Der vom Pentagon angekündigte Cyberwar gegen den IS dümpelt vor sich hin
Erstmals wurde ein Cyberwar ausgerufen, aber offenbar hat das US-Cyberkommando bislang wenig Erfolg
Ende April und Anfang Mai hatten US-Vereidigungsminister Ash Carter und Pentagon-Mitarbeiter im Rahmen der geplanten Offensive auf Mossul einen Cyberwar gegen den Islamischen Staat angekündigt (Mosul im Visier des Pentagon, Cyberwar inklusive). Aufhorchen ließ dies, weil erstmals explizit von Cyberwar-Angriffen die Rede war. Zwar hüllte man sich über Details in Schweigen, aber natürlich war das Interesse groß, welche "Waffen" das Cyberkommando entwickelt und zur Verfügung hat. Es sei der erste große Test des Cyberkommandos, so Carter (US-Verteidigungsminister: "Der erste große Test für das Cyberkommando").
Unklar war schon zu dieser Zeit, ob tatsächlich Cyberangriffe größeren Ausmaßes geplant wurden oder ob es eher um den Versuch ging, die Kämpfer und die Führung des IS zu verunsichern, während man das Drohpotenzial der Cyberwaffen weiterhin im Diffusen aufrechterhalten wollte. Geredet wurde von Angriffen auf die Kommunikationskanäle, um die Befehlsketten des IS zu stören, die Kommunikation zwischen Führung und IS-Einheiten zu manipulieren, um Verunsicherung zu erzeugen, und die Möglichkeiten zu unterbinden, Geld zirkulieren zu lassen. Zudem sollte die Propaganda unterbunden werden. General Dunford sprach von einer "virtuellen Isolierung" und von der Zerstörung des Internet für den IS. Es war auch die Rede von ersten Erfolgen. Im April hatte Vizeverteidigungsminister Robert Work schon mal gesagt, man habe bereits "Cyberbomben" abgeworfen (Führt das US-Cyberkommando einen Cyberwar gegen den Islamischen Staat?).
Das US-Cyberkommando soll eines von 27 Teams dem CentCom unterstellt haben, das für den Kampf gegen den IS verantwortlich ist. Vermutlich besteht so ein Team aus 45-60 "Cyberkämpfern", das kann man zumindest aus dem Plan ableiten, dass das Cyberkommando anstrebt, mit fast 6200 Cybersoldaten 133 Teams zu bilden. Noch aber hat man Schwierigkeiten im Pentagon, ausreichend Cyberkrieger zu finden, ein Problem, das man auch bei der Bundeswehr hat, die ihre "Digitalen Kräfte" erweitern will.
Die Washington Post zitierte vor einigen Tagen einen hohen, aber anonym bleibenden Pentagon-Mitarbeiter, der sich darüber beschwerte, dass das Cyberkommando (Cybercom) hinter den Erwartungen des Verteidigungsministeriums zurückgeblieben sei: "Sie müssen Ergebnisse liefern." So scheint der erste Cyberwar des Pentagon einen schlechten Start zu haben, was angeblich viele frustriert. Es fehle noch am richtigen Personal, so die Kritik, es fehle auch noch an geeigneten Waffen, um einen nichtstaatlichen Feind anzugreifen.
Die Informanten der Washington Post wollten allerdings nicht genauer werden, das gehört zum digitalen Nebel, der um die Cyberwar-Kapazitäten verbreitet wird. Kennt der Gegner die Methoden, Implantate oder "Bomben", kann er sich auch davor besser schützen, weswegen man sich gerne etwa auf Zero-Day-Exploits verlässt, die nach dem ersten Einsatz aber verbrannt wären. Man kann daher annehmen, dass die für den Cyberwar Verantwortlichen im Pentagon, der Kommandeur des Cybercom ist auch der Direktor des NSA, eher vermeiden wollen, ihre Waffen zu präsentieren, wenn es um kleinere Gegner wie den IS geht.
Aber es könnte selbstverständlich auch sein, dass man Schwierigkeiten hat, in die Netzwerke des IS einzudringen, die Kommunikation zu manipulieren oder lahmzulegen, wozu auch die Apps gehören, die Zahlsysteme zu stören oder zu verhindern, oder die Verbreitung der Propaganda wie des Magazins Dabiq oder der "Nachrichtenagentur" Amaq zu unterbinden. Würde man die Kommunikation und Propaganda wirklich lahmlegen, hätte dies aber auch zur Folge, weniger Informationen zu erhalten. Hier könnte das Cyberkommando wieder auf den Widerstand der Geheimdienste stoßen, die ihre Quellen offen halten wollen. Spione der US-Geheimdienste vor Ort scheint es kaum zu geben, der IS exekutiert immer wieder auf grausame Weise Menschen, die man für Spione hält.
Generalleutnant Edward Cardon vom Cyberkommando war im Mai beauftragt worden, mit der Einheit "Joint Task Forces Ares" aus 100 Mann eng mit dem CentCom zu kooperieren und entsprechende "digitale Waffen" zu entwickeln oder zu beschaffen. Das Problem könnte sein, dass der IS weniger abhängig von der digitalen Infrastruktur ist wie ein staatlicher Gegner. Allerdings kontrolliert der IS wie ein Quasi-Staat größere Territorien. Cardon behauptet jedenfalls, dass seine Einheit bereits einen Einfluss auf den IS ausübe, sagt aber auch, dass der Cyberwar nur ein Teil des Kampfs gegen den IS sei: "Dieser Krieg hier wird nicht im Cyberspace gewonnen." Der IS könne den Angriffen ausweichen, indem er die Server und andere Hardware wechselt. Es sei ein "dynamischer Raum", was wohl auch heißen wird, dass die Erfolge nicht so groß sind und der IS im Wettrüsten Möglichkeiten findet, die Angriffe zu umgehen.
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