Cruise Control: Wie GM sein Robotaxi-Projekt gegen die Wand fuhr
Für General Motors wurde das Projekt "Cruise" zum Milliardengrab. Jetzt gibt man das Geschäft mit den autonom fahrende Robotaxis auf und überlässt das Feld dem Wettbewerb.
Vollautonom fahrende Fahrzeuge von Cruise hatten in San Francisco mehrfach pro Tag Rettungsfahrzeuge blockiert oder durch ruckartiges Bremsen Auffahrunfälle verursacht. Jetzt überlässt General Motors das Robotaxi-Feld der Google-Tochter Waymo.
Waymo nutzt hauptsächlich umgebaute elektrische Jaguar iPace als Robotaxis und hat keine eigene Fahrzeugfertigung wie Cruise. Der Jaguar iPace ist ein SUV der zum indischen Tata Konzern zählenden Jaguar Land Rover.
Produziert hatte GM die eigenen Robotaxis Origin in der Factory Zero in Detroit-Hamtramck. Der Origin ist ein von vornherein auf vollautonomes Fahren ausgelegtes Auto, das kein Lenkrad und keine Pedale hat.
Es gibt nicht mal einen Platz für einen Fahrer. Mit dem ursprünglich zum Robotaxi umgebauten Chevrolet Bolt hat der busförmige Origin nichts zu tun. Das Großraum-Taxi hatte GM zusammen mit Honda entwickelt.
Das Know-how von Cruise soll jetzt bei General Motors integriert und die vollautonomen Fahrzeuge sollen künftig nur noch an Privatkunden verkauft werden. Man will sich nicht aus der Welt des autonomen Fahrens zurückziehen, sondern nur aus dem Taxibereich.
Ein Bereich, der nicht mehr genügend Rendite verspricht, was in Deutschland zuletzt auch Mercedes dazu bewogen hatte, das Taxigeschäft aufzugeben, weil es nicht mehr zum Luxusimage der schwäbische Autobauer passt und die Marge beim Verkauf von Taximodellen zu schlecht sei. Jetzt übernehmen japanische Hersteller wie Toyota größere Anteile am deutschen Taximarkt.
Dass Mercedes-Taxis dennoch nicht ganz aus dem Straßenbild verschwinden, liegt an Firmen wie Intax aus Oldenburg. Der Spezialumbauer bietet weiterhin ein Taxi-Komplettpaket für die Mercedes E-Klasse mit der nötigen technischen Komplettausstattung an: Funk, Taxameter und Dachzeichen, eine Notalarmanlage und eine spezifische Schaltung für das Innenraumlicht.
Taxi-Betrieb von Cruise hatte keine Aussicht, rentabel zu werden
Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben in den USA den Einsatz autonomer Taxis erschwert. Die chinesische Politik ging hier deutlich pragmatischer vor, weil man etwa den Einsatz autonomer Taxis anfangs nur mit gedrosselter Geschwindigkeit erlaubt hat und nur zu Zeiten mit wenig sonstigem Verkehr. Somit war für die Technik ein stressfreies Lernen möglich.
In den westlichen Ländern haben auch andere Automobilhersteller wie Ford Motors und Volkswagen ähnliche Rückzüge erlebt, nachdem ihre milliardenschweren Pläne für das Ridehail-Geschäft nicht die erhofften Ergebnisse gebracht hatten. In den USA bleibt jetzt Tesla als einziger reiner Automobilproduzent im Robotaxi-Rennen vertreten, während Internetfirmen wie Alphabet und Amazon mit ihren Algorithmen auf den Markt drängen.
Tesla hat sich inzwischen als Berater der kommenden US-Regierung in die Pole-Position manövriert, die für die passende Gesetzgebung sorgen kann, weil sie damit chinesische Anbieter zumindest in den USA und möglicherweise auch in der EU ausbremsen kann. Das Risiko, dass chinesische Fahrzeug-Komponenten bald genauso wenig in den Westen geliefert werden dürfen, wie jetzt schon Drohnen-Komponenten aus dem Reich der Mitte, bleibt allerdings bestehen.
Wenn Hersteller vernetzter Fahrzeuge in die Insolvenz rutschen
Ein anderes derzeit noch kaum beachtetes Risiko ist die Tatsache, dass Hersteller smarter Fahrzeuge insolvent werden und die Serverinfrastruktur, die zum Betrieb der Fahrzeuge benötigt wird, abgeschaltet wird, wie es jetzt bei Fisker geschieht.
Dort fehlen inzwischen nicht nur die versprochenen Updates, die Fehler aus der Startproduktion beseitigen sollten. Auch zahlreiche Funktionen, die Software-basiert angeboten wurden, sind nicht mehr verfügbar.
Im Juli 2024 kündigte dann der US-Autovermieter und Uber-Partner American Lease an, die bislang nicht verkauften 3.300 Fisker Ocean zu einem Preis von mehreren Millionen US-Dollar für sein Vermietungsgeschäft zu übernehmen.
Zusätzlich sollte die Serverinfrastruktur für den digitalen Betrieb und Support für fünf Jahre in Lizenz weiterbetrieben werden, die auch die bereits verkauften Fahrzeugen weiter nutzen können sollten. Ob die Fisker-Fahrzeuge in fünf Jahren dann endgültig funktionslos werden, ist derzeit noch offen.
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Fisker ist kein Einzelfall. Mitte 2022 geriet das 2015 in Shanghai gegründete E-Auto-Unternehmen WM Motor in finanzielle Schieflage. Zu diesem Zeitpunkt produzierte die Firma bereits vier verschiedene Modelle in zwei Fabriken und verkaufte zehntausende Fahrzeuge pro Jahr. Das Unternehmen musste dann im Oktober 2023 Insolvenz anmelden. Derzeit besteht die Hoffnung, dass Wettbewerber Teile der Firma und den Serverbetrieb übernehmen.
General Motors will keine Dienstleistungen mehr anbieten
Der größte US-amerikanische Automobilhersteller wollte mit den autonomen Taxis die Transformation von einem reinen Hardwarehersteller zu einem landesweiten Anbieter von Fahrdienstleistungen umsetzen, ist dabei jedoch auf der ganzen Linie gescheitert und kehrt jetzt wieder zu den Anfängen als Hardwareanbieter zurück.
Anstatt auf den Robotaxi-Dienst Cruise zu setzen, wird der Fokus nun auf die Entwicklung selbstfahrender Technologien für an Private verkaufte Pkws gelegt. Diese Entscheidung ist offensichtlich eine Folge des steigenden Konkurrenzdrucks durch Anbieter, die sich rundum auf die benötigte Software fokussieren und die Hardware jeweils zukaufen und sich damit am Markt das bestgeeignete Modell aussuchen können, ohne eigene Fertigungskapazitäten finanzieren zu müssen.
Die aktuelle Neuausrichtung von GM wirft Fragen zur Zukunftsfähigkeit traditioneller Automobilhersteller auf, da sie sich jetzt auf selbstfahrende Technologien für privat genutzte Fahrzeuge konzentrieren und damit einen Teil ihres ursprünglichen Privatkundenmarktes kannibalisieren.