Die Mossadegh-Legende
Seite 3: Der Coup
Der Coup wurde durch das britische Netzwerk im Iran - unter der Leitung der drei persischen London-Agenten, den Rashidian-Brüdern Assadollah, Saifpollah und Ghodratollah - und dem Aktionsnetzwerk der CIA im Iran (Codenamen TPBEDAMN), der politischen Geistlichkeit im Iran (teils mit Verbindung zur CIA, teils unabhängig) sowie einigen iranische Militärs, darunter das Netzwerk von General Zahedi, durchgeführt. Die britischen und US-amerikanischen Netzwerke wurden nach dem Zweiten Weltkrieg im Iran aufgebaut. Ziel der Briten war es (ab 1951), Mossadeghs Regierung zu destabilisieren.
Die USA (ab 1940er) gründeten das Netzwerk für antisowjetische Operationen. Zwei wichtige iranische CIA-Agenten waren Farough Kayvani und Ali Jalali. Zu nennen ist zudem Oberst Abbas Farzanegan, früherer iranischer Militärattaché in Washington, der Kontakte zu den angesehenen Militärs unterhielt. Die Rashidian-Brüder und das Tandem Kayvani-Jalali waren die iranischen Organisatoren der CIA und MI6. Für den Putsch benötigten die CIA und MI6 die Unterstützung des Schah.
Er sollte Mossadegh über eine königliche Farman entlassen und ihn durch General Zahedi ersetzen. Bis Ende Juli 1953 leistete der Schah Widerstand gegen die Organisatoren des Putsches und weigerte sich, Mossadeghs Entlassungsurkunde zu unterschreiben.
Der damals 33-jährige Schah hatte sogar Botschafter Henderson gesagt, dass er glaubte, dass Mossadegh besser in der Lage sei, den Öl-Konflikt beizulegen als General Zahedi. Der Monarch hatte eine ambivalente Beziehung zu Mossadegh. Einerseits hatte er Respekt vor der Popularität seines Premiers, andererseits fürchtete er diese und die Macht Mossadeghs.
Kermit Roosevelt (ein CIA-Mitarbeiter und Enkel des Enkel von US-Präsidenten Theodore Roosevelt) besuchte den Schah mehrmals und versuchte ihn zu überreden, das Dekret zu unterzeichnen und den Putsch zu unterstützen. Roosevelt drohte, dass die Vereinigten Staaten auch ohne dessen Zustimmung handeln könnten. Doch der Schah blieb unschlüssig. Schließlich stimmte der Schah zu, die Farman zu unterschreiben und traf sich am nächsten Tag mit General Zahedi.
Der ultimative Putschplan wurde von Außenminister John Foster Dulles am 25. Juni 1953 im zuständigen Kreis vorgestellt. Premierminister Winston Churchill gab am 1. Juli seine Zustimmung. US-Präsident Eisenhower erteilte am 11. Juli die endgültige Genehmigung.
Der Kommandeur der Kaiserlichen Garde Oberst Nematollah Nasiri überbrachte Mossadegh gegen Mitternacht vom 15. auf 16. August 1953 - mit einem Panzer, zwei Jeeps und zwei Militärlastwagen voller bewaffneter Soldaten - die Farman. Mossadegh, der zuvor von der Aktion informiert war, lehnte die Entlassung ab und ließ Nasiri verhaften.
Am nächsten Tag nahmen Pro-Mossadegh-Kräfte ganz Teheran unter Kontrolle. Im Morgengrauen sendete Radio Teheran eine Sondererklärung der Regierung, dass ein Putschversuch vereitelt worden war. In dem Communiqué wurde jedoch kein einziges Wort vom Dekret des Schah erwähnt und auch viele Kabinettminister wussten nichts davon. Der Schah floh mit Königin Soraya nach Bagdad und dann nach Rom.
Die Tudeh-Partei und Pro-Mossadegh-Kräfte stürmten auf die Straße und veranstalteten Großdemonstrationen im Zentrum Teherans. Am 17. August riet das CIA-Hauptquartier Roosevelt, den Iran so schnell wie möglich zu verlassen. Sie sagten, er solle den Putschversuch aufgeben.
Trotz des Scheiterns wollten weder das CIA-Team noch Zahedi und seine Kollegen aufgeben. Sie beabsichtigten, die Armee und die öffentliche Meinung auf ihre Seite zu ziehen, indem sie veröffentlichten, dass der Schah Mossadegh legal entlassen und Zahedi ernannt hatte.
Das war mithin die Schwachstelle Mossadeghs. Die Agenten täuschten am 17. August ein "Tudeh-Mob" vor. Echte Tudeh-Mitglieder, die nicht wussten, dass es sich um eine CIA-finanzierte Provokation handelte, kamen, wie andere Iraner auch, ebenfalls auf die Straße. Die Menschenmassen verursachten Chaos in Teheran. Sie rissen Statuen des Schahs und seines Vaters Reza Shah nieder, griffen sogar dessen Mausoleum an und bewarfen Moscheen mit Steinen.
Diese Aktivitäten wurden am Folgetag fortgesetzt. Die Tudeh-Führung reagierte auf das, was sie als spontanen Volksaufstand empfand, mit der Forderung nach der Abschaffung der Monarchie und der Errichtung einer demokratischen Republik. Die Partei stand in Kontakt mit Mossadegh und forderte ihn auf, die Republik auszurufen.
Die zunehmend angespannte Situation führte im Ergebnis dazu, dass viele Iraner glaubten, Mossadegh habe die Kontrolle über die Situation verloren. Infolgedessen hörten viele Zivilisten und Angehörige der Streitkräfte auf, Mossadegh zu unterstützen.
Einige schlossen sich seinen Gegner bei den entscheidenden Ereignissen am 19. August an. Mossadegh befahl gegen Abend des 18. August die Sicherheitskräfte, den "Tudeh-Mob" anzugreifen. Er forderte die Führer der Nationalen Front auf, keine Demonstrationen abzuhalten. Zudem erließ er einen Befehl, Demonstrationen generell zu verbieten.
Mossadeghs Anhänger waren daher am 19. August nicht auf der Straße. Als die Sicherheitskräfte schließlich die Tudeh-Mobs angriffen, befahl die Tudeh-Führung ihren Kadern, sich zurückzuziehen. Daher waren am 19. August auch keine Tudeh-Anhänger auf den iranischen Straßen.
Die Geistlichkeit unter Führung von Ayatollah Kashani spielte ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Mobilisierung "gegen den Kommunismus". In der Abwesenheit von Mossadegh- und Tudehanhängern und mithilfe des Pro-Schah-Militärs brachten die Anti-Mossadegh-Kräfte die Hauptstadt bereits gegen Nachmittag unter Kontrolle.
General Zahedi traute sich von seinem Versteck, in einer Radio-Ansprache erklärte er sich zum rechtmäßigen Premierminister. Mossadegh wurde zu einer dreijährigen Haft mit anschließendem Arrest in seinem Heimatdorf in der Nähe von Teheran verurteilt.