Die einfache Entscheidung über Volksverhetzung

Seite 2: Die Naivität oder die Arroganz

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Nun könnte solchen Menschen schlichtweg mangelnde Weitsicht oder Wissen vorgeworfen und die Ansicht vertreten werden, dass ihre Meinung ja nicht wirklich wichtig oder aussagekräftig in Bezug auf die Debatte um die "Fake News" oder die Löschpflichten von Plattformen wie Facebook wäre. Doch tatsächlich wird diese Ansicht von eben jenen vertreten, deren Umgang mit Kommentaren, die ihrer Meinung nach den Straftatbestand des §130 StGB erfüllen, vom Bundesjustizminister Heiko Maas als Begründung für das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gilt: jugendschutz.net.

Wie Peter Mühlbauer bereits im Artikel "Facebook will nicht Zensor sein" schrieb, sind bei jugendschutz.net so genannte Rechtslaien mit der Bewertung von Kommentaren die (vermeintlich) rechtswidrig bzw. strafbewehrt sind, aber von Facebook, YouTube bzw. Twitter nicht gelöscht wurden, beauftragt worden. Nur in Zweifelsfällen wurden auch Volljuristen zu Rate gezogen.

Jugendschutz.net bleibt die Antwort auf wichtige Fragen wie z.B. die Kompetenz der Rechtslaien schuldig, für den Bundesjustizminister scheinen diese Frage auch keine Rolle zu spielen, das Vertrauen in eine Institution wie jugendschutz.net ist dort offenbar sehr groß. Dabei ist das Gremium schon seit langem auch Ziel von Kritik und agiert oft eher intransparent. Auch der Monitoring-Bericht, der für Heiko Maas mit als Beleg für die Notwendigkeit des NetzDG genutzt wird, zeugt von dieser Intransparenz, wie der Leipziger Juraprofessor Prof. Dr. Marc Liesching kritisiert.

So ist für denjenigen, der den Monitoringbericht liest, weder ersichtlich, wieso er sich nur auf 2 von insgesamt 22 im NetzDG aufgeführten Straftatbeständen stützt. Dies ist umso wichtiger, als einer dieser beiden Straftatbestände, nämlich die Volksverhetzung, bereits 140 von 180 untersuchten Kommentaren zur Last gelegt, somit also 77,78%. Die überwiegende Zahl der Kommentare, die sich jugendschutz.net vornahm, betrifft somit einen Straftatbestand, bei dem nicht einmal Juristen/Richter einen einfachen Stand haben, von dem jugendschutz.net aber behauptet, dass ja bei den Kommentaren, die bei ihnen bewertet werden, alle "maßgeblichen Informationen vorliegen".

Diese Ansicht ist entweder auf grenzenloser Naivität, auf Arroganz oder aber auf der Idee begründet, dass eine solche Aussage kritiklos hingenommen wird und dann als hinreichende Abwehr der Kritik am NetzDG gelten wird.