Die CIA, das FBI und der Unantastbare
Seite 5: Martin Luther King
Hunts Radioshow "Life Line" attackierte niemanden so heftig wie Dr. Martin Luther King, den Hunt und Hoover für einen vom Ausland finanzierten Kommunisten hielten.
Nach Kings Boykottaufruf gegen die Bus-Gesellschaft, die etwa Rosa Parks einen für Weiße reservierten Sitzplatz verweigert hatte, fürchtete Hunt selbiges auch für seine Produkte. Hunts preiswerte Konservendosen fanden vor allem in der einkommensschwachen Schwarzen-Community Absatz, sodass bei einem Boykott mit Millionenverlusten zu rechnen war.
1966 wurde Martin Luther King erschossen. Weil viele Hunts Tiraden gegen King mit dem Mord in Verbindung brachten, verließ Hunt, der keinerlei Wächter oder auch nur eine Waffe hatte, vorläufig die Stadt und tauchte für ein paar Tage unter. Curington berichtet, Hoover habe Hunt sehr dringend nach Washington DC gebeten, weiß aber nicht, worüber man sprach.
Auf dem beim Mord zurückgelassenen Gewehr wurden wie gerufen die Fingerabdrücke des Taugenichts James Earl Ray gefunden, der sich bislang nicht sonderlich politisch engagiert hatte. Ray flüchtete ins Ausland, räumte nach seiner Auslieferung ein, das Gewehr einmal besessen zu haben, stritt die Tat jedoch ab.
Hunt bezahlte in bar Ray denselben Mafia-Anwalt, der auch Joe Civello vertrat. Dieser brachte Ray dazu, auf schuldig zu plädieren, was Ray nach drei Tagen erfolglos widerrief. Der Fall war damit abgeschlossen. Heute allerdings bezweifelt selbst die Familie King eine Täterschaft Rays.
6.6.1968
Johnson und Robert Kennedy hassten einander. Robert ließ das Wahljahr 1964 aus, da er nicht Johnsons Vizepräsident sein wollte. 1968 trat Johnson für viele überraschend nicht wieder an. Wie Curington berichtet, hatte Hunt persönlich Johnson abgeraten, da er die Spannungen in der Partei wegen dem Vietnamkrieg registriert habe. Ohne Hunts Geld und Protektion waren Wahlkämpfe schwierig.
Robert Kennedy meldete sich nun jedoch zurück. Die Aussicht einer Präsidentschaft Robert Kennedys sah Hunt als vitale Bedrohung, da dieser deutlich aggressiver als sein Bruder war. Außerdem war mit einer Neuuntersuchung des Attentats zu rechnen.
Hunt wies Curington an, für den nächsten Tag im Ambassador Hotel in Los Angeles zu buchen. Dies fand Curington ungewöhnlich, weil beide bei ihren beinahe monatlichen Besuchen in LA bislang stets in einem anderen Hotel abstiegen. Hunt beauftragte Curington, sich beim gut vernetzten TV-Mann Wendell Niles über Roberts Aktivitäten in Kalifornien zu erkundigen. Im Ambassador Hotel traf sich Hunt mit einer unbekannten Person zu einem Gespräch, an dem Curington ausnahmsweise nicht teilnehmen durfte.
Zwei Wochen später wurde der kaum bewachte Robert Kennedy in der Küche des Ambassador Hotels erschossen. Wie die 13 gefundenen Projektile in den achtschüssigen Revolver des verwirrten Alleintäters Sirhan Sirhan passten, blieb rätselhaft. Der angebliche Attentäter konnte politisch mit den Palästinensern in Verbindung gebracht werden.
Minuten nach den Schüssen berichtete Wendell Niles telefonisch hierüber an Curington. Als der seinen Chef über den Mord informierte, zeigte dieser kein Interesse.
Wochen später wies Hunt Curington an, einem Freund in Los Angeles 40.000 Dollar (heute der Gegenwert von ca. 300.000 Dollar) in bar zukommen zu lassen. Erstmals jedoch sollte Curington dies nicht persönlich erledigen, sondern schwer rückverfolgbar über eine Kette an Mittelsmännern. Die letzte Übergabe erfolgte ausgerechnet im Ambassador Hotel.
Jimmy Hoffa
Als größter Arbeitgeber der Welt hasste Hunt Gewerkschaften. Wenn deren Werber in seinem Revier gesichtet wurden, fuhr Curington auf Anweisung hin, um sie aus der Stadt werfen zu lassen. So spitzte er etwa Sheriffs an, die Störenfriede genau zu beobachten, ob sie nicht etwas zu beanstanden hätten. Einmal lief eine solche Aktion offenbar aus dem Ruder und endete für den Gewerkschafter tödlich.
Hunt suchte die Einigung mit Teamster-Funktionär Jimmy Hoffa, als dieser eine Haftstrafe absaß. Er bot dem mafiösen Hoffa an, dass Präsident Nixon ihn begnadigen würde, sowie etwas Geld, wenn sich die Gewerkschafter von Hunts Firmen fern hielten. So geschah es.
Curington übergab in diesem Zusammenhang einmal einen Geldkoffer an einen Anwalt. Später hörte er, dass der Anwalt auf der Rückreise als einziger einen Hotelbrand nicht überlebte. Was auch immer mit dem Geldkoffer passiert sein mag, die Teamsters hielten sich an den Deal. Mit dem mysteriösen Verschwinden von Hoffa wird der damals bereits verstorbene Hunt nichts zu tun haben.
Falschspieler
Curington gibt Einblicke, dass der Mann, der seinen Reichtum ursprünglich Glück dem Pokerspiel verdankte, im Geschäftsleben durchaus falsch zu spielen pflegte. Als in Kuwait ein gigantisches Ölfeld entdeckt wurde und alle großen Ölgesellschaften ihre Gebote für Lizenzen telegrafierten, machte Hunt mit dem Chef der Telegrafenfirma ein Geschäft und bekam Kopien der vertraulichen Dokumente. Sohn Nelson Bunker Hunt verdiente in Kuwait fortan drei Millionen Dollar am Tag.
1969 geriet Curington zwischen die Rivalitäten der drei Familien, die Bigamist Hunt gegründet hatte, sodass sich die Wege trennten. Vor allem Nelson Bunker Hunt beschuldigte Curington des Betrugs, ließ ihn und andere Mitarbeiter abhören und wähnte eine Regierungsintrige, weil er bei seinen Ölbohrungen in Libyen nicht mit der CIA kooperiert habe.
Curington kolportierte während Rechtsstreiten an die Presse Marina Oswalds konspirativen Besuch bei H. L. Hunt. 1975 sandte jemand an einen Enthüllungsjournalist anonym eine Kopie des Briefes von Oswald an Hunt.
Spannend ist, dass Curington in seinem Buch einiges ausließ. So findet sich in freigegebenen Akten ein von Curington stammender Bericht über eine Äußerung Hunts, dass dieser seinen rechtsextremen Sohn Nelson Bunker als deutlich gewaltbereiter einschätzte.
So wollte dieser kommunistische Staatschefs wie Castro, Sukarno und Bosch töten. Außerdem habe Ruby mehrfach das Büro von Lamar Hunt aufgesucht, auch sei vor dem Anschlag Jim Braden wohl bei Nelson Bunker Hunt gewesen, der auch die Hass-Anzeige mit der Trauerrand gesponsert hatte.
Da Nelson Bunker Hunt der maßgebliche Finanzier der John Birch Gesellschaft war, liegt es nahe, dass sich auch dessen Wege mit dem lokalen Oberhaupt dieser rechtsextremen Organisation in Dallas gekreuzt haben. Bis 2017 wurde zurückgehalten, dass sich dieser mit J. D. Tippit traf, der wiederum einen Nebenjob in einem rechtsextremen Lokal hatte.
Die Familie Hunt verfügte neben dem Ölgeschäft und Grundbesitzer über ein paar Millionen Tonnen Kohle und war der größte Zuckerproduzent der USA. Im Familienbesitz befanden sich 400 Pizza-Geschäfte, eine Chemiefabrik sowie einige Bürohäuser, Hotels und Einkaufszentren.
Lamar Hunt machte sich im Sportgeschäft einen Namen, erfand den Super Bowl und baute Vergnügungsparks. Gemeinsam mit Nelson Bunker Hunt und einem weiteren Bruder verspekulierte er sich jedoch im Silbermarkt, die drei mussten 1986 Bankrott anmelden und wurden wegen Marktmanipulationen verurteilt.
Hunts jüngster Sohn Ray Lee Hunt baute in Nachbarschaft zur Daeley Plaza den Gebäudekomplex mit dem Reunion Tower, der im Vorspann der Ölmillionärsserie "Dallas" (1978) zu sehen ist. Noch heute leitet er Hunt Oil, das als unabhängige Firma weltweit auf allen Kontinenten außer der Antarktis nach Öl bohrt.
Der auf sechs Milliarden Dollar geschätzte Ray Lee Hunt war maßgeblicher Unterstützer von Wahlkämpfer John H. W. Bush, saß im Beirat des Präsidenten für ausländische Geheimdienstangelegenheiten und sitzt im Beirat der George W. Bush-Präsidentenbibliothek.