Chinas riskanter Tech-Boom: Fortschritt auf Kosten sozialer Stabilität?

Nahaufnahme von Mao Tse Tung auf Yuan-Banknote mit einer Börsendiagramm für Devisenbörse

(Bild: Dilok Klaisataporn / Shutterstock.com)

Wirtschaft im Umbruch: Chinas Tech-Sektor boomt dank politischer Förderung, Immobilienmarkt kriselt. Welchen Preis zahlt die Gesellschaft für den rasanten Wandel?

Chinas Wirtschaft sendet derzeit widersprüchliche Signale: Die Immobilienkrise bereitet weiterhin erhebliche Probleme, andererseits zeigt der Technologiesektor eine bemerkenswerte Dynamik.

Zwiespalt: Immobilienkrise trifft auf Technologieboom

Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, hat die Schwäche im Immobiliensektor zum langsamsten Quartalswachstum seit fünf Quartalen geführt. Gleichzeitig treibt die Regierung unter Präsident Xi Jinping die Entwicklung von Hightech-Industrien voran.

Xi hatte bereits 2017 einen Wandel hin zu "qualitativ hochwertigem Wachstum" gefordert. Laut einer Analyse von Bloomberg Economics könnte der Hightech-Sektor bis 2026 bereits 19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften, verglichen mit 11 Prozent im Jahr 2018. Nimmt man die von Beijing als "The New Three" bezeichneten Bereiche Elektrofahrzeuge, Batterien und Solarpaneele hinzu, könnte der Anteil sogar auf 23 Prozent steigen.

Xuzhou als Musterbeispiel für Chinas wirtschaftlichen Wandel

Die Stadt Xuzhou, auf halbem Weg zwischen Beijing und Shanghai gelegen, ist ein Beispiel für diesen Wandel. Früher auf Schwerindustrie wie Kohle, Stahl, Zement und Immobilien angewiesen, setzt die Neun-Millionen-Metropole heute auf neue Energien, Maschinenbau und neue Materialien.

Ein Beispiel dafür ist das Unternehmen GCL Technology. Sie ist der weltweit zweitgrößte Hersteller von Polysilizium, einem Schlüsselmaterial für die Produktion von Solarzellen. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren mehr als 5.000 Arbeitsplätze geschaffen.

Immobilienboom und seine Folgen: Verschuldung und Preisverfall

Die Transformation der Wirtschaft bringt aber auch Belastungen mit sich. Seit 2015 boomt der Immobiliensektor in Xuzhou wie in vielen anderen Städten Chinas. Damals wurden Barackensiedlungen abgerissen, um Platz für neue Häuser zu schaffen. Nicht nur der Immobiliensektor profitierte von den Neubauten, sondern auch Branchen wie die Möbelindustrie.

Mit dem Konsum stieg aber auch die Verschuldung, was den Behörden zunehmend Sorge bereitete. Schließlich zogen sie die Bremse. In einigen Regionen haben sich die Immobilienpreise seit 2021 mehr als halbiert. Und auch in Branchen wie der Möbelindustrie und dem Möbelhandel sind die Umsätze eingebrochen.

Trotz dieser Probleme hält die Regierung in Beijing an ihrer angebotsorientierten Politik fest, die in einigen Bereichen zu Überkapazitäten auf dem Markt und einem deutlichen Preisverfall geführt hat. Die Umlenkung von Produkten auf den Weltmarkt hat zu protektionistischen Gegenmaßnahmen westlicher Länder geführt.

Soziale Herausforderungen: Einkommensunterschiede und KI-Einsatz

Verursacht die Politik der chinesischen Regierung Probleme auf den Außenmärkten, so hat sie auch Auswirkungen auf den sozialen Frieden im Land selbst. David Li Daokui, einer der bekanntesten Ökonomen des Landes und Regierungsberater, befürchtet laut Bloomberg eine Konzentration des Geldes in wenigen Händen. Getrieben vom Technologieboom könnte es hauptsächlich in die Taschen der Unternehmen fließen und weniger in die der Verbraucher. Das könnte die Einkommensunterschiede weiter verschärfen.

Li hat deshalb ein Problem mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Dem Bericht zufolge arbeitet er an einem Vorschlag für die Regierung, den Einsatz von KI in bestimmten Berufen einzuschränken. Damit soll ein möglicher massiver Verlust von Arbeitsplätzen verhindert werden.

Chinas ambitionierte Ziele: Aufholjagd zur wirtschaftlichen Supermacht

Ob er damit auf Gegenliebe stößt, ist fraglich. Denn die chinesische Führung sieht in der Technologieförderung eine Möglichkeit, die Abhängigkeit von den USA und ihren Verbündeten zu verringern. Zudem verfolgt sie ein ehrgeiziges Ziel: China soll bis 2035 ein "durchschnittlich entwickeltes Land" werden. Dazu müsste das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf von derzeit 12.600 US-Dollar auf über 20.000 US-Dollar steigen.

Auch bei einer anderen ökonomischen Kennziffer liegt China noch weit hinter den USA zurück: der totalen Faktorproduktivität. Hier erreicht sie nur rund 40 Prozent des US-Wertes. Um den Rückstand aufzuholen, sei ein "harter Kampf" nötig, sagen Ökonomen.