Der Bundeswehr gehen wegen Afghanistan die Soldaten aus

Während die Lage sich in Afghanistan zuspitzt und die Regierung Durchhalteparolen verbreitet, sinkt die Zahl derjenigen, die sich freiwillig zur Bundeswehr melden, drastisch

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Deutschland wird angeblich auch am Hindukusch verteidigt. Doch nachdem die Lage dort auch aufgrund des Verhaltens der internationalen Truppen (Afghanistan: Sicherheit durch Massaker an Zivilisten?) immer gefährlicher und der Widerstand stärker, nimmt die Begeisterung der jungen Deutschen ab, für die Regierung ns Feld zu ziehen. Gerade ist erst wieder ein junger Soldat durch einen Sprengstoffanschlag getötet worden.

Die Angriffe auf deutsche Soldaten häufen sich mittlerweile auch im angeblich sichereren Norden. Allgemein sterben nun mehr Soldaten der internationalen Truppen in Afghanistan als im Irak.

Die Regierung dürfte es mittlerweile schwer haben, glaubwürdig zu machen, dass die deutschen Soldaten prinzipiell in Afghanistan besser angesehen seien, weil sie vor allem Wiederaufbauarbeiten lesiten würden. Sie sind Teil der internationalen Truppen, die nicht nur von Taliban, sondern auch von anderen Milizen und Gruppierungen bekämpft werden. Die machen hier ebenso wenig genaue Unterschiede wie die internationalen Truppen bei der Bekämpfung der "Militanten" oder "Taliban". Die "Friedenstruppe" ISAF ist neben den von den USA geführten Kampfverbänden längst auch zur Kampftruppe geworden. Im Herbst soll die deutsche Truppe von jetzt 3.500 auf 4.500 Soldaten aufgestockt werden (KSK: Kämpfer ohne Kontrolle).

Auch die gestrigen Erklärungen von Verteidigungsminister Jung zum Tod des Soldaten werden die Begeisterung nicht vergrößern und den Sinn des Einsatzes nicht überzeugend vermitteln können. Jung bezeichnete den Anschlag als „feige“ und „hinterhältig“, der „uns nicht von unserem eingeschlagenen Weg abbringen darf“. Der Auftrag der deutschen Soldaten im Norden Afghanistans diene dazu, Afghanistan zu stabilisieren: „Wir müssen verhindern, dass dieses Land wieder zu einem Rückzugsgebiet für den internationalen Terrorismus wird.“ Dass in einem "asymmetrischen Konflikt" die militärisch unterlegene Partei meist nicht direkt kämpft, sondern "feige" und "hinterhältige" Guerilla- und Anschlagstaktiken wählt, weiß im übrigen jeder, der nach Afghanistan geht.

Die Bundeswehr kann immer weniger Menschen zu sich locken, das Abenteuer am Hindukusch schreckt ab, wohl auch, weil der in der Bevölkerung großen Teils abgelehnte Einsatz von vielen nicht nachvollzogen werden kann und vermutlich viele glauben, dass er nicht erfolgreich enden dürfte, wenn er so wie in den letzten Jahren weiter betrieben wird. Weil die jungen Menschen fürchten, nach Afghanistan zu kommen, hat nun die Bundeswehr ein Nachwuchsproblem, wie die Rheinische Post berichtet.

Letztes Jahr gab es für alle Dienstränge noch mehr Bewerber als Stellen. Das hat sich nun offenbar deutlich geändert. 10 Prozent der Offiziersanwärter verlassen die Bundeswehr schon, bevor sie ihren richtigen Dienst beginnen. Die Meldungen zum freiwilligen Dienst in der Bundeswehr sind, wie die Zeitung aufgrund der Einsicht in Statistiken berichtet, "eingebrochen". Teilweise um bis zu 62 Prozent. Probleme gibt es auch mit Ärzten und Piloten, die lieber nach anderen Stellen Ausschau halten, wo sie auch meist mehr verdienen und nicht um ihr Leben fürchten müssen. Ein Transportflieger, der aus der Bundeswehr austritt, erklärte der Zeitung, dass "die Dunkelziffer derer, die sich um einen Job außerhalb der Bundeswehr bemühen, noch viel höher (ist), als die tatsächliche Zahl der Abgänger vermuten lässt“. Von der Bundeswehr heißt es, dass selten nur Afghanistan ausschlaggebend sei, eine Rolle spiele auch die Bezahlung.