelegt werden, was die Planung auf null zurückwarf. Kaum war die Neuplanung als Kabeltrasse begonnen, kamen Befürchtungen auf, dass Wechselwirkungen zwischen dem Höchstspannungsgleichstrom-Erdkabel und der Landwirtschaft letztere beeinträchtigen würde.

Zudem hat man plötzlich festgestellt, dass für die Verlegung von Erdkabeln mehr Platz benötigt wird, als für das Überspannen mit Freileitungen.

Bei den Übertragungsnetzbetreibern wird langsam das Geld knapp. Inzwischen werden jedoch auch beim deutschen Staat die Mittel knapp und zuletzt ist der Verkauf der deutschen Tennet-Tochter gescheitert. Über die KfW sollte ein Viertel in Bundesbesitz kommen und für den Rest hatte man auf institutionelle Investoren gehofft.

Diese Hoffnung ist jetzt gescheitert. Der Bundesregierung fehlt aufgrund der erfolgreichen Klage von Friedrich Merz vor dem Bundesverfassungsgericht inzwischen das Geld. Wie lange der niederländische Staat den Übertragungsnetzausbau in Deutschland künftig noch finanzieren will, ist derzeit nicht abzusehen.