Das Verschwinden des typischen Internet-Benutzers

Seite 5: Wer kann das bezahlen?

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This is not to suggest, of course, that the desire to consume was an eighteenth-century novelty. It was the ability to do so which was new.

Niel McKendrick, John Brewer, J. H. Plumb, The Birth of a Consumer Society, 1982, S. 2

Der Kostenfaktor spielt in der Internet- Nachfrage eine große Rolle. Und das Internet ist teuer, besonders wenn man die "versteckten" Kosten dazuzählt. Es gibt insgesamt drei wichtige Posten: Telekommunikations-, Hardware- und Dienstleistungskosten.

Von den dreien werden Dienstleistungskosten am ehesten unterschätzt. Dabei können sie ein ganz schöner Brocken sein, wie ISPs und der Firmen-EDV Support sehr gut wissen. Dies zeigt, wie sehr das Internet eine Dienstleistungsindustrie ist. Übrigens sind in Unternehmen diese Kosten oft nicht sehr transparent.

Eines der amerikanischen Bell-Unternehmen versuchte, die Kosten seiner Intranet-Initiative ganz durch eine Schneeball-Strategie zu verschleiern. Jeder Mitarbeiter, der das Intranet gezeigt bekam, mußte mindestens vier weiteren Mitarbeitern den Umgang zeigen. Die Unternehmensstrategen zogen es vor, die enormen Kosten, die hier durch das persönliche Anlernen jedes einzelnen Mitarbeiters entstanden, nicht zu kalkulieren.

Das Beispiel der Schneeball-Strategie zeigt außerdem, daß die originäre Internet-Dienstleistung aus der missionarischen Tätigkeit besteht, den potentiellen Kunden von dem Nutzen des Mediums überhaupt erst zu überzeugen. Diese Notwendigkeit gibt es bei allen Konsumrevolutionen, wovon das Internet möglicherweise eine ist. Das oben zitierte Buch über die Geburt der Konsumrevolution in England im 18. Jahrhundert schildert die Entwicklung fortgeschrittener Werbe- und Marketingtechniken durch kleine und mittlere Geschäftsleute. Die Autoren zitieren H. G. Wells, der die anonymen kleinen Geschäftsleute des 18. Jahrhunderts als diejenigen darstellt, die "den Leuten beigebracht haben, Dinge zu wollen" (S. 194).

Es gibt Länder, in denen Telekommunikationskosten hoch sind, Hardware- und Dienstleistungskosten aber relativ gering. Südostasien gehört hierzu. Diese Länder haben ein sehr großes Internet- Wachstumspotential, wie eine Studie von IDC bestätigt (Quellenhinweis ). In den staugeplagten asiatischen Metropolen ist electronic commerce für Unternehmen wie auch für Einzelpersonen besonders attraktiv.

Es gibt auch Länder, in denen Telekommunikations- sowie Dienstleistungskosten hoch sind. Deutschland gehört hierzu. Trotzdem sind Unternehmen und Einzelpersonen bereit, für diese Kosten aufzukommen. Möglicherweise erscheinen diese Benutzer aus diesem Grund geizig, wenn es dazu kommt, für spezielle Informationsangebote zusätzlich zu zahlen.

Außerdem gibt es Länder, in denen eine Zugangsinfrastruktur schlichtweg fehlt oder nicht zugelassen wird. In Algerien, zum Beispiel, soll einem jordanischen Zeitungsbericht zufolge ein gewisses Unternehmen $100.000/Monat für seine Internet-Satellitenverbindung bezahlen (The Star, 24.07.97). In Vietnam muß jeder Internet-Benutzer eine offizielle Erlaubnis einholen (Reuter News, Far East, 23.07.97).

Schließlich gibt es Länder der unbegrenzten Möglichkeiten, in denen alle drei Posten relativ günstig sind. In Japan, China und Indien, zum Beispiel, kostet der günstigste Internet-Zugang inklusive Telekommunikationskosten weniger als in den meisten südostasiatischen Staaten (Computimes, The New Straits Times Press (Malaysia), 25.08.97). Dies sagt natürlich nichts über die Qualität der Anschlüsse aus, in Indien gibt es nämlich nur einen ISP, eine schlechte Telekommunikationsinfrastruktur und nur 40.000 Teilnehmer (Voice and Data (India), 01.08.97).

Die Top-Kunden für Internet Dienstleistungen sind multinationale Unternehmen. Dow Jones Interactive Publishing konzentriert sich zum Beispiel nur auf multinationale Firmen, kleine Unternehmen sind keine lukrativen Kunden. Für multinationale Unternehmen ist das Intranet nämlich ein zusätzlicher Mehrwert neben ihren bereits existierenden Unternehmensnetzwerken und EDV-Support. Aus diesem Grunde versuchen auch Outsourcing-Dienstleister im Netzwerkbereich wie AT&T oder im EDV-Bereich wie EDS Intranet-Services anzubieten.