Bundesanwaltschaft, BKA und LKA sabotieren NSU-Ausschuss

Seite 4: Keine Stellungnahme - "aus prinzipiellen Gründen"

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Eine Stellungnahme wollte das LKA gegenüber Telepolis nicht abgeben - aus prinzipiellen Gründen und "aus Respekt vor dem Untersuchungsausschuss", so ein Sprecher.

Verweigerte Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft, ein falscher Zeuge des BKA, Beeinflussungen seitens des LKA - dass obendrein ein Zeuge nicht erschien, komplettiert die Sabotage dieses U-Ausschusses. Markus Mike F. zählte zur Chemnitzer und Jenaer Neonazi-Szene, zog Anfang der 90er Jahre nach Baden-Württemberg und war einer der wichtigsten Verbindungsleute zwischen der ost- und westdeutschen Szene. Er hatte auch Kontakte nach Heilbronn.

Schon gegenüber der zahnlosen, weil mit wenig Kompetenz ausgestatteten Ermittlungsgruppe (EG) Umfeld des LKA, hatte F. 2013 die Aussage verweigert, ohne dass er dafür belangt werden konnte. Jetzt hatte ihn der Ausschuss geladen. Er blieb ihm unentschuldigt fern.

Andererseits lieferte die Sitzung weitere Details der engen Verflechtung zwischen Neonazis aus Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen. So erfuhr man, dass der Anführer des Netzwerkes Blood and Honour von Sachsen, Jan B. Werner, der unter anderem an der Waffenbeschaffung für das Trio beteiligt gewesen sein soll, bei der NPD-Funktionärin Heike Simone W. zu Besuch war.

Auch gegen Werner läuft ein Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft. Das Besondere: Die NPD-Frau wohnte in Oberstenfeld, knapp 20 km südöstlich von Heilbronn, jenem Ort, wo ein halbe Stunde nach dem Polizistenmord, das mutmaßlich von Uwe Böhnhardt angemietete Wohnmobil von der Polizei registriert wurde. Bei der Ringfahndung wurden lediglich Auto-Kennzeichen aufgeschrieben, aber keine Fahrzeuge kontrolliert.

In oder bei Oberstenfeld wohnten noch mehr Szenemitglieder: Der frühere NPD-Funktionär Jörg H. sowie Andreas Graupner, ebenfalls aus Chemnitz nach BaWü umgesiedelter Rechtsextremist, der zum NSU-Umfeld zählte.

In Oberstenfeld untergeschlüpft?

Sind Böhnhardt und Mundlos nach der Tat in Oberstenfeld untergeschlüpft? Die Zeugen verneinten das für sich. Und Hinweise auf ein Unterkommen in dem Ort wollen die Ermittler nicht haben. Fuhr das Duo die Fluchtstrecke über Oberstenfeld, weil sie sie kannte? Oder saßen die beiden etwa gar nicht am Steuer des Fahrzeuges und andere Personen, Täter oder Helfer des Mordanschlages, suchten in Oberstenfeld Schutz?

Jedenfalls: Ob und wenn ja, wie die rechtsextreme Szene mit dem Polizistenmord zusammenhängt, bleibt bisher ein Rätsel. Wer aber andere Täter als die beiden Uwes ausschließt, wie es der Ausschuss in Einklang mit der BAW tut, wird dieses Rätsel - mutmaßlich - nicht lösen.

Vielleicht ist das fortgesetzte Scheitern dieses Ausschusses auch der Hintergrund einer aktuellen Personalie. Mit Matthias Fahrner verlässt innerhalb weniger Monate nach Simon L. der zweite wichtige Berater das Ausschussbüro. Fahrner war seit fünf Jahren intensiv mit dem NSU-Skandal befasst, zunächst als Vertreter des Landes Baden-Württemberg beim ersten U-Ausschuss des Bundestages, danach als rechte Hand des UA-Vorsitzenden Drexler in Stuttgart. Er will nun mit NSU nichts mehr zu tun haben.

Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes MI (Military Intelligence) in Hanau

Man könnte darin eine Absetzbewegung erkennen, wenn nicht zugleich ein spektakulärer Zugang zu verzeichnen wäre: Mit Rudolf K. heuert bei der AfD-Fraktion ein Mann an, der vor kurzem selber noch als Zeuge vor diesem Ausschuss saß. K. war einmal Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes MI (Military Intelligence) in Hanau. Nach Aufdeckung des NSU meldete er sich bei der Polizei und gab an, er habe am Tag nach dem Polizistenmord ein Gespräch zweier US-Beamten mit angehört, die sich über eine missglückte US-Operation am Vortag in Heilbronn unterhalten hätten.

In Heilbronn sei der Terrorist und Geheimdienstinformant Mevlüt Kar observiert worden. Vor dem Ausschuss in Stuttgart wiederholte K. diese Version allerdings nicht. Er äußerte sich allgemein und unbestimmt, die zwei GIs hätten nur über den Anschlag geredet.

Nach seinem Zeugenauftritt soll ihn die AfD, die bisher gleichsam nicht durch besonders investigative Fragen aufgefallen ist, auf eine Mitarbeit angesprochen haben. Er nahm das Angebot an, erklärt aber, dass die AfD für ihn politisch "ganz weit weg" sei. Die Identität dieses neuen AfD-Mitarbeiters enthüllte während der öffentlichen Presserunde nach der Sitzung kein anderer als der Ausschussvorsitzende selber. 1