Das Terrorist Screening Center der USA

Die Terrorliste verursacht Fehler, Kritiker monieren, dass nicht bekannt ist, wie Personen auf sie gelangen und wie Unverdächtige sich wieder von ihr löschen lassen können

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In den USA haben die CIA und das FBI eine Liste angelegt, auf der die Namen von 120.000 mutmaßlichen Terroristen stehen. Unklar ist, wie nun Grenzbeamte, Polizei und andere Behörden diese Angaben verwenden. Und im Raum steht die grundsätzliche Frage, wie jemand auf die Liste kommt - und er seinen Name im Zweifelsfall wieder löschen lassen kann.

Die Datenbank mit den Namen von Terrorverdächtigen wurde im Dezember 2003 als zentrale Datenbank unter dem Dach des FBI eröffnet. Sie nennt sich Terrorist Screening Center (TSC) und soll die Informationen über potenzielle Terroristen abgleichen, um anschließend den jeweils aktuellsten Stand in Form einer einheitlichen Liste den Justizbehörden, den Grenzbeamten, den Fluggesellschaften und der Polizei zur Verfügung zu stellen (Eine Terroristen-Master-Liste soll den Informationsfluss verbessern). Damit soll die Kommunikation zwischen den Geheimdiensten und den verschiedenen Strafverfolgungsbehörden verbessert werden, denn der Mangel an Informationsfluss war einer der Gründe, warum die Attentäter des 11. September nicht im Vorfeld bereits gestoppt werden konnten, obwohl sie verschiedentlich auffällig geworden waren.

Wer als möglicher Terrorist namentlich auf der Watchlist des TSC landet, wurde eher schwammig definiert: "Individuals known or appropriately suspected to be or have been engaged in conduct constituting, in preparation for, in aid of, or related to terrorism." (vgl. Eine Terroristen-Master-Liste soll den Informationsfluss verbessern). Bereits im Herbst war die neue Terrorliste mit großen Worten angekündigt worden. US-Justizminister John Ashcroft erklärte:

Die oberste Priorität von Präsident Bush ist das Leben und die Freiheit des amerikanischen Volkes durch Terrorismusabwehr zu beschützen. Jetzt gibt es mehrere bedeutende Watchlists und damit verbundene Systeme. Aber mit jeder separaten Watchlist geht die Möglichkeit von Lücken einher. Das Terrorist Screening Center wird alles aus einer Hand zur Verfügung stellen, so dass jeder amerikanische Anti-Terror-Fahnder mit derselben Grundlage arbeiten kann - ob nun ein Flughafenangestellter, ein Botschaftsangestellter, der in Übersee Visa ausstellt oder ein FBI-Agent auf der Straße. Die Schaffung dieses neuen Centers bedeutet, dass alle Regierungsagenten befähigt werden, Namen anhand der gleichen, umfassenden Liste zu prüfen, auf der die genauesten und aktuellsten Informationen über potenzielle Terroristen stehen. So können wir Terroristen stoppen, bevor sie einen Angriff starten.

Anhörung vor dem Kongress

So weit die Theorie. In der Praxis gibt es viele Unklarheiten und Bedenken, die den Kongress dazu bewegt haben, im März eine Anhörung zu dem Thema anzusetzen. Die Direktorin des Terrorist Screening Center, Donna A. Bucella, erklärte den Abgeordneten, wie das System funktioniert und wie gut es angenommen wird:

Die Schaffung des Terrorist Screening Center bedeutet einen wichtigen Schritt, um amerikanische Gemeinden und Familien durch die Entdeckung, Vereitelung und Prävention terroristischer Bedrohungen zu schützen. Das TSC trägt bereits zu den landesweiten Bemühungen bei, Terroristen gar nicht erst in die USA zu lassen oder die zu lokalisieren, die vielleicht schon im Land sind. (...) Seit wir begonnen haben zu arbeiten, sind bereits 2.000 telefonische Anfragen eingegangen und die Zahl steigt stetig an.

Bucella führte weiter aus, dass in den sechs Monaten seit Bestehen der TSC insgesamt 53 Visa für die USA widerrufen und an den Grenzen zudem 125 "true hits" für bekannte oder verdächtige Terroristen gemeldet und diese an der Einreise gehindert wurden. Selbst bei Routine-Verkehrskontrollen können die Namen abgefragt werden. Sie merkte an, dass weit verbreitete oder gleiche Namen ein Problem seien, dass daran aber gearbeitet werde. Allerdings funktioniere dies nur durch internen Datenabgleich der zuständigen Behörden, niemand könne direkt anfragen, ob sich sein Name auf der Watchliste befinde, da diese Informationen als geheim klassifiziert seien.

An Weihnachten 2003 hatte es schon eine echte Fehlleistung gegeben: Mehrere Air France Maschinen wurden wegen Passagieren mit "Terroristennamen" zur vorzeitigen Landung gezwungen oder gestrichen. Einer der "Verdächtigen" erwies sich sogar als Kleinkind. Die Inhaber "verdächtiger" Namen wie David Nelson oder Asif Iqbal haben jetzt schon Probleme, ein Flugticket zu bekommen.

Kritik von Datenschützern und Bürgerrechtlern

Inzwischen mehren sich die kritischen Stimmen, die artikulieren, dass System sei undurchschaubar, keiner wüsste genau, wer es wie nutze und Unschuldige könnten sich nicht wehren, wenn ihr Name dort erscheine. US-Amerikaner sind ebenso betroffen wie Ausländer (Zuerst die ganz Bösen, dann die weniger Bösen). Außerdem sei die Zahl von 120.000 registrierten Namen unverhältnismäßig hoch und ließe vermuten, dass der Begriff "Terrorist" sehr großzügig ausgelegt werde. Ob diese Zahl, da deckungsgleich mit der Zahl von "verdächtigen Terroristen", die aufgrund des "Terrorismus-Quotienten" aus der Matrix-Datenbank gewonnen wurden, mit den dort aufgelisteten etwas zu tun hat, ist nicht bekannt (Matrix und der "Terrorquotient").

Wahrscheinlich fänden sich auch Namen von Anti-Kriegs-Aktivisten wie in der Vergangenheit schon auf den "No-Fly-Lists", auf denen Personen vermerkt wurden, die angeblich eine Bedrohung des Flugverkehrs darstellten (Kriegsgegner auf CAPPS-Überwachungsliste). Darunter war auch eine 75-jährige Nonne, die sich in der Friedensbewegung engagierte.

Jerry Berman, Präsident des Center for Democracy and Technology, formulierte sich anlässlich der Kongressanhörung sogar noch schärfer, denn er vermutet, dass sich sogar Umweltaktivisten und andere kritische amerikanische Bürger ohne jeden terroristischen Hintergrund im TSC finden. Er fragte:

Wie wird ein 'einheimischer Terrorist' definiert? Nach der Definition des 'USA Patriot Act', schließt der Begriff einheimischer Terrorist ein weites Feld ein, darunter potenziell auch politischen Protest und zivilen Ungehorsam. Wir wissen zum Beispiel, dass das FBI anlässlich einer Anti-Kriegskonferenz an der Drake University eine Untersuchung durchführte und letztes Jahr Polizeibeamte in New York Anti-Irakkriegs-Demonstranten zu ihren politischen Aktivitäten und Gruppen befragten. (...) Es gibt keine Kontrolle, wen das FBI in dieser Datenbank erfasst.