Energiepreise: Wiederkehr der Euro-Krise
Seite 2: Verschuldete Staaten: Comeback der Euro-Krise
- Energiepreise: Wiederkehr der Euro-Krise
- Verschuldete Staaten: Comeback der Euro-Krise
- Gasknappheit und Schwächung des Euro
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Kündigte die EZB unter Führung der Französin Christine Lagarde zunächst eine wachsweiche Zinswende an, angeblich, um die Inflation in den Griff zu bekommen, so ruderte sie sogleich nach den halbgaren Ankündigungen wieder zurück, da die Zinsen für Staatsanleihen für Schuldenstaaten sofort wieder in die Höhe schnellten.
Es ist also geklärt, dass Schuldenstaaten alsbald wieder in Bedrängnis kommen.
Wir werden die Euro-Krise wieder auf den Tisch bekommen, die doch angeblich seit 14 Jahren mit der EZB-Politik gelöst werden sollte. Genutzt wurde die Zeit nicht, die man sich über die Geldschwemme erkaufen wollte. Das zeigt sich unmissverständlich.
Statt die Geldschwemme nach und nach in einer Erholungsphase zurückzufahren, hat die Frankfurter Zentralbank derweil lieber sogar noch die letzten Grenzen überschritten und hat zwischenzeitlich sogar die komplette Staatsverschuldung der Euro-Länder in einer illegalen Staatsfinanzierung aufgekauft.
Es ist aber klar, dass auch die EZB angesichts der hohen Inflation nicht an Zinserhöhungen vorbeikommen wird, da ihre bisherige Strategie – genannt Prinzip Hoffnung – krachend an die Wand gefahren ist. Man kann eben nicht dauernd den Geldmarkt fluten, nun schon seit 14 Jahren, und glauben, dass das keine Auswirkungen auf die Inflation haben wird.
Es brauchte nur einen Katalysator– wie beim Aufbrechen der Finanzkrise mit der Lehman-Pleite im Jahr 2008, um die Probleme offen aufbrechen zu lassen.
In dem Fall waren es die Lieferengpässe in und nach der Corona-Krise, welche die tiefe und eiternde Wunde sichtbar werden ließen. Über kurz oder lang wäre das auch ohne Corona-Krise gekommen oder es hätte sich in einem immer komplexeren System ein anderer Katalysator gefunden.
Es ist deshalb ein Märchen, wie hier öfter herausgestellt, wenn die EZB und viele Qualitätsmedien behaupten, der Ukraine-Krieg sei hauptsächlich für die hohe Inflation verantwortlich. Schon im vergangenen November, also mehr als drei Monate vor dem Kriegsausbruch, der nicht einmal absehbar war, lag die von der deutschen Statistikbehörde Destatis aufgehübschte Inflation offiziell bei 5,2 Prozent. Eurostat bezifferte sie sogar schon bei sechs Prozent. Natürlich treibt auch der Krieg die Inflation weiter an, aber eher in geringerem Umfang.
Wie kann der Inflation begegnet werden?
Doch eigentlich könnte die Inflation nun angesichts der Rezessionsängste wieder sinken. Denn sie wird weiterhin vor allem durch hohe Energiepreise getrieben, wenngleich sie immer deutlicher in die Breite gegangen ist und auch Lebensmittel und Waren längst offiziell auch für Destatis in den zweistelligen Teuerungsbereich vorgerückt sind. Wie anfänglich aufgezeigt, sinkt nämlich gerade der Ölpreis deutlich.
Der hatte sich aber ohnehin bisher nie auch nur in die Nähe vom Altzeitrekord von fast 150 Dollar im Jahr 2008 herangeschoben. Dass wir derzeit trotz allem aber deutlich höhere Spritpreise an der Tankstelle als damals bezahlen, hat auf der einen Seite mit Gier und Spekulation zu tun. Telepolis hatte das schon März deutlich gemacht.
Man kann das nun als Rekordgewinne in den Geschäftsergebnissen der Mineralölkonzerne ablesen. Die Raffinerien haben ihre Gewinnmargen zum Teil verdreifacht, attestiert zum Beispiel die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in Österreich. Die Wettbewerbshüter kommen zu dem Ergebnis, mit dem sich Telepolis schon im März befasste:
"Der aus dem Anstieg der Rohölpreise nicht erklärbare stärkere Anstieg der Preise an den Tankstellen von Diesel und Benzin führte über diesen Zeitraum zu einer Verdreifachung der Bruttoraffinierungsmargen."
Würde man also gegen Gier und Spekulation vorgehen, anstatt immer neue Flicken auf einen kaputten Sack zu nähen, wie man es mit einer Übergewinnsteuer geplant, könnte die Inflation schon gedämpft werden.
Wenn aber ein neoliberaler Politiker wie Mario Draghi, der uns als ehemaliger EZB-Chef in die derzeitige Sackgasse getrieben hat, jetzt als italienischer Ministerpräsident eine Übergewinnsteuer von 25 Prozent als Lösung anbietet, ist allergrößte Vorsicht angesagt.
Hilft die Übergewinnsteuer?
Neben Italien haben auch Griechenland, Großbritannien und Ungarn inzwischen eine Übergewinnsteuer eingeführt, wie sie auch in Deutschland debattiert wird. Darüber sollen Extraprofite der Konzerne mit 25 Prozent besteuert werden, wie es auch unser grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck fordert.
Das klingt zwar irgendwie gut. Das heißt in der Realität aber, dass die Konzerne 75 Prozent der Extragewinne einstecken dürfen, die weiter stark inflationstreibend wirken.
Eine effektive Bekämpfung von Kartellbildung und Spekulation würde dagegen inflationshemmend wirken, wenn real verhindert wird, dass auf Kosten der Verbraucher Kasse gemacht wird. Doch das wollen grün, gelbe oder rosarote Neoliberale nicht, weshalb sie mit solchen Vorschlägen kommen, auf die auch einige Linke einschwenken.
Das andere Problem ist, dass man der Lagarde-EZB nicht längst in die Parade gefahren ist. Die EZB hat erst unter dem Italiener Draghi und dann unter der Französin Lagarde die Eurozone tief in die Sackgasse getrieben. Aus dem ist nun ohne Schaden nicht mehr herauszukommen.
Da die EZB die Leitzinsen bisher nicht erhöht hat, flieht enorm viel Kapital schon aus dem Euroraum in Währungsräume wie Großbritannien, die Schweiz oder die USA, da es dort wieder Zinsen gibt, während hier weiter Banken sogar Negativzinsen für Einlagen bei der EZB bezahlen müssen.
Geldanlagen in anderen Währungsräumen sind einfach attraktiver, weshalb viel Geld aus dem Euroraum abfließt, womit der Franken, das Pfund und der Dollar stärker werden.