Deutschland ein Steuerparadies?

Seite 3: Steuerinkasso Deluxe: Alltägliche mangelhafte Beitreibung aus Unkenntnis?

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Dem normalen Steuerzahler muss dabei klar sein, dass die Beitreibung der Abgaben bzw. Steuern bei solchen zigtausenden einzelnen Steuerhinterziehern allein im Inland, im Vergleich zu den Staatsschulden der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein ist.

Ein effektives Steuerinkasso in sogenannten Steueroasen-Fällen durchzuexerzieren, besitzt jedoch das Potential für eine Signalwirkung. Denn wenn Konzerne im Inland, dort wo sie ihre Wertschöpfung betreiben, nicht bis zu weniger als 2% Abgaben, sondern wie ein Mittelständler bis zu mehr als 30% Abgaben entrichten würden, hätten wir gar keine Staatsschulden, sondern noch Geld übrig.

Deutschland als Steuerparadies wegen behördlich geduldeter massenhafter Hinterziehung?

Es bedarf weder europäischer Unternehmensregister, noch sonstiger internationaler Abkommen, um den Steueranspruch des Staates durchzusetzen. Vielmehr bedarf es lediglich der konsequenten Anwendung bestehender Gesetze und Erkenntnismöglichkeiten, eingeschlossen ausreichenden Personals für die Aufdeckung massenhafter systematischer Steuervermeidung unter fachlicher Führung durch gewisse Finanzhäuser. Politiker, Bundesregierung und Landesregierungen müssten dies als vorrangige Pflicht und Aufgabe umsetzen, anstatt über Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen nachzudenken.

Denn die Masse des unversteuerten Geldes liegt traditionell im Inland, auch wenn lediglich als Kontoinhaber ein Ausländer vorgeschoben wurde - oder noch immer vorgeschoben wird. Primär schätzen Steuerhinterzieher, dass es den "full-service" der Finanzhäuser vor Ort gibt und sich die Bank(st)er und Berater die Klinke zu Hause in die Hand geben. Wenn in geringerem Umfang unversteuertes Geld verschwindet, dann allenfalls in angrenzende Staaten - womit der Nachweis ein Kinderspiel wäre, wenn man die Kontobewegungen auswertet und an der Grenze Bargeldtransfers kontrolliert, was nur als Frage des Zeiteinsatzes erscheint.

Steuerhinterziehung Deluxe

Weder die europaweite Einführung von Unternehmensregistern noch sonstige internationale Abkommen sind notwendig oder auch nur hilfreich - womöglich gar erst recht nun ganz offiziell zu Tarnungszwecken nutzbar und damit kontraproduktiv - , um eine nachhaltigere und gleichmäßigere Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen durchzusetzen. Sie würden aber den Finanzbehörden als Begründung dafür dienen können, in anderen effizienten Maßnahmen weiterhin Untätigkeit zu üben, so wie ihr Fehlen jetzt auch zur Entschuldigung für Untätigkeit hinhalten muss.

Wenn es zutrifft, daß es eine massenhafte Steuerhinterziehung ohne nachhaltige effiziente Kontrolle durch den Staat gäbe, dann wäre die Frage nach der Steuergerechtigkeit berührt. Die faktische Ungleichbehandlung der Steuerzahler wäre als Einladung zu verstehen, (abermals) beim Bundesverfassungsgericht die Besteuerung "wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits oder verfassungswidriger Fehlbesteuerung" auf den Prüfstand stellen zu lassen. Frei nach dem Motto: Warum soll eigentlich der Steuerehrliche der Dumme sein?

Dr. Johannes Fiala ist RA (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), LB (Univ.), Bankkaufmann.

Dipl.-Math. Peter A. Schramm ist Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung.