Deutschland und das russische Erdgas

Seite 3: Anhaltender US-Druck

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Auch die USA sind gegen Nord Stream 2. Diese Haltung hat Washington nicht erst seit dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident. 2008 forderte der US-Botschafter in Schweden, Michael M. Wood, in einem ganzseitigen Artikel in der Tageszeitung "Svenska Dagbladet" die Schweden auf: "Sagt Nein zu Russlands unsicherer Energie". Damals ging es um die erste Nord-Stream-Pipeline.

Doch Wladimir Putin hatte schon 2005 den gerade ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder als Aktionärsvertreter zu Nord Stream berufen. Die Pipeline wurde schließlich gebaut. Jetzt wiederholt sich das Schauspiel von damals: 2016 warnte der damalige US-Vizepräsident Joe Biden in Schweden ganz im Stil von Donald Trump, die Pipeline sei ein "schlechter Deal" für Europa.

Im Mai schickte Washington die im Außenministerium für Energieverhandlungen zuständige Robin Dunnigan nach Dänemark. Dort erklärte sie, Europa solle sich besser nach anderen Lieferanten umsehen. Die Dänen seien bezüglich der Pipeline gefangen "between rock and a hard place", kommentierte die englischsprachige Copenhagen Post, also in der Zwickmühle.

Neue Sanktionen gegen Russland

Hintergrund sind neben geostrategischen Überlegungen und Meinungsverschiedenheiten mit Russland massive Überkapazitäten in den USA: Für das durch Fracking produzierte Gas werden in Europa Abnehmer gesucht. Am 8. Juli kam ein erster Tanker mit Flüssiggas in Großbritannien an.

Der US-Kongress beschloss im Juli neue Sanktionen gegen Russland, die sich auch auf Nord Stream 2 anwenden lassen. Bundesaußenminister Gabriel hatte deswegen im Vorfeld zusammen mit dem österreichischen Bundeskanzler Christian Kern gewarnt, sie könnten keine "Drohung mit völkerrechtswidrigen extraterritorialen Sanktionen gegen europäische Unternehmen, die sich am Ausbau der europäischen Energieversorgung beteiligen", akzeptieren. Die USA wollten amerikanisches Flüssiggas nach Europa verkaufen und deshalb Russland vom europäischen Markt fernhalten:

"Europas Energieversorgung ist eine Angelegenheit Europas, und nicht der Vereinigten Staaten von Amerika! Wer uns Energie liefert und wie, entscheiden wir, nach Regeln der Offenheit und des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs."

Merkel in Zugzwang

Russland drängt Kanzlerin Angela Merkel jetzt, Position zu beziehen. "Früher oder später wird Merkel dennoch ihre Position zu Nord Stream 2 offenlegen müssen und genau das wird zeigen, welche außenpolitische Richtung Deutschland einschlagen wird - eine proamerikanische oder aber eine mit dem Ziel, ein souveränes Deutschland aufzubauen, darunter durchaus möglich im Bündnis mit Russland und China", sagte der Direktor des russischen Instituts für gegenwärtige Ökonomie, Nikita Isaev, der staatsrussischen Medienseite Sputnik.

Nord Stream übt sich derweil in Optimismus: Man erwarte aber die ersten positiven Bescheide noch in diesem Monat, meinte kürzlich Nord-Steam-2-Finanzvorstand Paul Corcoran. Ende 2019 solle die Röhre wie geplant fertig sein.