Ein neuer Bock für freie Gärtnerstelle
Ausgerechnet ein ehemaliger Top-Manager Chef von Lehman Brothers soll Spanien nun aus der tiefen Wirtschaftskrise führen
Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn ein Top-Manager der US-Investmentbank Lehman Brothers, das abstürzende Spanien aus dem tiefen Krisensumpf ziehen soll. Denn Luis de Guindos, der nun am Donnerstag das Wirtschaftsministerium der neuen konservativen Regierung übernommen hat, war Chef der US-Investmentbank für Spanien und Portugal, als die Bank 2008 abgeschmiert ist, Schockwellen über die Finanzmärkte sendete und heute als Wahrzeichen für die Finanzkrise gilt.
So waren es die Financial Times und andere Wirtschaftsblätter, die besonders auf den Umstand hinwiesen, dass nun Guindo den wichtigen Posten erhalten hat, der mit dem Lehman-Absturz arbeitslos wurde. Ausgerechnet der gestandene 50-jährige neoliberale Ökonom wurde von Ministerpräsident Mariano Rajoy für die Wirtschaftspolitik der viertgrößten Ökonomie der Eurozone ausgesucht. Er kehrt damit in seine Heimatstadt zurück und wird in Madrid das wichtige Ministerium übernehmen.
Guindos war schon unter dem früheren spanischen Ministerpräsidenten José María Aznar (1996-2004) an verschiedenen Stellen als Staatssekretär tätig. Er ging aber nicht mit in die Opposition, als die Volkspartei (PP) im ersten Anlauf unter Rajoy über ihre Lügen stolperte und statt erneut eine absolute Mehrheit zu erhalten, die Regierung verlassen musste. Guindos nahm zunächst eine Lehrtätigkeit an der Universität von Navarra auf. Dabei handelt es sich nicht um eine normale Universität, sondern um eine Hochschule des einflussreichen katholischen Geheimbundes Opus Dei (Vorsorgliche Zensur für das Opus Dei).
Da man in den Seilschaften der Vatikansekte sehr genau auswählt, wer wichtige Aufgaben übernehmen darf, kann vermutet werden, dass auch der neue Wirtschaftsminister zu den ultrakonservativen Fundamentalisten gehört. Verwundern würde das nicht, denn vier Minister der neuen Regierung sind bekannte Mitglieder des Geheimbundes: Innenminister Jorge Fernández Díaz, Außenminister José Manuel García-Margallo, Gesundheitsministerin Ana Mato und der neue Verteidigungsminister Pedro Morenés. Er war bisher in der Rüstungsindustrie tätigt und hat für die Firma MBDA Raketen gebaut.
Wie De Guindos Spanien aus der Krise holen will, ist noch weitgehend unklar. Dass nun aber erneut ein abgehalfterter Banker einer US-Investmentbank einen wichtigen Regierungsposten übernimmt, in Italien wurde Mario Monti sogar Regierungschef (Regiert Goldman Sachs nun in Italien?), ist tragisch. Wieso sollten gerade die, die maßgeblich für die Krise mitverantwortlich sind, vernünftige Rezepte zu ihrer Überwindung haben?
De Guindo hat schon vor dem PP-Wahlsieg am 20. November erklärt, wie er die Krise sieht. Man habe es nun mit einer "Finanzkrise zu tun, die ihren Ursprung in einer zu starken Verschuldung hat". Zahlreiche Ökonomen gehen davon aus, dass die übermäßige Verschuldung vor allem ein Effekt der Finanzkrise ist, weil mit enormen Summen Banken nach dem Zusammenbruch von Lehmans gerettet werden mussten. Der neoliberale Minister muss vor der Lage in Irland wohl die Augen verschlossen haben, dessen Haushaltsdefizit wegen der Bankenrettung 2010 sogar auf über 30 Prozent explodiert ist. Viele Wirtschaftswissenschaftler glauben, dass die Begründung durch Staatsverschuldung eine völlig falsche Analyse ist, die zu falschen Rückschlüssen führt.
Da De Guindo schon vor den Wahlen gefordert hat, dass man das "Defizit reduzieren muss", ist von ihm der übliche Sparkurs zu erwarten. Dabei war Spanien mit nur gut 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Ende 2010 nur relativ gering verschuldet und lag deutlich unter dem Durchschnitt in Europa. Interessant ist, dass er keine Notwendigkeit sieht, die Steuern weiter zu senken. Das hat damit zu tun, dass das die sozialdemokratischen Vorgänger schon zur Genüge getan haben, die sogar mitten in der Krise die Vermögenssteuer strichen.
Vermutlich wird er mit dem Sparkurs den gleichen Erfolg haben, wie seine konservativen Freunde in Portugal. Das Land wurde von ihnen schon tief in die Rezession gespart. Auch das führt dazu, dass demnächst die großen Banken verstaatlicht werden müssen und das Land neue Nothilfe-Milliarden benötigen wird (Portugal muss Banken verstaatlichen). De Guindo könnte es mit diesem Kurs schaffen, dass Spanien dem früheren Arbeitgeber des Ministers in die Pleite folgt. Die Schockwellen, die vom Absturz dieses Landes ausgehen, werden aber noch ungleich stärker sein als die 2008. Die abgewählten Sozialdemokraten kommentiertem aus dem Mund ihres Führungsmitglieds Marcelino Iglesias seine Ernennung süffisant so: "Ich wünsche, dass der Herr Minister nun mehr Glück hat, als in seiner letzten verantwortlichen Aufgabe bei Lehman Brothers Europa."