Die CIA, das FBI und der Unantastbare
Seite 6: Jahrhundertmord
Curington will nichts unterstellen. Aber Hunt hatte Curington zufolge das Motiv, die Möglichkeit und die Mentalität, die man für einen solchen Staatsstreich braucht.
Der seltsame Kontakte zu Civello legt mindestens eine Beteiligung am Mord an Oswald nahe. Wenn der stets kurz angebundene Hunt etwas wollte, pflegte er einsilbig das Ergebnis zu verlangen. Wenn er bei Civello die sofortige Beseitigung von Oswald bestellt haben sollte, war keine Zeit für kunstvolle Pläne, notfalls musste sich Ruby eben opfern. Einen Mordbefehl konnte ein Mafioso nicht ablehnen, wenn er sich und seiner Familie bitteres ersparen wollte.
Hunt war sich seiner Rolle als reichster Mann der Welt wohlbewusst. Schon wegen seiner Freundschaft mit Hoover war er für das FBI unantastbar, der nunmehr amtierende Präsident und dessen potentielle Nachfolger waren Hunt verpflichtet, die Elite in Texas tickte wie Hunt. Der Polizei in Dallas muss klar gewesen sein, dass Ermittlungen gegen die rechten Superreichen kaum zielführend waren. Die Medien gaben sich mit Oswald, Sirhan Sirhan und Ray ohnehin zufrieden.
Während die Morde an Robert F. Kennedy und Martin Luther King durch Auftragskiller für Reiche mit Mafiakontakten relativ leicht zu bestellen waren, bedurfte jedoch der Staatsstreich gegen einen amtierenden Präsidenten hohen organisatorischen Aufwands.
Der Tatort stand unter Kontrolle des paramilitärisch organisierten Ölmilliardärs Jack Crighton, der auch Hunts Stiftung führte, sowie der zur CIA gehörigen Cabell-Brüder. Die anweisungsgemäß schwache Leistung des Secret Service und das Ausbleiben von Konsequenzen lässt auf eine Abdeckung von oben schließen, wo mit Douglas Dillon ein enger Freund der Dulles-Brüder stand.
Die gegen jegliche Vorschrift vom Militär durchgeführte Obduktion, die eine Spurenlage eines Kreuzfeuers ausschließen sollte, kann schwerlich spontan geschehen sein und wurde bekanntlich von Air Force-Chef LeMay vor Ort beaufsichtigt, der die Kennedys als Kakerlaken bezeichnete, die Johnson hätte zertreten sollen.
Das Heranspielen des bereits als Kommunisten legendierten Oswald nach Dallas könnten zwar auch die Ölmillionäre im Umfeld der Exilkubaner um Banister bewerkstelligt haben, immerhin war de Mohrenschildt persönlich involviert.
Allerdings war ihm Oswald von der CIA vermittelt worden. Realistischer ist daher, dass CIA-Mord-Spezialist William King Harvey beratend zur Seite stand, der vor dem Mord eine geheimnisvolle Reise unternahm von Rom in die USA unternahm, sowie Allen Dulles, der einen Monat zuvor in Dallas war. Unstreitig wurde die Desinformation von Oswald als vermeintlichem Kommunist und pro Castro-Aktivist von der CIA in den Medien platziert und an die Warren-Kommission lanciert.
Der Kontrolleifer von Allen Dulles legt nahe, dass auch er mindestens eingeweiht war. Wichtigster Partner dürfte allerdings FBI-Chef Hoover gewesen sein, der mit Hunt, Murchison und Richardson konspirierte.
Watergate
Wie von Nixon befürchtet, rückte die Watergate-Affäre auch eine mögliche Verwicklung der CIA in den Jahrhundertmord in den Fokus. Präsident Ford versuchte es 1975 erneut mit einer politisch besetzten Kommission. Die Leitung fiel ausgerechnet Vizepräsident Nelson Rockefeller zu, der in der Ära Eisenhower selbst eng in Verbrechen der CIA verstrickt war und Kennedy hasste.
Weitere Mitglieder waren der ebenfalls eng mit den Dulles-Brüdern befreundete Douglas Dillon, der mit den Kennedys verfeindete ultrarechte Ex-General Lyman Louis Lemnitzer und Ronald Reagan, der schon für die Crusade for Freedom in Propagandaspots gegen den Kommunismus agitiert hatte. Unter Staabschef Richard Cheney verschwanden 84 Dokumente über CIA-Morde, die man der Warren-Kommission vorenthalten hatte.
Mit dieser erkennbar parteiischen Regierungskommission konkurrierte eine dann vom Senat eingesetzte Kommission, welche die politischen Morde der CIA aufdeckte. Als der Leiter des CIA-Mordteams William King Harvey vernommen wurde, zog Senator Frank Church jedoch die Handbremse an.
Nicht öffentliche Aussagen von Harvey gehören noch immer zum gesperrten JFK-Material. CIA-Direktor versuchte, Aufmerksamkeit auf die seltsame Tatsache zu vermeiden, dass er mit Oswald einen gemeinsamen Freund hatte.
Harvey verstarb, bevor sich 1978 erneut ein United States House of Representatives Select Committee on Assassinations (HSCA) mit den Anschlägen auf die Kennedys und Martin Luther King beschäftigte. Das HSCA befasste sich mit den Inkonsistenzen bei der Beweissicherung in Dallas, stützte jedoch die Einzeltätertheorie.
Es seien keine Beweise für eine Verwicklung von Sowjetunion, Kuba, Castro-Gegnern und Mafiosi ersichtlich, auch der Secret Service sei nicht involviert gewesen. Man räumte jedoch die Möglichkeit ein, dass auch auf dem Grashügel jemand geschossen haben könnte, aber nicht getroffen habe. Bzgl. FBI, CIA, Rednecks und ultrarechten Milliardären blieb das HSCA wortkarg und sperrte sein Material aus geheimnisvollen Gründen für 50 Jahre.
JFK
Als 1991 Oliver Stones Spielfilm JFK - Tatort Dallas in die Kinos kam, saß mit George Herbert Walker Bush wieder direkt ein Mann der texanischen Ölindustrie im Weißen Haus. Bush führte Kriege u.a. in Kuwait, wo Hunt und Bush Öl gefördert hatten.
Der Name "H. L. Hunt" fällt in "JFK" nur einmal, ohne dass dieser näher eingeordnet wird. Die erneut aufgeflammte Diskussion über den Mord führte zur Einsetzung des Assassination Records Review Board (ARRB), das bis 1998 Dokumente auswertete. Der Ausschuss kam zu dem Schluss, dass es mehr als einen Täter gegeben haben müsse. Das Material wurde jedoch auf zwei Jahrzehnte gesperrt, was inzwischen mehrfach verlängert wurde.
Als 2017 zumindest ein Großteil zurückgehaltener Akten freigegeben wurde, war erneut schwer nachzuvollziehen, warum sie überhaupt so lange gesperrt gewesen waren. So etwa die längst bekannte Tatsache, dass die CIA für militärische Operationen keine Amerikaner einsetzt, um diese glaubhaft abstreiten zu können.
Auffällig war aber, dass die früheren Sperrungen Rednecks, Big Oil und CIA geschont hatten. H. L. Hunt kam noch immer praktisch gar nicht vor. Man kann sich daher einen Reim darauf machen, wen die noch aktuellen Sperrungen schützen.