Deutschland diskutiert erneut Verbot der "Grauen Wölfe" nach rassistischen Gewaltexzessen in Belgien
Seite 2: Die Grauen Wölfe als wachsende innenpolitische Bedrohung
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- Die Grauen Wölfe als wachsende innenpolitische Bedrohung
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Die Grauen Wölfe sind mit mehr als 10.000 Mitgliedern die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland. Andere Quellen sprechen von 18.500 Mitgliedern.
Sie sind für ihre homophobe, antidemokratische, antisemitische und rassistische Ideologie bekannt. Sie leugnen den Völkermord an den Armeniern, befürworten ein großtürkisches Reich namens Turan, und betrachten Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele, die sich gegen Kurden, Armenier, Juden, Christen und andere Minderheiten richtet.
Im Treueschwur der Grauen Wölfe heißt es etwa:
… Unser Kampf geht bis zum letzten Mann, bis zum letzten Atemzug, bis zum letzten Tropfen Blut. Unser Kampf geht weiter, bis die nationalistische Türkei, bis Turan erreicht ist […] Möge Allah die Türken schützen und erhöhen. Amen.
Politische Untätigkeit: Warum ein Verbot der Grauen Wölfe ausbleibt
Graue Wölfe werden zwar sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz als auch von verschiedenen Landesämtern für Verfassungsschutz beobachtet, finden aber trotz vieler Warnungen von Experten noch immer wenig Beachtung. Verbotsanträge gegen die Grauen Wölfe scheiterten bislang oder die entsprechenden Prüfaufträge an die Bundesregierung verschwanden – vermutlich aus Rücksicht auf den Nato-Partner Türkei – in den Schubladen.
Im November 2020 wurde die Bundesregierung in einem Bundestagsbeschluss aufgefordert, ein Organisationsverbot gegen Vereine der Ülkücü-Bewegung, bekannt als Graue Wölfe, zu prüfen. Da die Bundesregierung bis 2023 den Prüfauftrag nicht erfüllt hatte, wurden diese Forderungen erneut parteiübergreifend artikuliert.
2024 ist der Prüfauftrag von 2020 noch immer nicht erfüllt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries sieht in den Grauen Wölfen ebenfalls eine wachsende Gefahr und machte dies bereits im vergangenen Jahr deutlich:
Die Verbotsforderung des Parlaments ist damit aktueller denn je, und das Bundesinnenministerium ist gut beraten, den parteiübergreifend erklärten Willen des Bundestags ernst zu nehmen.
Christoph de Vries (CDU), August 2023
Die Grünen-Abgeordnete und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor verwies darauf, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz "die 'Ülkücü'-Bewegung als Ganzes dem Bereich auslandsbezogener Extremismus" zuordne.
Die FDP-Innenexpertin Linda Teuteberg erwartet, "dass die Bundesinnenministerin ernsthaft prüft, ob und wie ein Verbot der mit den 'Grauen Wölfen' verbundenen Vereine sich gerichtsfest durchsetzen lässt".
Erkennt die Bundesregierung türkische Rechtsextreme nicht?
Teuteberg warnte, die Bewegung versuche, die deutsche Gesellschaft und Politik insbesondere durch legalistische Vereinigungen und Aktivitäten gezielt zu beeinflussen. "Wer mit der menschenverachtenden Ideologie der "Grauen Wölfe" sympathisiere oder sie aktiv verbreite, "kann weder für Integration noch im interreligiösen Dialog Gesprächspartner des demokratischen Rechtsstaates sein".
Die ehemalige Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen wirft der Regierung vor, das Verbot zu verschleppen und den Prüfauftrag einfach weiter auszusitzen.
Erkennt die Bundesregierung Rechtsextreme mit türkischem Hintergrund nicht? Oder buckelt sie vor der türkischen Regierung, weil dort Faschisten Koalitionspartner sind?
Oder sind die türkischen Nationalisten wie die Vertreter des legalistischen Islam schon so präsent in deutschen Behörden, dass die Politik die Gefahr nicht mehr wahrnimmt? Jedenfalls ist schon länger bekannt, dass Anhänger der Grauen Wölfe auch im Sicherheits- und Überwachungsapparat tätig sind.
Dringender Handlungsbedarf: Die Notwendigkeit eines Verbots
Es besteht dringender Handlungsbedarf bei Bundesregierung und Sicherheitsbehörden. Auf Social-Media-Kanälen gibt es bereits Aufrufe zur Menschenjagd. Sowohl Kurdinnen und Kurden als auch Armenierinnen und Armenier, aber auch Politiker und Menschen, die sich mit den genannten Minderheiten solidarisieren, erhalten von anonymen Accounts der Grauen Wölfe Morddrohungen.
Gefährlich ist auch die zunehmende Sympathie für die Ideologie der Grauen Wölfe in den Ditib-Moscheen, warnt t-online in einem Beitrag.
Über Vereinslokale, Sportclubs, Jugendgruppen, Kultur- und Elternvereine und eigene Moschee-Gemeinden nehmen sie Einfluss auf die türkische Bevölkerung in Deutschland. Allein in Nordrhein-Westfalen sind laut Verfassungsschutz 2.000 Mitglieder in 70 Vereinen organisiert. Bundesweit gibt es drei Dachverbände mit 300 Vereinen.
Einflussnahme und Unterwanderung deutscher Politiklandschaft
Wie das Beispiel des Oberbürgermeisters von Hamm, Marc Herter (SPD) zeigt, versuchen die Grauen Wölfe auch Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen. Dabei treten sowohl sie wie auch die Vertreter des politischen oder legalistischen Islams als smarte, eloquente, gut deutsch sprechende Manager auf.
Politiker wissen daher oft nicht, mit wem sie es zu tun haben – und tappen in eine Falle. Der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Jürgen Kayser, hat in einem Interview mit Focus online vor einer Unterwanderung demokratischer Institutionen durch die Grauen Wölfe gewarnt. Ähnlich wie die Muslimbruderschaft versuchten diese extremistischen Kreise, an Parteien anzudocken oder eigene Protagonisten in Kommunalparlamente oder etwa in den Landtag zu bringen, erklärte Kayser.
Teile der CDU tun sich besonders schwer in der Abgrenzung zu türkischen Faschisten: Seit vielen Jahren streitet sich beispielsweise Ex-Ministerpräsident Armin Laschet in seiner Partei über den Umgang mit türkischen Nationalisten.
Er verhinderte beispielsweise einen Unvereinbarkeitsbeschluss der NRW-CDU zu einer Mitgliedschaft türkischer Ultranationalisten in der CDU. Daher konnten bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2020 vor allem im Ruhrgebiet öffentlich bekannte Graue Wölfe auf CDU-Listen kandidieren, berichtet Focus.
Verbindungen einer CDU-Politkerin: Graue Wölfe übersehen?
Die Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU) trat in der Vergangenheit mehrmals bei Treffen türkischer Rechtsextremisten auf. Angeblich ist der türkischstämmigen Politikerin nicht aufgefallen, "dass die Grauen Wölfe dort für sich geworben" haben. Schwer zu glauben, dass sie als Türkin und bei den Warnungen des Chefs vom NRW-Verfassungsschutz die Zeichen nicht lesen konnte.
Noch merkwürdiger ist, dass 2016 in der Plattform "Union der Vielfalt – Landesnetzwerk Integration der CDU NRW" (UDV) Graue Wölfe und Mitglieder der islamistischen Organisation Milli Görüs beteiligt waren. Stellvertretendes Vorstandsmitglied der UDV war damals Serap Güler.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) verlieh im Juni 2022 den "Miteinander-Preis für Demokratie und Vielfalt" an die Ehrenamtlerin Canan Durna. Ein Reporter der Welt fand heraus, dass Canan Durna möglicherweise eine bekennende türkische Rechtsextremistin ist.
Er fand in ihrem Facebook-Account Slogans wie "Nieder mit Israel" und einer durchgestrichenen Fahne, wie auch Huldigungen für Alparslan Türkes den Gründer der rechtsextremen türkischen MHP und der Grauen Wölfe.
Akzeptanz Grauer Wölfe in der türkischen Community nimmt zu
Innerhalb der türkischen Community nimmt die Akzeptanz der Grauen Wölfe zu. Ein bekanntes Beispiel ist der deutsche Profi-Fußballer Mesut Özil, der sich in den sozialen Medien mit einem Tattoo der Grauen Wölfe auf der Brust zeigte. Özil wurde wegen der Kritik zu seiner Nähe zu Erdogan und der AKP von seinen deutschen Fans anfangs trotzdem noch in Schutz genommen. Nach dem Bekanntwerden des Tattoos wurden selbst Fußballfans erstaunlich leise. Türkische Fans feiern ihn dagegen heute noch.
Auch im vom türkischen Religionsministerium Diyanet gelenkten Moscheeverband Ditib sympathisieren viele ebenfalls mit den türkischen Faschisten. Trotzdem halten einige Bundesländer an der Zusammenarbeit mit Ditib fest.
Die organisierte türkische Rechte ist eine ernsthafte Bedrohung für das gesellschaftliche Zusammenleben innerhalb der migrantischen Community und in der deutschen Gesellschaft insgesamt. Die Gründung der AKP-nahen Partei Dava in Deutschland beweist, dass der türkische Präsident auch auf diesem Weg versucht, Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen.
Dabei steht die demokratische kurdische Bevölkerung besonders im Fokus. Deren Kriminalisierung und Stigmatisierung in Deutschland ist eines der Ziele Erdogans. Diese Strategie fällt zunehmend auf fruchtbaren Boden, je stärker die Durchdringung deutscher Institutionen mit rechten Türken fortschreitet.
Ein Verbot der Vereine der Grauen Wölfe wäre ein klares Zeichen auch in Richtung Ankara, dass Rechtsextremismus, egal aus welcher Ecke er stammt, nichts mit den Grundwerten unserer Demokratie zu tun hat.
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