Das Chaos der Wahl: Wie wählen Menschen ihre Lebensmittel aus?
Was bewegt Verbraucher, gesunde oder ungesunde Kaufentscheidungen zu treffen? Forscher entdeckten drei Typen von Käufern im Supermarkt. Welcher sind Sie?
Jede Familie benötigt Lebensmittel, und die meisten Menschen gehen regelmäßig in den Supermarkt, um sich einzudecken. Wenn Forscher den Käufern helfen können, gesündere Entscheidungen zu treffen, können wir das Problem der Fettleibigkeit auf einfache, aber wirksame Weise lösen.
Bis vor Kurzem hat jedoch niemand wirklich verstanden, was die Menschen dazu bewegt, bestimmte Produkte zu wählen – wir wussten zwar, was sie kaufen, aber nicht warum. Wir haben daher die Entscheidungsstrategien der Käufer untersucht und hoffen, diese Informationen nutzen zu können, um den Menschen zu helfen, gesünder zu wählen.
Einkaufsverhalten unter der Lupe: Wie wir Lebensmittel auswählen
Stellen Sie sich vor, Sie sind in Ihrem Lieblingssupermarkt. Als Sie vor dem Müsliregal stehen, sind Sie vielleicht von den zahlreichen Alternativen überwältigt: Auf einigen Produkten steht, dass sie fettfrei" sind, auf anderen, dass sie ganz natürlich" sind, und die Hausmarke des Supermarkts steht neben der Topmarke, die Sie normalerweise wählen. Wissen Sie, wofür Sie sich entscheiden würden? Und noch wichtiger: Wissen Sie, warum Sie gerade diese Wahl treffen würden?
Bis vor Kurzem wusste niemand, was solche Kaufentscheidungen motiviert. Deshalb haben wir an der Universität Antwerpen eine Studie durchgeführt, bei der wir Menschen wiederholt zwischen zwei Produkten wählen ließen und ihre Entscheidungen analysierten. Dabei haben wir festgestellt, dass es drei Typen von Käufern gibt:
- Die erste Gruppe entscheidet sich stets für das gesündeste Produkt, das verfügbar ist.
- Die zweite entscheidet sich immer für ihre Lieblingsmarke.
- Die dritte Gruppe hat leider ein Problem: Sie wählt absichtlich das ungesündeste Produkt aus.
Die Entscheidungen der dritten Gruppe mögen seltsam erscheinen, aber ihre Überlegungen beruhen auf der Intuition, dass "gesunde Dinge nicht schmecken können". Die Folgen dieser Mentalität bedürfen dringender Aufmerksamkeit, zumal in der Europäischen Union derzeit eine heftige Debatte darüber geführt wird, ob eine Nährwertkennzeichnung in ganz Europa verpflichtend eingeführt werden soll.
Wenn ein erheblicher Teil der Käufer meint, dass gesunde Produkte schlecht schmecken, wird die Kennzeichnung der Gesundheit auf der Verpackung wahrscheinlich dazu führen, dass sie sich für ungesündere Optionen entscheiden. Es ist daher klar, dass wir mehr über diese Gruppe erfahren und herausfinden müssen, wie wir sie effektiv erreichen können, bevor wir ein Etikett einführen, das ihrer Gesundheit schaden könnte.
Die Nutri-Score-Kennzeichnung und ihre Funktionsweise
Unser Hauptinteresse galt der Wirkung einer neuen Kennzeichnung namens Nutri-Score. Es wurde entwickelt, um uns bei der Kaufentscheidung zu helfen, und ist nun im Rennen, um das offizielle europäische Label zu werden. Es sagt zwar nichts über den Preis eines Produkts aus, aber zumindest weiß man, wofür man bezahlt: Es informiert über die Gesundheit des Lebensmittels.
Auch wenn es wie eine Marketingmasche klingt, wurde Nutri-Score tatsächlich von Wissenschaftlern entwickelt. Vier Jahre lang arbeiteten sie zusammen, entwarfen, berechneten, testeten und verfeinerten das Label, das immer noch regelmäßig bewertet und aktualisiert wird.
Im Gegensatz zu den leeren Behauptungen auf vielen Lebensmittelverpackungen und den irreführenden Werbespots und Produktnamen lügt der Nutri-Score nicht. Es gibt keine "Gesundheitswäsche" um des Verkaufs eines Produkts willen.
Das Nutri-Score-Etikett vergibt Noten auf der Grundlage der relativen Gesundheit des Produkts. Die beste Nutri-Score-Note ist ein A und die schlechteste ein E.
Was der Nutri-Score wirklich aussagt
Diese Strenge und Objektivität von Nutri-Score mag Sie überraschen, vor allem, wenn Sie einige Zeitungsartikel mit reißerischen Schlagzeilen gelesen haben, in denen behauptet wurde, das Etikett impliziere, dass "Pommes frites besser für die Gesundheit sind als Lachs".
Diese Geschichten waren das unglückliche Ergebnis einer absichtlich sensationslüsternen Berichterstattung und auch eines grundlegenden Missverständnisses der Funktionsweise des Etiketts. Der Nutri-Score dient dazu, Alternativen innerhalb einer Produktkategorie zu vergleichen. Am einfachsten lässt sich dies anhand eines Einkaufsbeispiels veranschaulichen.
Lassen Sie uns also einen hypothetischen Einkaufsbummel machen! Schritt eins: Sie müssen entscheiden, was Sie essen möchten. Wichtig ist, dass dieser Schritt erfolgt, bevor Sie auf ein Etikett schauen. Essen Sie z. B. Frühstück oder Abendessen? Fleisch oder vegetarisch?
Sobald Sie sich für eine breite Kategorie entschieden haben, können Sie den Nutri-Score zu Ihrem Vorteil nutzen. Nehmen wir an, Sie wollen ein Frühstücksgericht kaufen und haben Lust auf Erdbeerjoghurt. Im Supermarktregal gibt es einen Becher mit Vollfettjoghurt und viel Zuckerzusatz. Daneben gibt es einen ähnlichen Erdbeerjoghurt, aber ohne Fett und Zuckerzusatz.
Bevor es den Nutri-Score gab, musste man jeden Joghurt umdrehen und sich durch den Dschungel von Zahlen und Begriffen auf der Rückseite jeder Packung kämpfen. Jetzt können Sie auf einen Blick sehen, dass der Nutri-Score des ersten Joghurts "Klasse C" ist und der des zweiten "Klasse A". Sie haben immer noch die Qual der Wahl, aber zumindest können Sie jetzt leicht eine fundierte Entscheidung treffen.
Genau dafür wurde der Nutri-Score geschaffen: um vergleichbare Optionen innerhalb einer Lebensmittelkategorie zu bewerten. Der Vergleich des Nutri-Scores von Joghurt und Lachs ist wahrscheinlich nicht relevant, weil Sie Ihren Frühstücksjoghurt wahrscheinlich nicht durch ein Lachssteak ersetzen werden.
Einige Ratschläge für die drei Gruppen von Käufern
Wenn Sie zur ersten Gruppe von Käufern gehören und gesündere Entscheidungen treffen wollen, habe ich gute Nachrichten für Sie: Der Nutri-Score ist kein Marketingschwindel und kann ein sehr wirksames Instrument sein, wenn Sie ihn innerhalb einer Produktkategorie einsetzen. Bevor Sie auf das Etikett schauen, suchen Sie sich die Lebensmittel aus, die Sie essen möchten, und vergleichen Sie dann die Alternativen mit dem Nutri-Score. Und machen Sie weiter so!
Wenn Sie zur zweiten Gruppe gehören und dazu neigen, in jedem Fall Ihre bevorzugte Topmarke zu wählen, möchte ich Sie bitten, einen Moment innezuhalten und Folgendes zu bedenken: Die minderwertige Qualität von Hausmarken ist Geschichte; einige Hausmarken werden heutzutage sogar in genau denselben Fabriken hergestellt wie ihre "konkurrierenden" Topmarken. Wofür zahlen Sie also eigentlich? Die Antwort ist meist nur der Markenname und die Werbung im Fernsehen. Wenn Sie wissen wollen, was gesünder ist, lassen Sie sich vom Nutri-Score leiten!
Wenn Sie zu den Menschen der dritten Gruppe gehören, die glauben, dass gesündere Lebensmittel weniger schmackhaft sind, möchte ich Sie zu einem blinden Geschmackstest herausfordern. Die Forschung hat gezeigt, dass diese weitverbreitete Meinung nicht immer stimmt, aber verlassen Sie sich nicht auf unser Wort: Probieren Sie es selbst! Wenn Ihnen wirklich nichts an einer gesunden Ernährung liegt, dann lassen Sie wenigstens Ihre Geschmacksnerven entscheiden. Denn wenn Sie einfach die ungesündeste Option wählen, könnte das sowohl für Ihre Gesundheit als auch für Ihren Genuss von Nachteil sein.
Wir alle treffen unsere Kaufentscheidungen auf der Grundlage unserer persönlichen Prioritäten, aber auch auf der Grundlage dessen, was wir über die Produkte zu wissen glauben. Leider können uns Marketing, vorgefasste Meinungen und "Intuitionen" – so vernünftig sie auch erscheinen mögen – in die Irre führen.
Als Forscher arbeiten wir hart daran, allen Menschen leicht verständliche Informationen über die Lebensmittel in den Supermarktregalen zur Verfügung zu stellen, damit jeder Käufer eine fundierte Entscheidung über die Lebensmittel treffen kann, die er kauft – und dabei hoffentlich auch seine Gesundheit verbessert!
Elke Godden ist Human Health Engineer und Doktorandin der Angewandten Wirtschaftswissenschaften an der Universität Antwerpen.
Dieser Artikel wurde von The Conversation unter einer Creative-Commons-Lizenz neu veröffentlicht. Lesen Sie den Originalartikel. Übersetzer: Bernd Müller