Die Zahl der Amokläufer in den USA ist deutlich angestiegen

Das FBI hat einen Bericht über die 160 Amokläufe vorgelegt, die sich zwischen 2000 und 2013 ereignet und 486 Menschen das Leben gekostet haben

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Gegenwärtig hat man den Eindruck, dass die Welt nach dem Kalten Krieg in neue geopolitische Konflikte und endlose Kämpfe gegen islamistische Terroristen versinkt. Aber es gibt auch Terroranschläge, die nicht politisch oder religiös motiviert sind. Es sind die Amokläufer, die von Wut, Verzweiflung und dem Streben nach Aufmerksamkeit getrieben möglichst viele Menschen mit in den Tod ziehen wollen. Wahrscheinlich hängt die Motivation, sich Terrorgruppen im Ausland anzuschließen und sein Leben aufs Spiel zu setzen, mit der zusammen, sich selbst in einem finalen und blutigen Aufmerksamkeitsspektakel aus dem Leben zu verabschieden.

Die Stadt Houston informiert in einem Video darüber, wie man einen Amoklauf überleben kann

Die Verbindung zwischen den islamistischen Selbstmordattentätern, die möglichst viele Menschen töten wollen, um als Märtyrer für die Sache Allahs und des Islam in den Himmel zu gelangen, und den Amokläufern, die nur ihr eigenes Schicksal im Auge haben, aber derselben Logik der Aufmerksamkeitsökonomie folgen, liegt auf der Hand (Aufmerksamkeitsterror). Das Leben scheint einen Sinn durch die eigene Vernichtung zu erhalten, durch den Beweis, das Selbsterhaltung und Unterwerfung unter das Bestehende nicht alles ist. Während die einen sich in die Luft sprengen, lassen sich die anderen meist erschießen oder töten sich selbst vor einer Gefangennahme (Selbstmord durch Massaker).

Das FBI hat nun in Zusammenarbeit mit der Texas State University einen Bericht über die Amokläufer in den USA zwischen 2000 und 2013 veröffentlicht. Insgesamt 160 solcher "active shooter incidents" gefunden und ausgewertet, 40 Prozent davon "Massentötungen", bei denen 3 und mehr Menschen umgebracht wurden. Gemeint sind damit Vorfälle, in denen "Einzelpersonen Menschen in bevölkerten Gebieten aktiv getötet oder versucht haben, Menschen zu töten" (Ist die Provinz der Ursprung des massenmörderischen Bösen?). Schießereien, die mit Gangs oder Drogen verbunden sind, wurden nicht einbezogen.

Nach dem FBI ist die Zahl der Amokläufe in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Bis 2007 gab es durchschnittlich 6,4 Vorfälle, in den letzten 7 Jahren waren es schon 16,4, also fast die dreifache Menge. 2010 gab es einen Rekord von 26 Vorfällen, 2011 waren es 10, 2012 wieder 21 und 2013 ging die Zahl auf 17 zurück. 2012, wo sich die Amokläufe in Aurora (12 Tote) oder Newton (27 Tote) ereigneten, gab es mit 90 Toten und 108 Verletzten bislang die meisten Opfer.

Bei den 160 Amokläufen wurden 486 Menschen getötet, die Täter nicht einbezogen, und 557 verwundet. Abgesehen von 2 Vorfällen handelte es sich immer um Einzeltäter, fast ausschließlich handelte es sich um männliche Täter (nur in 6 Fällen waren es Frauen). Die meisten Vorfälle ereigneten sich in Geschäften, Firmen oder anderen kommerziellen Einrichtungen, gefolgt von Bildungsinstitutionen, also in Universitäten oder Schulen. 90 der Schießereien wurden durch den Täter selbst beendet, der in 40 Prozent der Fälle Selbstmord beging oder der floh. 5 Täter wurden nicht festgenommen. Ein Viertel der Täter brachte sich selbst um. Manchmal aber konnten auch unbewaffnete Menschen den Täter überwältigen. Wenn die Polizei einschreitet, dann wird es eher noch gefährlicher. Bei 21 der insgesamt 45 Vorfälle, bei denen Sicherheitskräfte mit Schusswaffen gegen den Täter vorgingen, wurden 9 Polizisten getötet und 28 verwundet. Oft sind die Amokläufe oder Schießereien sehr kurz. Von den 64 Vorfällen, bei denen die Dauer feststand, waren 44 in weniger als fünf Minuten zu Ende, 23 von diesen sogar in weniger als zwei Minuten.

Der Bericht analysiert nur die vorhandenen Fakten, um allen, die möglicherweise in solch eine Situation geraten können, Informationen zu bieten. Unklar bleibt nicht nur die Motivation der Täter, sondern auch, warum die Zahl der Schießereien in den letzten Jahren angestiegen ist.

Andre Simons von der Abteilung für Verhaltensanalyse des FBI geht davon aus, dass dafür auch der Nachahmungseffekt verantwortlich ist. Die Täter würden inspiriert durch vorhergehende Amokläufe und vor allem durch das Aufsehen, das sie finden. Auch das verbindet Amokläufer bei allen Unterschieden mit Selbstmordattentätern, es handelt sich um Aufmerksamkeitstäter, die mit einem möglichst großen schrecklichen Spektakel, das in den Medien widerhallt, aus dem Leben scheiden wollen.