Einsatz von Uranwaffen: Welche Schäden sind nachgewiesen?

Seite 3: Report der IPPNW und der ICBUW aus 2012

Das von Prof. Günther und anschließend auch von weiteren ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen beschriebene gehäufte Auftreten von Krebserkrankungen und angeborenen Fehlbildungen bei Neugeborenen und Kindern nach dem ersten Irakkrieg und die Vermutung, dass die entscheidende Ursache für diese Gesundheitsschäden der Einsatz von Uranwaffen gewesen sei, war der erste Anstoß für weitere wissenschaftliche Untersuchungen (siehe unten) und ist schon deshalb als sehr verdienstvoll einzuschätzen.10

Man muss sich aber darüber klar sein, dass die Evidenz, das heißt die Beweiskraft solcher Berichte, von der Wissenschaft als gering eingeschätzt wird.

Im Gegensatz dazu steht die Evidenz zum Beispiel durch epidemiologische Studien (das sind Untersuchungen über die zahlenmäßige Verbreitung von Krankheiten und deren Ursachen), deren Befunde statistisch abgesichert sind. Im Unterschied zu einer "anekdotischen" spricht man hier auch von einer "statistischen" Evidenz.

Dass solche Untersuchungen nur sehr schwer durchzuführen sind, insbesondere, weil in den Ländern, in denen DU eingesetzt worden ist, kaum überwindbare Hindernisse für deren Durchführung bestehen, steht auf einem anderen Blatt. Darauf soll weiter unten noch näher eingegangen werden.

Seit 2012 liegt nun ein umfangreicher Report der deutschen Sektionen der "Internationalen Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzte in sozialer Verantwortung" (IPPNW) und der "Internationalen Koalition zur Ächtung von Uranwaffen" (ICBUW) vor.11

Dieser Report mit dem Titel "Die gesundheitlichen Folgen von Uranmunition. Die gesellschaftliche Debatte um den Einsatz einer umstrittenen Waffe" wurde von sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der IPPNW und der ICBUW gemeinsam erarbeitet und basiert auf zahlreichen Literaturhinweisen und Anmerkungen.

Der Bericht kommt zu der Einschätzung, dass aus ärztlicher und politischer Sicht allein ein Verbot von Uranwaffen die einzige Konsequenz aus den vorgestellten und kritisch bewerteten wissenschaftlichen Untersuchungen, Feldstudien und Rechtsexpertisen über dieses Thema sein kann, um Vorsorge dafür zu treffen, dass weiteres Leid von Zivilbevölkerungen und Militärpersonal verhindert und eine Kontamination der Umwelt mit abgereichertem Uran so gering wie möglich gehalten werden kann.

Der Bericht geht detailliert auf Wirkmechanismen von abgereicherten Uran im Körper ein und stellt diese in Beziehung zu den umfangreichen angeborenen Fehlbildungen, Krebserkrankungen und weiteren Schädigungen, die sich in den Bevölkerungen jener Staaten finden lassen, gegen die Kriege unter Uranwaffeneinsatz geführt wurden.

Die Autoren stellen neben der Forderung nach Ächtung von Uranwaffen weitere Forderungen auf, unter anderem nach umfassender Information der Bevölkerung über die kontaminierten Gebiete, die von der DU-Munition ausgehende Gefahr, die Finanzierung epidemiologischer Studien sowie den Aufbau von Fehlbildungs- und Krebsregistern, um Vergleichsgrößen für wissenschaftliche Studien bereitzuhalten.

Die ICBUW Deutschland teilt auf ihrer Website mit, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen die anhaltenden Befürchtungen über Gesundheitsrisiken von abgereichertem Uran anerkennt. Das Plenum der UN-Generalversammlung verabschiedete am 5. Dezember 2016 eine neue Resolution zu Uranwaffen mit 151 zu 4 Stimmen bei 28 Enthaltungen. Die Resolution ist die sechste angenommene Resolution seit 2007.

Obwohl eine überwältigende Mehrheit der Staaten für die Resolution stimmte, enthielt sich eine kleine Minderheit. Rund die Hälfte davon sind EU-Mitgliedsstaaten, die zuvor durch das EU-Parlament ausdrücklich zur Zustimmung aufgefordert worden waren.

Deutschland, das die Resolution bis 2014 unterstützte, wurde von der ICBUW für seine Bemühungen kritisiert, die Sprache der Resolution abzuschwächen und andere Staaten zur Enthaltung zu bewegen. Wie gewöhnlich wurde die Resolution von den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Israel abgelehnt. Die letzte Abstimmungsrunde über die Resolution fand 2018 nach dem Eingeständnis der USA statt, dass sie DU-Munition in Syrien eingesetzt haben.12