Deutsche Lehren aus dem Ukraine-Krieg
Seite 2: Ostpolitik seit 1970: Mit Geschäften das gegnerische System zersetzen
- Deutsche Lehren aus dem Ukraine-Krieg
- Ostpolitik seit 1970: Mit Geschäften das gegnerische System zersetzen
- Horror-Szenario für die USA: Deutschland verbündet sich mit Russland
- Ansage der USA beendet die Ostpolitik und sorgt für immensen Schaden
- Widerstand kann und will sich Deutschland nicht leisten – noch nicht
- Auf einer Seite lesen
Als Feind galt Russland in Gestalt der Sowjetunion allerdings auch beim Abschluss des "Erdgas gegen Röhren-Geschäfts" 1970. Schließlich standen sich die beiden Atommächte mit ihren Kriegsbündnissen in Europa gegenüber, die Nato unter Führung der USA und der Warschauer Pakt mit der UdSSR an der Spitze.
Doch die damalige Bundesregierung unter SPD-Kanzler Willy Brandt verfolgte eine neue Ostpolitik, "Wandel durch Annäherung". "Wandel", um den verschlossenen sowjetischen Markt dem deutschen Kapitalismus Stück für Stück zu öffnen; durch "Annäherung", indem man den Staat trotz Gegnerschaft als Souverän diplomatisch anerkannte und so zum Geschäftspartner machte.
Der dann auch tunlichst seinen Verpflichtungen nachzukommen hatte: Zuverlässig Energie liefern, zum langfristig vereinbarten günstigen Preis, und noch dazu die Kredite der westlichen Banken bedienen, die dieses Geschäft vorfinanzierten. Damit war eine berechtigte Hoffnung der deutschen Seite verbunden: Handel und Finanzen würden den sowjetischen Gegner zusehends abhängig machen vom Westen.
Sie würden seine Planwirtschaft zersetzen, weil sie sich immer mehr auf die Erwirtschaftung westlicher Devisen ausrichten würde, um die gewährten Kreditlinien – für die Pipelines, aber auch für eine Menge Maschinerie – bezahlen zu können.
Den US-Amerikanern gefiel das trotzdem nicht. "Die Geschichte der deutsch-russischen Energiebeziehungen ist gleichzeitig auch eine Geschichte des deutsch-amerikanischen Konflikts. Alle genannten US-Präsidenten (Kennedy, Carter, Reagan und Trump sind gemeint, d. A.) versuchten engere Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion zu verhindern, mit ähnlichen Argumenten und teilweise mit härtesten Bandagen", schreibt 2020 der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft anlässlich "50 Jahre Röhren gegen Gas"
Der Jubiläums-Artikel beginnt mit dem zentralen Argument des seinerzeitigen US-Präsidenten Donald Trump: "Deutschland ist für mich Gefangener Russlands, weil es so viel Energie aus Russland bezieht. Ich halte das für sehr unangebracht." (ebenda)
Das ist nur wenige Jahre her, und damals wurde dies von Deutschland zurückgewiesen. An der Pipeline Nord Stream 2 hielt man fest, auch gegen Einwände innerhalb der Europäischen Union. Die sichere und günstige Lieferung von Erdgas galt als wichtiger Beitrag zum Übergang von der fossilen zur erneuerbaren Energieversorgung.