BSW vs. Aufrüstung und Nato: Der Stolperstein für Koalitionen im Osten
BSW zeigt sich in vielen Bereichen kompromissbereit. Bei der Militärpolitik bleibt die Partei jedoch hart. Verhindert das zum Stolperstein für Koalitionen im Osten?
Es scheint, dass die Versuche, in Thüringen, Brandenburg und Sachsen Koalitionen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu schmieden, an dessen kritischer Haltung zur Militärpolitik scheitern könnten. In den letzten Wochen entstand der Eindruck, dass das BSW sich in anderen Bereichen als relativ kompromissbereit erweist, insbesondere wenn es um Migrationspolitik geht.
Seit seiner Gründung hat das BSW die Eindämmung der Migration als eine zentrale Aufgabe anerkannt, was in den Verhandlungen mit potenziellen Koalitionspartnern kaum Probleme bereitet. Auch der Klassenkampf spielte beim BSW nie eine zentrale Rolle, wodurch Konflikte in diesem Bereich ausblieben.
Ein bemerkenswertes Ereignis war die gemeinsame Abstimmung von Teilen des BSW mit der AfD und anderen rechten Parteien in Neubrandenburg für das Hissen der Regenbogenfahne, was von Wagenknecht verteidigt wurde. Diese Aktion stellte kein Hindernis für eine mögliche Zusammenarbeit dar. In der Außenpolitik jedoch bleiben die Differenzen bestehen.
Das BSW sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass Wagenknecht sich in die Koalitionsverträge der Länder einmischt. Der ehemalige Thüringer Ministerpräsident Ramelow äußerte sich mit einem unangebrachten Honecker-Vergleich, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Diese Kritik erscheint jedoch unbegründet, da es üblich ist, dass Parteivorstände bei Koalitionsverhandlungen auf Landesebene Einfluss nehmen. Ein besonders deutliches Beispiel hierfür war die Wahl des FDP-Politikers Kemmerich in Thüringen im Jahr 2020, die durch Stimmen von CDU, AfD und FDP zustande kam. Damals griff die Unionsvorsitzende und Bundeskanzlerin sofort in die Ereignisse ein, was allgemein begrüßt wurde.
Zusätzlich wird dem BSW vorgeworfen, die CDU zerstören zu wollen, was von der taz angeprangert wurde. Dies ist besonders bemerkenswert, da die taz in ihren Anfangsjahren selbst radikale Positionen vertrat.
Die Situation erinnert an den Fall des Youtubers Rezo, der in einem Video die CDU scharf kritisierte und damit Zustimmung, auch von der taz, fand. Im Jahr 2024 bleibt die Frage, warum es als problematisch angesehen wird, eine rechtskonservative Partei zu kritisieren, die unter Friedrich Merz einen Vertreter wirtschaftlicher und militaristischer Interessen an ihrer Spitze hat.
Die aktuelle Debatte um das BSW dreht sich um seine ablehnende Haltung gegenüber dem neuen Militarismus. Das BSW scheint entschlossen, seine Wahlversprechen in diesem Bereich einzuhalten, während andere Parteien bereits Kompromisse eingegangen sind. Eine Zusammenarbeit mit pro-Nato-Parteien könnte das BSW in eine schwierige Position bringen und seine Glaubwürdigkeit untergraben.
Es wird als arrogant oder provokant wahrgenommen, wenn Merz während der Koalitionsgespräche seine Zustimmung zu den Taurus-Lieferungen in einer Talkshow kundtut und damit die Kriegsbeteiligung Deutschlands weiter vorantreiben möchte.
Es wird spekuliert, dass Merz mit diesem Interview bewusst seine Unterstützung für den atlantischen Militarismus betonen wollte. Ihm wurde bereits in der Wochenzeitung von Wolfgang Michal unterstellt, dass er sich bald der militärkritischen Stimmung innerhalb der Bevölkerung anpassen könnte.
Doch der deutsche Imperialismus hat in der Vergangenheit selten Rücksicht auf die öffentliche Meinung genommen. Die Gründung der Bundeswehr und der Nato-Beitritt erfolgten ohne breite Zustimmung der Bevölkerung, und Kritiker wurden oft kriminalisiert. Auch die Stationierung von Mittelstreckenraketen in den 1980er-Jahren stieß auf großen Widerstand in der Bevölkerung, der jedoch ignoriert wurde. Viele der damaligen Gegner haben mittlerweile ihre Haltung geändert.
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