Bildbearbeitung für Einsteiger

"Paint Shop Pro": "Photoshop für Arme" oder schlankere Lösung zur einfachen Bildbearbeitung?

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Photoshop ist der große Alleskönner, das Werkzeug für Zeichenkünstler und Profifotografen ebenso wie mehr oder weniger talentierte Bildfälscher. An einer Bildbearbeitung kommt auch der nicht mehr vorbei, der keine unlauteren Absichten hat. Doch das Monsterprogramm von Adobe überfordert so manchen Computerbenutzer. Ist Paint Shop Pro eine flottere und preiswertere Alternative?

Photoshop ist das Flaggschiff des Softwareherstellers Adobe und in der Profi-Ausstattung teurer als so manche Hardware, auf der das Programm läuft. Es gibt kaum etwas, das Photoshop nicht kann, doch viel, das die Benutzer nicht können, wenn sie nicht gerade gelernte Grafiker oder DTP-Layouter sind. Normale Nutzer überfordern all die unzähligen Möglichkeiten glatt und es dauert eine Weile, sich in diese Software einzuarbeiten, zumal Adobe traditionell auch ein etwas anderes Bedienungs-Interface benutzt als andere Windows- oder Mac-Programme.

Paint Shop Pro kam aus der Sharewareszene, und schon die Versionen 3 und 4, die noch für ältere Windows-Systeme geschrieben waren, machten sich in vielen Redaktionen breit, um Bilder zumindest notdürftig zurechtzuschneiden – zum Leidwesen der Layouter, die große Bedenken hatten, dass die Redakteure ihnen mangels Kenntnis nun alles Rohmaterial bereits verpfuscht liefern.

Schneller, billiger, einfacher

Spätestens mit der Version 7 war vom einstigen Sharewaregedanken auch nicht mehr geblieben, doch der Preis war immer noch deutlich günstiger als bei Photoshop – und auch die Bedienung. Mit EXIF-Kameradaten konnte diese Version noch nicht umgehen, doch sie war die letzte, die schnell und kompakt arbeitete und daher auch heute noch bei vielen Redakteuren und Webdesignern im täglichen Einsatz ist. Sie konnte gut Bilder zuschneiden, verkleinern, in Helligkeits-, Kontrast- oder Farbwerten verändern, schärfen oder entschärfen. Und natürlich auch manipulieren, wenn es denn nötig war, mit dem berühmten Kopierpinsel, dessen unsachgemäße Anwendung sofort und dessen fachmännische Anwendung etwas später auffällt, hat sie auch schon zu bieten.

Version 8 konnte dann erstmals mit den EXIF-Kameradaten umgehen, diese auch auslesen und weiterverarbeiten. Diese Version war nun skriptfähig; man konnte also ganze Bilderordner nach einem einmal entwickelten Schema bearbeiten, um sie beispielsweise für die Webpräsentation zu verkleinern und mit Kommentaren zu versehen. Außerdem tauchte erstmals die sonst von Einsteigerprogrammen bekannte Funktion der automatischen Fotooptimierung auf: man musste nicht mehr manuell ausprobieren, ob ein Bild nun mit mehr oder weniger Kontrast oder mit mehr oder weniger Helligkeit besser aussah und in welcher Richtung denn der Farbstich zu beheben sei: sowohl Farbsättigung, Kontrast, Schärfe als auch Helligkeit konnten nun auch automatisch eingestellt werden.

Dies geschieht typischerweise mit einer Histogrammanalyse; das bedeutet, die Eckwerte des Bildes werden festgestellt und anschließend wird das Bild möglichst auf den gesamten technisch möglichen Darstellungsraum abgebildet. Auf diese Art verschwinden Farbstich und graue Schleier, die Bilder werden kontrastreicher und farbiger. Peinlich ist nur, wenn dies gar nicht sein soll, wenn auf dem Bild bei Sonnenuntergang der Farbstich erwünscht ist oder beim Nebelspaziergang die grau-weiße Suppe.

Automatische Bildoptimierung

Bei 95% der Bilder funktioniert jedoch der Algorithmus, wobei Paint Shop Pro 8 hier insbesondere dadurch auffiel, es nicht zu übertreiben, kontrastarme Bilder also nicht gefühl- und gnadenlos bis zum Anschlag "hoch zu drehen", sondern ein relativ natürliches Ergebnis zu liefern, in dem einerseits der verfügbare Kontrastraum ausgenutzt wurde, andererseits besonders dunkle oder besonders helle Flächen im Foto angepasst wurden. Dies war besonders nützlich beispielsweise bei Blitzaufnahmen, die vorn zu hell und hinten zu dunkel sind, ebenso wie bei allen anderen Bildern mit unbeaufsichtigt hohem Kontrast. Es wird also das gemacht, was auch bei speziellen Hoch-Kontrast-Aufnahmen getan wird (Auf zum Lichtsammeln), um diese überhaupt auf einen normalen Monitor darstellen zu können.

Original-Unterwasseraufnahme im tropischen Korallenriff: Schön, aber trüb und grünstichig (Bild: W.D.Roth)

Auch bei der Farbe erwies sich Paint Shop Pro 8 als besser als so mancher Bildoptimierungsalgorithmus beispielsweise von Diascanner: Es wurde typischerweise eine goldene Nachmittagstimmung eingestellt, die im Normalfall sympathisch wirkt, und Unterwasseraufnahmen verlieren ihren typischen Farbstich. Allerdings kann Paint Shop Pro 8 mit dem RAM-Speicher nicht besonders gut umgehen: Wer Hunderte von Bildern mit einem Batchskript verarbeiten will, wird feststellen, dass sein Rechner beziehungsweise Paint Shop Pro plötzlich mittendrin wegen Speichermangels aussteigt.

Mit der aktuellen Version Paint Shop Pro 10, die sich nun römisch mit einem X statt der 10 schreibt, wurde die Software, die vorher von Jasc entwickelt und angeboten wurde, von Corel aufgekauft. Nicht immer ein gutes Zeichen, ebenso wie Adobe hat Corel viele Grafikprogramme nur aufgekauft, um sie dann einschlafen zu lassen. Paint Shop Pro hat dies hoffentlich nicht vor sich: Corel mat das Programm mit zusätzlichen Hilfsmenüs für Anfänger sowie 16-Bit-Verarbeitung für höhere Farbauflösung aufgerüstet. Auch die Geschwindigkeit und Speicherprobleme sollen nun gelöst sein. Die Fotooptimierung hat allerdings die Vernunft der 8er-Version verloren: nun werden alle Fotos gnadenlos überzogen optimiert, was dann schon einmal von Pastelltönen zum Weltuntergang führt.

So kennt man es dann aus Bildbänden und Urlaubsprospekten: Mit der Fotooptimierung von Paint Shop Pro 8 ist das Wasser plötzlich glasklar (Bild: W.D.Roth)

Für den Einstieg in die Bildbearbeitung, um die kaum ein Blogger, Homepage-Bastler und Digitalkamerabesitzer mehr herum kommt, ist Paint Shop Pro auch heute noch eine gute Wahl – wer Geld sparen will, kann auch schauen, ob er einer der älteren Versionen als Zugabe oder gebraucht günstig bis geschenkt findet. Nur absolute Profis sind weiter auf Photoshop angewiesen, bei dem auch ältere Versionen oder die gerne Scannern und anderer Hardware beigelegte Einfach-Variante "Photoshop Elements" nicht unbedingt einfacher zu bedienen sind als die neueste Profi-Version CS2, sondern nur weniger Möglichkeiten bieten.