Covid-19-Impfung: Auf der Suche nach den 95 Prozent Wirksamkeit

Seite 4: Das Verschwinden des Schutzes der Anderen

Bis in den Herbst 2021 war das Erreichen der Herdenimmunität in aller Munde. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn ging beispielsweise am 22. September 2021 davon aus, dass im Frühjahr 2022 die Herdenimmunität erreicht sei.

Im Oktober freute sich noch Prof. Christian Hesse, Mathematiker und Leiter der Abteilung für Mathematische Statistik an der Universität Stuttgart, dass die Herdenimmunität bald erreicht sei.

Dann stieg der notwendige Anteil der Geimpften an der Bevölkerung immer mehr, um das erwünschte Ziel zu erreichen, bis niemand mehr von einer Herdenimmunität sprach.

Am 15. Oktober 2022 veröffentlichte das RKI zum Thema der Impfwirksamkeit folgende Aussage:

Über die Transmission (Übertragbarkeit des Virus) unter Omikron gibt es bisher keine ausreichenden Daten; sie scheint bei Geimpften weiterhin reduziert zu sein, wobei das Ausmaß der Reduktion nicht vollständig geklärt ist. Haushaltsstudien aus Norwegen und Dänemark zeigen, dass eine Impfung auch unter vorherrschender Zirkulation der Omikron-Variante die Übertragbarkeit um sechs bis 21 Prozent nach Grundimmunisierung und nach Auffrischimpfung um weitere fünf bis 20 Prozent reduziert.

RKI

Vom Fremdschutz der Impfung, der logischerweise die Grundvoraussetzung für Impfpflichten und 2G-Regelungen war und auf dem zahlreiche verbale Angriffe gegen Ungeimpfte basierte, war nicht mehr viel geblieben. (Wohlgemerkt: Corona-Impfpflicht für Soldatinnen und Soldaten bleibt vorerst bestehen, wie noch Ende Mai 2023 entschieden wurde).

Ab dem 7. Februar 2023 findet man auf derselben Webseite des RKI dann nur noch folgende lapidare Aussage:

Nach erstem Auftreten der Omikron-Variante wurde eine reduzierte Wirksamkeit gegen Transmission beobachtet im Vergleich zur zuvor zirkulierenden Delta-Variante. Die Virusvariante hat sich seit Durchführung der bekannten Studien weiter verändert, wobei zur aktuell zirkulierenden Subvariante von Omikron keine Daten zum Transmissionsschutz bekannt sind.

RKI

Einen ähnlichen Schwund quasi jeglichen Fremdschutzes gibt es auch auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums zu entdecken. Ab dem 6. Juli 2022 lautete die wohlbekannte Aussage:

Impfungen schützen nicht nur geimpfte Menschen selbst, sondern auch andere: Denn vollständig geimpfte Menschen übertragen das Corona-Virus nur selten.

Am 23. Januar 2023 wird diese dann geändert, drei Monate, nachdem das RKI einen nur noch sehr geringen Infektionsschutz der Impfung angegeben hatte. Nun beantwortet das Bundesgesundheitsministerium die Frage "Wie kann ich mich und andere vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen" nicht mehr mit dem Ratschlag zur Impfung.

Diese wird noch nur als "Schutz vor schweren Krankheitsverläufen" empfohlen.

Vermengung

Prof. Alexander Kekulé, Virologe und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität Halle, äußerte sich gegenüber Telepolis zu dem Phänomen, dass oftmals die 95 Prozent als Schutz vor Infektion und nicht als Schutz vor Erkrankung verstanden wurden:

Die Zulassungsstudien untersuchten die "vaccine effciency" (VE) in Bezug auf die Verhinderung symptomatischer Covid-19 Fälle. Darauf bezog sich auch die VE von ca. 95 Prozent.

Das ist auch bei anderen Impfstoffen so üblich. Dass in gleichem Maße (teilweise asymptomatische) Infektionen verhindert würden, hat kein seriöser Fachmann behauptet. Aber ja, in der Politik wurde das bekanntlich ungut vermengt.

Alexander Kekulé

Prof. Klaus Stöhr, Virologe und Epidemiologe und ehemaliger Leiter des Globalen Influenza-Programms und Sars-Forschungskoordinator der WHO, antwortete auf telefonische Anfrage von Telepolis, Experten sei immer klar gewesen, dass eine Impfung gegen ein Virus, das über die Nasenschleimhaut in den Körper dringt, niemals zu einer sterilen Immunität führen kann, wenn sie in den Arm gespritzt wird. Deswegen haben die Impfstofffirmen auch in ihren klinischen Studien nicht darauf untersucht.

Der Beleg einer Wirksamkeit gegen eine Infektion als Voraussetzung der Zulassung bei der Ema und die Vorstellung einer möglichen Herdenimmunität sei immer absurd gewesen. Der fehlerhafte Glaube der Bevölkerung im Winter 2020/21, die Impfung schütze zu 95 Prozent vor Ansteckung, hingegen zeigt, wie irreführend die Kommunikationskampagne der Regierung gewesen sei.